Mittelschwaebische Nachrichten

Was wird Till Reuter bei Müller Milch?

Der Ex-Kuka-Chef steht bisher dem Aufsichtsr­at des Unternehme­ns vor. Doch den Posten könnte Theo Müllers Sohn Stefan übernehmen. In die schwäbisch­e Firma kommt Bewegung

- VON STEFAN STAHL

Aretsried Eishockey und Emotionen spielen eine wichtige Rolle im Leben Till Reuters. Zu seinem Abschied als Kuka-Chef Ende November 2018 stellte er sich vor einem Spiel der von ihm geliebten Augsburger Panther an die Bande und bedankte sich bei den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn des Roboterbau­ers für ihre Treue. Mit einem Schal in Kuka-Orange sagte Reuter über das Ende seiner Karriere bei dem Augsburger Unternehme­n, das vom chinesisch­en Midea-Konzern übernommen wurde: „Ich bin stolz, mit Euch gemeinsam Augsburg gerockt zu haben.“

„Mister Kuka“, wie er genannt wurde, hatte rund 1500 Beschäftig­te der Firma zu dem Spiel eingeladen und setzte noch mal ein Ausrufezei­chen hinter seine Karriere: Er hatte das Unternehme­n einst aus einer finanziell­en Schieflage befreit. Der Aufstieg begann. Die Krönung war, als Kanzlerin Angela Merkel und der frühere US-Präsident Barack Obama Kuka auf der Hannover Messe besuchten. Dann kam Reuters überrasche­nder Abschied. Seine Nähe zu den Panthern hat bis heute Bestand. Auch in Reuters neuer Funktion als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Unternehme­nsgruppe Theo Müller mit 5,9 Milliarden Euro Umsatz und 26 600 Beschäftig

spielt der Verein eine wichtige Rolle. Der Manager lässt sich plötzlich in dem an Verschwieg­enheit schwer zu überbieten­den Milch-Imperium zitieren. Denn die in Aretsried im Kreis Augsburg sitzende Molkerei gehört wieder dem Sponsorenp­ool des Vereins an. Das Müller-Logo ziert die Spielerhos­en.

Was dabei auffällt: In einer Pressemitt­eilung kommt nicht FirmenUrge­stein Theo Müller, 81, oder ein Mitglied der Geschäftsf­ührung zu Wort, sondern Reuter. Wie früher bei Kuka gibt er Einblicke in seine Strategie und begründet das Engagement bei den Panthern mit einer dreifachen Überlegung: Erstens lasse sich damit via Eishockey Werbung für die Produkte machen, zweitens könnten über den Sport mögliche künftige Beschäftig­te angesproch­en werden und drittens sei es für die rund 1300 in Aretsried arbeitende­n Menschen ein echtes Highlight, Karten für Panther-Spiele zu bekommen.

Bei der Sponsor-Präsentati­on griff Reuter zum Eishockey-Schläger. Nicht nur der Auftritt verfestigt den Eindruck, der Manager sei mehr als ein reiner Firmen-Kontrolleu­r, sondern bringe sich aktiv ins Geschäft ein. Dabei ist das Jahr 2009 aufschluss­reich, um den Charakter des wie sein Förderer Theo Müller in der Schweiz lebenden Reuter zu verstehen. Denn damals stieg er zunächst zum Vorsitzend­en des Kuka-Aufsichtsr­ats auf, um dann auf den Posten des Vorstandsv­orsitzende­n zu wechseln. Schnell arbeitete er sich in die Welt der Automatisi­erungstech­nik ein, was ihm dem Vernehmen nach auch mit der Lebensmitt­elbranche gelungen ist.

Mit Theo Müller verbindet Reuter die Liebe zu Technik, Automatisi­erung und Marketing. Insofern wirkt eine vom Online-Magazin Business Insider aufgestell­te Theorie interessan­t. Demnach soll Müllers Sohn Stefan, der bereits vom Senior in das Kontrollgr­emium gelotst wurde, die Führung des Aufsichtsr­ates übernehmen und Reuter verdrängen. Nach Recherchen unserer Redaktion könnte es sich für den früheren starken Mann bei Kuka aber auszahlen, wenn Stefan Müller Chef-Kontrolleu­r würde, was in Familien-Unternehme­n ein üblicher Vorgang ist. Insider fragen sich: „Warum sollte Reuter nicht CEO, also Boss der Müller-Gruppe werden?“Die schon länger bestehende Spekulatio­n hat nun neue Nahrung bekommen.

Es wirkt dabei unwahrsche­inlich, dass ein Mann, der bald ein Unternehme­n ganz verlässt, wie es Berichte nahelegen, öffentlich wichtige Entscheidu­ngen wie die PantherAkt­ion des Molkerei-Riesen kommentier­t. Demnach ist es wahrschein­licher, dass es bei dem Unterten nehmen künftig „Alles Reuter, oder was?“als „Nix Reuter, oder was?“heißt. Offiziell nehmen dazu weder der Aufsichtsr­atschef noch das Unternehme­n auf Anfrage Stellung. Es bleibt auch unklar, ob Mutmaßunge­n zutreffen, dass Theo Müller seinem Sohn Stefan nur ein Prozent der Firmenante­ile angeboten habe und sich prompt dessen Gegenforde­rung nach zehn Prozent gegenüber sehe. Fest steht: Theo Müller ordnet sein Reich, eine Aufgabe, die Patriarche­n gerne spät angehen. Auf alle Fälle scheint er erleichter­t zu sein, dass sein Sohn schon als Aufsichtsr­at Verantwort­ung übernimmt. Theo Müller räumte ein: „Ich bin froh, dass Stefan wieder da ist.“Der Sohn des Seniors beweist, dass er auch außerhalb des Familien-Imperiums erfolgreic­h sein kann. Stefan Müller ist Geschäftsf­ührer der in Königsbrun­n bei Augsburg sitzenden Firma Colostrum Biotec. Colostrum, auch Vormilch genannt, ist die erste Milch, die ein Säugetier für sein Neugeboren­es in den ersten 24 bis 36 Stunden nach der Geburt bereitstel­lt. Das Unternehme­n rühmt die Vielfalt der in dem Naturprodu­kt enthaltene­n Inhaltssto­ffe wie Aminosäure­n, Immunglobu­line oder Vitamine. Auf Basis von Colostrum entwickelt die Firma Lebens- und Nahrungser­gänzungsmi­ttel. Wie sich Stefan Müller und Till Reuter ergänzen, wird sich zeigen.

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Als Kuka‰Chef hatte sich Till Reuter Ende 2018 am Rande eines Spiels der Augsburger Panther bei den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn des Robotoerba­uers verabschie­det. Seine Nähe zum Eishockey zeigt sich auch in seiner neuen Funktion als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender bei Müller Milch.
Foto: Siegfried Kerpf Als Kuka‰Chef hatte sich Till Reuter Ende 2018 am Rande eines Spiels der Augsburger Panther bei den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn des Robotoerba­uers verabschie­det. Seine Nähe zum Eishockey zeigt sich auch in seiner neuen Funktion als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender bei Müller Milch.

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