Mittelschwaebische Nachrichten
Spurensuche führt von den USA nach Krumbach
Gäste aus Pennsylvania besuchen den jüdischen Friedhof in Hürben. Welche besondere Verbindung Liza Prior Lucy und ihre Töchter zu Krumbach haben
Krumbach Aus den USA nach Krumbach: Wieder einmal konnte Herbert Auer, Kenner der jüdischen Geschichte Hürbens, prominenten Gästen auf Spurensuche behilflich sein. Liza Prior Lucy war mit ihren Töchtern Alexandra und Elizabeth aus New Hope, Pennsylvania, gekommen, um nach ihren Vorfahren zu forschen.
Einen Teil der Familie hatte sie schon vor längerer Zeit im Badischen, bei Freiburg ausmachen können, doch ein Zweig fehlte in der Genealogie. Dass sie ihn vor Kurzem entdecken konnte, war nicht zuletzt das Verdienst von Herbert Auer. Der hatte sich um die Vorfahren eines bekannten amerikanischen Filmemachers gekümmert, ihn in Krumbach empfangen und viel Wissenswertes zu seinen Wurzeln mitteilen können.
Yoram Millo hat die gleichen Ahnen wie Liza P. Lucy: Millhauser.
Doch Millo hatte seinen Namen amerikanisiert „Ich kannte Yoram Millo natürlich als Filmemacher“, erzählt die international berühmte ostamerikanische Quiltkünstlerin, die mit dem Superstar der Quiltund Patchworkszene, dem Textilkünstler Kaffe Fassett, zusammenarbeitet. „Doch ich hatte keine Ahnung, dass er ein Cousin von mir ist. Seine beiden Brüder, die noch immer Millhauser heißen, sind mir bekannt. Dass Millo zu unserer Familie gehört, habe ich erst durch ein Foto erfahren, das ich im Internet gefunden habe. Es wurde auf dem Krumbacher jüdischen Friedhof aufgenommen, als Herbert Auer meinem Cousin die Grabmale seiner - und meiner - Vorfahren erläutern konnte. Damit hatte ich einen Anhaltspunkt für weitere Ahnenforschung. Ich wandte mich ebenfalls an Herbert Auer und erhielt Hilfe.“
Liza Prior Lucy hat sich intensiv mit der Geschichte ihrer Familie auseinandergesetzt. „Mein Urururgroßvater ist um 1850 nach Amerika ausgewandert, so weit wir erfahren konnten, nicht etwa wegen einer Judenverfolgung. Wir wissen nicht genau, ob er es war, der aus politischen Gründen ging, weil er sich wohl in der Märzrevolution von 1848 auf die Seite der Liberalen geschlagen hatte, wie beispielsweise auch die Gebrüder Grimm. Nach der Niederschlagung der Revolution konnte es für die Liberalen gefährlich werden. Mein Vorfahr wanderte nach Amerika aus, wo Arbeitskräfte gesucht wurden. Doch um in Pennsylvania aufgenommen zu werden, musste er flunkern. Er war gelernter Metzger, aber die brauchte man da nicht, sondern Minenarbeiter im boomenden Kohlerevier.
Und so hat er kurzerhand „Miner“(Bergarbeiter) als Beruf angegeben.“In der Ahnenforschung gesichert ist jedoch, wie Herbert Auer klären konnte, dass die Millhausers bereits im 13. Jahrhundert in Thüringen belegt sind. Wann sie nach
Krumbach kamen, ist nicht bekannt, da im Habsburgischen Reich erst mit Maria Theresia Nachnamen eingeführt wurden. Deshalb sind erst ab 1790 Millhauser in Krumbach dokumentiert. Liza P. Lucys direkter Vorfahr Michael Millhauser wurde 1820 in Krumbach geboren. Er entstammte einer Familie mit 18 Kindern. Er und drei weitere, von denen zwei starben, aus erster Ehe, 14 aus der zweiten Ehe des Vaters. Michael wanderte 1850, wie sieben seiner Geschwister, in die USA aus.
In Honesdale, im Süden von Pennsylvania, gründete Michael Millhauser die erste reformierte jüdische Glaubensgemeinde, in der bis vor zwei Generationen englisch und deutsch gleichberechtigte Sprachen waren. In den über 150 Jahren seit Bestehen der Gemeinschaft, ist ein Millhauser Vorsitzender der Kongregation. Inzwischen ist das Amt auf Liza P. Lucy übergegangen. Obwohl sie zweieinhalb Autostunden entfernt in dem Künstler- und inzwischen Touristenort New Hope lebt, hat sie, als sie darum gebeten wurde, das Amt angenommen und hält so die Tradition der Millhauser in Honesdale aufrecht.
Ihre Beziehung zu Deutschland, das sie schon mehrfach auf Spurensuche besucht hat, Nichte Ruth lebt seit zwei Jahren in Berlin, ist ganz entspannt. „Unsere Vorfahren mussten nicht unter den Nazis leiden, sie sind ja schon fast hundert Jahre vorher ausgewandert. Aber natürlich hat meine Familie während der Judenverfolgungen den entfernten Verwandten in Deutschland geholfen, so weit sie konnten.“
Herbert Auer hat in seiner jahrzehntelangen heimatgeschichtlichen Arbeit viele Menschen, die nach ihrer familiären Herkunft suchten, auf den jüdischen Friedhof Hürben begleitet. Darunter war beispielsweise im Jahr 2010 auch der amerikanische Präsidentenberater Peter R. Rosenblatt.