Mittelschwaebische Nachrichten
So viele offene Ausbildungsstellen gibt es im Landkreis
Am 1. September beginnt in vielen Betrieben die Ausbildung. In welchen Branchen Unternehmen noch Azubis suchen
Landkreis Günzburg Der 1. September ist meist der Stichtag: In den meisten Firmen ist dann Ausbildungsstart. Doch nicht alle Stellen können besetzt werden. In die aktuelle Jahresstatistik der Agentur für Arbeit Donauwörth fließen alle Stellen ein, die vom 1. Oktober vergangenen bis 30. September dieses Jahres gemeldet wurden und noch gemeldet werden. Arbeitsagentursprecherin Christine Jung sagt, dass es bis Ende Juli 867 Ausbildungsstellen gegeben habe, von denen noch 346 unbesetzt sind.
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) nimmt dies zum Anlass, in einer Pressemitteilung Berufsanfänger dazu aufzurufen, „sich insbesondere in der Baubranche umzusehen“. Denn in den Hoch- und Tiefbauunternehmen in Bayern seien derzeit noch rund 1520 Ausbildungsplätze frei, das entspreche 53 Prozent aller gemeldeten Ausbildungsstellen in diesem Bereich.
Im Landkreis Günzburg sieht Jung diese drastischen Zahlen für den Hoch- und Tiefbau nicht: Dort sind gerade 17 der ursprünglich 59 gemeldeten Stellen frei. Der Handel stehe schlechter da: Besonders Kaufleute im Einzelhandel (23 unbesetzte Ausbildungsstellen im Landkreis), Verkäuferinnen und Verkäufer (22 offene Stellen) und Auszubildende als Verkäuferinnen und Verkäufer im Lebensmittelhandel, vor allem in Fleischereien (zwölf offene Ausbildungsplätze) werden gesucht.
„Der Handel hat natürlich enorme Probleme, dass er die Azubis bekommt, die er braucht“, sagt Jung unserer Redaktion. Aber auch zehn Ausbildungsplätze für Maurer seien noch offen: „Das ist schon eine Branche, in der noch Nachwuchs gesucht wird, auch bei uns in der Gegend“, so Jung.
Auch das Bauunternehmen Bendl aus Günzburg habe sich dieses Jahr schwerergetan als in den vergangenen Jahren, seine fünf bis sechs Azubis zu finden, sagt Philipp Schmid, der für die gewerbliche Ausbildung zuständig ist. Weil die Messen und dadurch die persönlichen Kontakte gefehlt hätten. Das Unternehmen fand andere Wege, an die Schulabgängerinnen und Schulabgänger heranzukommen. „Wir haben eine Firmenpräsentation an die Abschlussklassen geschickt“, erklärt Schmid. Dadurch hätten sie viele Praktikanten und dann auch Auszubildende bekommen. „Mit viel Aufwand haben wir es hinbekommen“, sagt Schmid. Inzwischen sind fünf Azubis eingestellt.
Wie erklärt er dann die Lage, dass viele Hoch- und Tiefbauunternehmen noch nach Auszubildenden suchen? Schmid weiß eine Antwort: „Imagemäßig steht es nicht so rosig um den Bau.“Dass die Firma Bendl dennoch Azubis gefunden habe, erklärt er sich durch viel Marketing für die betriebseigene Ausbildung. Aber was hätte das Unternehmen getan, wenn es nicht genügend
Frauen und Männer gefunden hätte, die sich in den Bauberufen ausbilden lassen? Geraten dann die Abläufe am Bau ins Stocken? Schmid verneint: „Wir können ja die Auszubildenden nicht als volle Arbeitskräfte einplanen oder einsetzen.“Im Kern gehe es um die langfristige Bindung an das Unternehmen.
Ebenso wie die Firma Bendl macht auch die Handwerkskammer (HWK) für Schwaben „den Wegfall von Ausbildungsmessen“und den „flächendeckenden Ausfall von Aktionen“in einer Pressemitteilung dafür verantwortlich, dass sich interessierte Schülerinnen und Schüler sowie Handwerksbetriebe weniger austauschen konnten und sich dadurch das Zusammentreffen der beiden Gruppen nach hinten verschoben habe.
In der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer sind noch 700 Ausbildungsplätze im Angebot. Vor allem Betriebe der Baubranche, des Metall- und des Lebensmittelhandwerks suchen noch Azubis. Auch junge Menschen, die gern Friseur, Augenoptiker oder Orthopädietechniker werden möchten, finden dort noch Stellen.