Mittelschwaebische Nachrichten

Airbus testet, wie Flüge leiser werden

Luftfahrt Der Helikopter-Hersteller unternimmt Flugversuc­he an der Stiftungsk­linik Weißenhorn. Die Erkenntnis­se sind für die Allgemeinh­eit interessan­t

- VON JENS NOLL

Weißenhorn Dröhnend nähert sich der Hubschraub­er dem Landeplatz. Die Maschine geht in den Sinkflug, aber nicht senkrecht nach unten, sondern schräg. Für kurze Zeit schwebt der weiße Helikopter über der mit einem großen Kreuz markierten Fläche, dann setzt er auf. Ein Mann in einem orangefarb­enen Overall filmt die Szene mit einer Kamera. Wird an der Stiftungsk­linik in Weißenhorn für einen neuen Actionfilm gedreht? Nein. Dieser Anflug ist Teil von Tests des Hersteller­s Airbus Helicopter­s, für die die Klinik ohne zu zögern ihren Dachlandep­latz zur Verfügung gestellt hat. Denn es geht um neue Landeverfa­hren, von denen im Endeffekt alle Menschen profitiere­n sollen. Schätzungs­weise 150 Meter Luftlinie von dem Hubschraub­er entfernt steht Christian Pröll auf dem Dach des Klinikgebä­udes und beobachtet das Geschehen. Über die Medien hatte das Unternehme­n aus Donauwörth die Bürgerinne­n und Bürger vorab informiert. „Wir haben von Airbus Helicopter­s eine Anfrage erhalten, dieser sind wir nachgekomm­en“, erzählt Pröll, der Geschäftsb­ereichslei­ter Investitio­ns- und Infrastruk­turmanagem­ent der Stiftungsk­linik. In dieser Funktion ist er unter anderem für den Bereich Technik zuständig.

Bei den Flugversuc­hen gehe es darum, neue Start- und Landeverfa­hren zu testen, sagt Pröll. Erkenntnis­se und Entwicklun­gen daraus würden letztlich der gesamten Bevölkerun­g zugutekomm­en. Denn Zweck der laufenden Flugversuc­he, so hatte ein Sprecher des Unternehme­ns vorab mitgeteilt, ist die Zulassung neuartiger Verfahren für verkürzte Starts sowie flachere und somit geräuschär­mere Landeanflü­ge. „Die Testflüge kommen letztlich allen zugute: den Menschen, denen mit Rettungshu­bschrauber­n noch schneller geholfen werden kann, und den Anwohnern, die davon künftig weniger mitbekomme­n werden“, betonte der Sprecher. Und neben den Anwohnerin­nen und Anwohnern würden auch die Patientinn­en und Patienten sowie das Klinikpers­onal von leiseren Hubschraub­erflügen profitiere­n, fügt Pröll hinzu. Nach Angaben des Hersteller­s werden durch die neuen Verfahren bei Start und Landung auch das Einsatzspe­ktrum erweitert und die Effektivit­ät der Luftrettun­g verbessert. Der Landeplatz auf dem Dach des Parkhauses der Weißenhorn­er Klinik ist aus Sicht von Airbus Helicopter­s gut geeignet, um die Versuche vorzunehme­n. Nach wegerne nigen Minuten hebt der Helikopter vom Typ LH 135 wieder ab in Richtung Westen, dreht einen Bogen und setzt von Osten her zu einem zweiten Landeanflu­g an. Für den Laien ist nicht klar ersichtlic­h, was die Manöver von der bisherigen Praxis unterschei­det. Doch Messgeräte

und Sensoren an Bord der Maschine aus Donauwörth zeichnen alle relevanten Daten auf. Hinzu kommen die Videoaufna­hmen von außen. Bevor der Helikopter ein drittes Mal in die Luft geht, legen die beiden Männer, die auf dem Landeplatz stehen, zusätzlich­e Gewichte in die Overalls im Helikopter hinein.

Anders als bei anderen Kliniken starten und landen in Weißenhorn für gewöhnlich nur wenige Hubschraub­er, im Schnitt einer pro Monat, sagt Pröll. Nicht die Einlieferu­ng von Notfällen auf dem Luftweg stehe dabei im Vordergrun­d, sondern der Weitertran­sport von Patientinn­en und Patienten in Kliniken mit Maximalver­sorgung oder spezialisi­erte Krankenhäu­ser. Hin und wieder werde ein Notarzt per Helikopter eingefloge­n, berichtet Pröll. Und in diesem Jahr sei auch ein Covid-Patient mit einem Hubschraub­er zur Behandlung in die Klinik gebracht worden.

Die Ankunft der Maschine aus Donauwörth ist der 117. Anflug seit Bestehen der Plattform. Für die gibt es exakte Anflug- und Startroute­n, festgelegt vom Luftamt Südbayern.

Um kein aufwendige­s Änderungsv­erfahren in Gang zu setzen, soll der Klinikanba­u, der auf der freien Fläche westlich des Parkhauses geplant ist, nur drei Stockwerke bekommen. Der Landeplatz soll auch künftig genutzt werden können wie bisher.

Bestückt mit den zusätzlich­en Gewichten, fliegt der Test-Helikopter nun mehrmals auf und ab. Trotz der Geräuschku­lisse sind Gespräche auf dem Dach des Klinikgebä­udes noch möglich. Man muss zwar die Stimme erheben, aber schreien muss man noch nicht. Als der Hubschraub­er wieder Richtung Westen startet, wird das Rotorenger­äusch schnell merklich leiser. Die Maschine fliegt wieder zurück nach Donauwörth. Exakt 23 Minuten haben die Versuche gedauert. Sie seien erfolgreic­h gewesen, es habe alles gut geklappt, heißt es. Mehr Informatio­nen dazu liefert Airbus Helicopter­s an dem Tag nicht. Zunächst einmal müssen die gewonnenen Daten ausgewerte­t und analysiert werden. Christian Pröll hat den Mitarbeite­rn des Unternehme­ns bereits signalisie­rt, dass die Stiftungsk­linik gerne wieder zur Verfügung stehe, wenn weitere Tests notwendig sein sollten.

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Foto: Alexander Kaya Für Tests hat ein Hubschraub­er von Airbus Helicopter­s mehrmals den Hubschraub­er‰ Landeplatz der Stiftungsk­linik Weißenhorn angeflogen.

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