Mittelschwaebische Nachrichten
Mit Spürhunden auf BettwanzenJagd
Spezialisierte Vierbeiner schnüffeln in der Mindelheimer Hütte und in vier weiteren Berghütten nach den Parasiten
Allgäu Sie heißen Jim und Derex und haben eine ungewöhnliche Gabe. Sie spüren Bettwanzen auf. Die beiden speziell ausgebildeten Hunde können den Geruch der blutsaugenden Parasiten bis in die kleinste Ritze riechen. Ihre Nasen sind Hochleistungsorgane, wenn es darum geht, die Schädlinge mit einer Größe von vier bis acht Millimetern aufzuspüren. Wenn Jim fündig wird, legt er sich hin und deutet mit der Nase in Richtung Wanzen-Versteck. „Dann weiß ich, dass ich da genauer hinschauen muss“, sagt sein Herrchen Stefan Wellhausen. Der 48-jährige Bettwanzen-Spezialist aus Niedersachsen hat europaweit schon 1600 Bettwanzen-Behandlungen betreut. Jetzt war er mit seinem tierischen Personal, dem Münsterländer Jim sowie dem Deutsch-Drahthaar Derex, erstmals in den Allgäuer Bergen auf Schnüffeltour. Der Deutsche Alpenverein ließ fünf seiner Hütten entlang des Steinbockwegs bei Oberstdorf auf mögliche Bettwanzen-Vorkommnisse checken. „Es ist besser, einen Befall früh zu erkennen und dann gleich bekämpfen zu können, als wenn sich die Wanzen immer weiter ausbreiten“, sagt Harald Platz, Vorsitzender der DAV-Sektion Kempten-Allgäu.
Über eine Woche lang suchte Spezialist Wellhausen mit seinen Hunden jeden Winkel der Hütten ab. Besondere Schwierigkeit: Bettwanzen sind nachtaktiv und verstecken sich tagsüber geschickt. Ein großer Aufwand, wenn man bedenkt, dass allein die Rappenseehütte 300 Schlafplätze bietet – und die Spezialhunde alle 20 Minuten eine Pause benötigen. Doch am Schluss gab es eine positive Nachricht für Wirte und Gäste: „Alle fünf
Hütten sind bettwanzenfrei!“, bilanziert Wellhausen und nennt neben der Rappenseehütte die Kemptener Hütte, die Mindelheimer Hütte, das Waltenberger Haus sowie das Prinz-Luitpold-Haus. Der Spezialist war positiv überrascht, dass die Pächter offen für den SpürhundEinsatz waren und das heikle Parasiten-Thema nicht verdrängen. „Genau diese Aufgeschlossenheit würde auch manchen Hotels gut tun“, sagt Wellhausen. Bettwanzen seien schließlich kein Berghütten-Phänomen. „Angeschleppt werden sie sozusagen als blinde Passagiere ja aus dem Tal. Die können im Flugzeug genauso vorkommen, wie im Studentenwohnheim oder im Luxushotel, also immer dort, wo Menschen unterwegs sind.“
Damit auch große Einrichtungen wie die Rappenseehütte, mit bis zu 15.000 Besuchern in Spitzenjahren, wanzenfrei bleiben, setzt der Deutsche
Alpenverein auf die Hilfe der Wanderer. „Rucksäcke oder andere Utensilien sollten nicht auf dem Bett ausgebreitet werden“, sagt Platz.
Zudem sollte schmutzige Wäsche immer gut verpackt sein. Auch nach der Tour rät der DAV zur Vorsicht. Dazu zählt, den Rucksack samt der mitgenommenen Sachen gründlich über der Badewanne auszuschütteln. Oder den Schlafsack mehrere Tage bei unter minus 18 Grad ins Gefrierfach zu legen. Vorher sollte er jedoch in eine verschlossene Plastiktüte gepackt werden, damit die Tiere nicht fliehen.
Zwar lassen sich einzelne Bettwanzen zerquetschen, doch Experten wie Stefan Wellhausen weisen darauf hin, dass die Bekämpfung der Parasiten nur selten im Alleingang zu stemmen ist. Sie raten dazu, Kammerjäger oder Schädlingsbekämpfer zu verständigen. Ein Anzeichen für die Anwesenheit von Bettwanzen sind juckende Stichstellen oder sogar Quaddeln auf der Haut. Oft fallen sie erst nach dem Aufwachen auf.