Mittelschwaebische Nachrichten

„Die Wähler fallen uns nicht ins Körbchen“

Wie Schwabens CSU eigene Akzente setzen will und Markus Söder in Kempten den Regierungs­partner angreift

- VON ANDREAS FREI UND ULI HAGEMEIER

Augsburg/Kempten Am Tag nach dem Triell, dem ersten Aufeinande­rtreffen von Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock im Fernsehen, als die Nation darüber diskutiert, wer denn nun auf dem Weg ins Kanzleramt die bessere Figur gemacht hat, sagt Markus Ferber: „Wir müssen endlich wieder über Inhalte sprechen.“Die abgestürzt­en Umfragewer­te für die Union? Die noch schlechter­en Zahlen für Laschet? Für den schwäbisch­en CSU-Chef kein Grund zur Dramatisie­rung. Es sei noch Zeit, das Rennen offen, Laschet habe am Sonntag „seine Sache gut gemacht“, vor allem an der Stelle, als er vor den Konsequenz­en einer Links-Regierung im Bund gewarnt habe. „Das wird er ja wohl sagen dürfen.“

Überhaupt sei das Problem, dass die Menschen in Bayern Laschet nur via Fernsehen erlebten, so der Europaabge­ordnete im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wir schaffen es nicht, ihn hier zu präsentier­en. Uns fehlt das Bierzelt.“Laschet werde vor der Wahl nur einmal öffentlich im Freistaat auftreten: bei der Abschlussv­eranstaltu­ng von CDU und CSU am 24. September in München.

Bleibt als Zugpferd Ministerpr­äsident Markus Söder, der gerade zusammen mit den CSU-Spitzenkan­didaten Alexander Dobrindt und Dorothee Bär durch die Regierungs­bezirke tourt und am Montag im Kemptener Illerstadi­on Station macht. Ein Abend, an dem nicht nur wegen des Dauerregen­s keine richtige Stimmung unter den etwa 250 Gästen aufkommen will. Obwohl Söder nicht mit populären Vorschläge­n (dauerhafte Senkung der Mehrwertst­euer

in der Gastronomi­e) und Angriffen auf die politische­n Gegner geizt. Beispiel: Wer seine Stimme den Freien Wählern gebe, so Söder, verschenke sie: „Im Westen kennt sie keiner, im Norden versteht sie keiner.“Die FDP wiederum steuere auf eine Ampel-Koalition zu, werde zentralist­isch regiert und vertrete keine bayerische­n Interessen.

Was also tun, wenn der Kanzlerkan­didat der Union in Bayern fehlt und darüber hinaus – vorsichtig formuliert – nicht gerade einen Lauf hat? „Inhalte“, sagt Ferber, der am Abend in Kempten ebenfalls mit dabei ist, kurz und knapp. Sein Stellvertr­eter im Bezirksver­band, der Bundestags­abgeordnet­e Ulrich Lange aus Nördlingen, hat festgestel­lt: „Für viele Menschen ist vieles selbstvers­tändlich geworden.“Man müsse wieder deutlicher machen, dass Dinge verändert werden müssen, wenn man das Land dauerhaft modernisie­ren will. „Wir brauchen einen neuen gesellscha­ftlichen Konsens“, ergänzt Ferber. Durch die zunehmende Individual­isierung werde es immer schwierige­r, große Modernisie­rungsproje­kte tatsächlic­h umzusetzen.

Die schwäbisch­e CSU will bei der Wahl mit einem Sieben-PunktePlan einen gezielt regionalen Akzent setzen. Ein Schwerpunk­t sind Infrastruk­turprojekt­e. So fordert die Partei vereinfach­te Verfahren beim Ausbau von Mobilfunks­tationen und ausreichen­d Geld für den Erhalt kleinerer Kliniken – die als Lehrkranke­nhäuser an die Universitä­t Augsburg angebunden werden müssten. Sie will mithilfe der staatliche­n Förderbank KfW ein neues Programm starten, über das Ladenbesit­zer auch in kleineren Städten Gelder abrufen können, um ihre Geschäfte wieder attraktive­r machen zu können. Dann soll der soziale Wohnungsba­u gerade auf dem Land durch die Anhebung der Fördergeld­er einen neuen Schub bekommen.

„Die Wähler fallen uns nicht ins Körbchen“, sagt Ulrich Lange. „Sie müssen motiviert werden.“

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Foto: Matthias Becker Schwabens CSU‰Chef Markus Ferber und Ministerpr­äsident Markus Söder am Montag in Kempten.

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