Mittelschwaebische Nachrichten

Müssen Dax‰Anleger jetzt handeln?

Im September wird der Deutsche Aktieninde­x neu geordnet: Es wird zehn Werte mehr geben. Was bedeutet das für Privatanle­ger? Können sie auf ein Renditeplu­s hoffen – oder müssen sie nun ihr Depot anpassen?

- Isabelle Modler, dpa

Frankfurt/Main Der Deutsche Aktieninde­x – kurz Dax – wird im September um zehn Werte erweitert. Dann befinden sich 40 statt bisher 30 Titel im deutschen Leitindex – sie rücken aus dem MDax auf, der sich gleichzeit­ig von 60 auf 50 Werte verkleiner­t. „Die Nachrücker sind Unternehme­n, die sich im MDax bereits profiliert haben“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Daher rechnet er mit einer Frischzell­enkur für den Dax. Aber warum wird der Dax neu geordnet? Und: Was bedeutet das für Privatanle­ger? Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Welche Werte sind künftig im Dax vertreten?

„Am 3. September geben wir die Werte bekannt. Ab dem 20. September gilt dann die Neuzusamme­nsetzung. Der Dax wird dann mehr Werte und mehr Branchen der deutschen Wirtschaft abbilden“, sagt Andreas von Brevern, Sprecher der Deutschen Börse. Heiße NachrückKa­ndidaten sind große MDax-Werte – wie Airbus, Zalando, Hellofresh oder Porsche. Erste Hinweise darauf gibt die im August veröffentl­ichte Dax-Rangliste. „Sie sortiert alle Werte im Regulierte­n Markt der Frankfurte­r Wertpapier­börse nach deren Marktkapit­alisierung – also nach dem Börsenwert“, erklärt von Brevern. Dies entspricht der Anzahl der Aktien mal Aktienprei­s. „Der Börsenumsa­tz, bisheriges Auswahlkri­terium für die Dax-Kandidaten, entfällt ab September.“

Warum kommt es zu der Dax-Neuordnung?

Die Dax-Neuordnung war schon länger geplant – beschleuni­gt wurde sie durch den Wirecard-Skandal, der Schwächen im Regelwerk des Leitindex zutage gebracht hatte. Daher wurden die Regeln verschärft. So ist etwa ein Dax-Ausschluss nach Ablauf einer Warnfrist möglich, erklärt von Brevern. „Das neue Index-Regelwerk soll die Qualität im Dax erhöhen und an internatio­nale Standards angleichen“, so von Brevern. „Es geht darum zu verhindern, dass reine Luftnummer­n es bis in den Dax schaffen“, erläutert DSW-Experte Kurz mit Blick auf Wirecard.

„Bereits seit Dezember 2020 müssen potenziell­e Dax-Kandidaten zwei Jahre Gewinne ausgewiese­n haben.“Und die Titel müssen etwa neben dem klassische­n Geschäftsb­ericht zusätzlich von Wirtschaft­sprüfern zertifizie­rte Quartalsmi­tteilungen veröffentl­ichen, erklärt Kurz. Risikomana­gement und Transparen­z werden nun in den Blick genommen. Es sei schon erstaunlic­h, dass die Neuorienti­erung erst jetzt kommt und es dafür die Krise brauchte.

Wie wirkt sich die Neuordnung aus?

Die neuen Werte im Dax stehen unter kritischer­er Beobachtun­g internatio­naler Analysten, so Kurz. „Im MDax konnte man noch unter dem Radar fliegen. Im Dax ist das vorbei.“Der Dax habe durch die Neuordnung mehr Gewicht, so Norbert Kuhn vom Deutschen Aktieninst­itut. Auch er beschreibt die Erweiterun­g als Verjüngung­skur, „da sich unter den Neuzugänge­n junge Wachstumsu­nternehmen befinden“. Gleichzeit­ig verliere der MDax seine Schwergewi­chte. Die Aufsteiger machen rund 45 Prozent der bisherigen Marktkapit­alisierung im MDax aus, so Kuhn. Kurz gibt zu bedenken: „Es könnte sein, dass die Dynamik im MDax unter der Neuordnung leidet“und dass sich der MDax gravierend­er als der Dax verändert: „Der Index verliert immerhin zehn Top-Performer.“

Wie wirkt sich die Dax-Anpassung auf die Rendite aus?

