Mittelschwaebische Nachrichten
So hat sich die Rinderhaltung im Landkreis entwickelt
Die Rinderhaltung im Kreis geht zurück. Wie sehen die genauen Zahlen aus und was ist die Ursache dafür?
Landkreis Günzburg Die Veganer werden immer mehr, die Tiere immer weniger: Rund 11,30 Millionen Milchkühe, Mastrinder, Zuchttiere, Mutterkühe oder Kälbchen standen im November 2020 in den Ställen und auf der Weide von Flensburg bis Berchtesgaden. Das sind rund 338.000 weniger als ein Jahr vorher.
Im Kreis Günzburg geht die Rinderhaltung ebenfalls zurück: Aktuell werden 44.896 Tiere gehalten, 637 weniger als vor einem Jahr. Den härtesten Klimaaktivisten wären gar keine Tiere am liebsten, denn Kühe werden als klimaschädlich eingestuft. „Alle wissen um die verheerende Klimabilanz der Fleischproduktion. 14 Prozent trägt der Sektor derzeit zu den klimaschädlichen Gasen bei’’, heißt es in einem Zitat von Barbara Unmüßig von der Heinrich-Böll-Stiftung, die den Fleischatlas 2021 herausgegeben hat.
Dass die Kuh als schädlich für die Umwelt angesehen werden kann, liegt mitunter an der Klimaschutzdebatte. Viele verbinden damit aber auch Nachhaltigkeit. Knapp 9,81 Kilo Rindfleisch aß der Mensch 2020 pro Kopf, sagen die Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Vegetarier und Veganer
sind eingeschlossen. Da hier keiner die genaue Zahl kennt, werden die Schlachtungen auf die Gesamtbevölkerung umgerechnet.
Dazu kommen weitere 4,5 Kilo Rind pro Kopf, die anderweitig verwendet werden. Beispielsweise als Gelatine für Gummibärchen, für Hundefutter oder als Leder für Schuhe oder für Sofas, für Seife, Kerzen, Salben. Kurz: Das Rind ist nicht nur zum Essen da, es kann nach der Schlachtung komplett verwertet werden. Und es liefert schon vor der Schlachtung Nahrung: Milch. Momentan gibt es im Kreis Günzburg 44.896 Rinder (Stichtag: 3. November 2020), darunter 15.690 Milchkühe.
Kuh-Kritiker, wie die HeinrichBöll-Stiftung oder die Deutsche Umwelthilfe, nehmen gerne die gesamte Fleischindustrie aufs Korn, nicht den Bauern an sich. Die BöllStiftung sieht Erfolge bei der Jugend: „Weniger Fleisch, mehr Future.“Im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung ernähren sich doppelt so viele 15- bis 29-Jährige vegetarisch oder vegan. Für viele junge Erwachsene ist der Verzicht auf Fleisch ein politisches Statement, wie dem Fleischatlas zu entnehmen ist. Ob das lokal auf die Rinderbestände durchschlägt? Im Kreis Günzburg sah die RinderEntwicklung der vergangenen fünf Jahre so aus: 2015 registrierten die Statistiker hier einen Bestand von 46.949 Rindern (Milchkühe: 17.279). Zwölf Monate später waren es 46.877 Rinder (Milchkühe: 17.206). Im Jahr darauf notierte die Statistik 46.497 Rinder (Milchkühe: 17.047), zum Stichtag 2018 waren es 45.651 Rinder (Milchkühe: 16.498), zum Stichtag 2019 dann 45.533 Rinder (Milchkühe: 16.103) und im vergangenen November nun 44.896
Rinder (Milchkühe: 15.690). Wer als Landwirt mit Kuh und Rind seinen Lebensunterhalt verdienen will, hat im Grunde drei Möglichkeiten: Zuchtvieh, Milchvieh und Mastvieh. Gut koppeln lassen sich Milcherzeugung und Fleischproduktion. Die 15.690 in der Rinderzahl enthaltenen Milchkühe in den Ställen machen dabei momentan rund 34,9 Prozent des gesamten Rinderbestands aus (2015: 36,8 Prozent). Deutschlandweit kletterte dieser Anteil in den vergangenen fünf Jahren von 33,9 (2015) auf 34,7 Prozent (2020). Das heißt, auch kleine Bauern landen am Ende bei der Fleischindustrie, wenn sie Tiere bei Schlachthöfen schlachten lassen.
Ob das Steak auf dem Grill ein Auslaufmodell ist? Im Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft, die die Bundesregierung eingesetzt hat, steht: „Der verantwortungsvolle, abwechslungsreiche Genuss von Lebensmitteln ist Teil veränderter und stärker pflanzlich orientierter Ernährungsstile sowie einer modernen Kulinarik.“Übersetzt: weniger EchtSteak, mehr Schein-Fleisch aus Pflanzen. Und Fleisch von echten Rindern wird damit teurer.