„Wer in Einzelakti­en investiert hat, die in den Dax aufsteigen, kann mit einem kleinen Kursplus rechnen, weil die Dax-ETFs diese Titel nachkaufen müssen“, erklärt Kurz. ETFs (Exchange Traded Funds) sind börsengeha­ndelte Fonds, die einen Index passiv nachbilden – in diesem Fall den Dax. Anleger sollten die Effekte aber nicht überschätz­en. Kurz rechnet nicht mit gewaltigen Kurssprüng­en – diese würden nicht groß und allenfalls kurzfristi­g ausfallen. „Die Neuordnung ist ja nun keine Überraschu­ng mehr“, so Kurz. An der Börse führen meist nur unerwartet­e Ereignisse zu heftigen Kursbewegu­ngen. Auch Kuhn vom Deutschen Aktieninst­itut sagt: „Bereits jetzt haben die Kurse der Aufsteiger mehrheitli­ch stark zugelegt, sodass Effekte auf die Rendite dem Dax-Aufstieg schon vorausgega­ngen sind.“Es müsse sich zeigen, inwiefern sich diese Kursentwic­klung fortsetzt und der Dax noch mehr zulegen kann als bisher.

Müssen Privatanle­ger aufgrund der Veränderun­g jetzt handeln?

Das kommt darauf an, wie Privatanle­ger ihr Geld investiere­n – also ob sie in Aktien, Fonds, ETFs anlegen. Für alle, die in Dax-ETFs ansparen, „bedeutet die Neuordnung, dass sich der Index erweitert und damit eher vielfältig­er wird. Für sie gibt es eigentlich keinen Grund, im Depot etwas zu ändern“, so Kurz. Auch Anleger, die einen Indexfonds auf den Dax haben, könnten sich entspannt zurücklehn­en, sagt Kuhn. „Die Anpassung an die neue Dax-Ordnung wird im September vom Fondsmanag­er übernommen.“Anleger hingegen, die sich mit Einzeltite­ln sehr eng am Dax orientiere­n, müssen gegebenenf­alls nachjustie­ren. Kuhn erklärt: „Entweder sie haben das Geld zur Verfügung und legen dieses in die zehn Aufsteiger an. Oder sie müssen umschichte­n.“Also einen Teil der alten Dax-30-Werte verkaufen und in die Neulinge investiere­n.

Was sollten Anleger bei Einzelakti­en noch beachten?

Im Depot sollten mindestens sechs internatio­nale Titel aus unterschie­dlichen Branchen sein, die nicht miteinande­r korreliere­n, empfiehlt Kurz. „Damit lässt sich durchaus ein Depot realisiere­n, das breit genug gestreut ist, um das Risiko sinnvoll zu diversifiz­ieren.“Wichtig sei, sich nicht zu verzetteln oder Aktien zu sammeln wie Briefmarke­n – sonst verliere man schnell die Übersicht, warnt Kurz. Zudem sollten Anleger sich mit den Risiken auseinande­rsetzen. „Wer breit streut, nicht zu hektisch handelt und keine Aktien auf Kredit kauft, macht praktisch alles richtig“, so Kuhn, der mindestens acht bis zehn Titel aus verschiede­nen Branchen empfiehlt. „Hat man sich bisher auf den Dax konzentrie­rt und erweitert sein Anlagespek­trum jetzt um die zehn Aufsteiger, steigen die Möglichkei­ten der Streuung“, so Kuhns Einschätzu­ng.

 ?? Foto: Boris Roessler, dpa ?? Der Aktieninde­x Dax wird im September um zehn auf 40 Werte aufgestock­t. Außerdem gelten als Konsequenz aus dem Wirecard‰ Skandal schärfere Kontrollre­geln für die in der „ersten Liga“börsennoti­erten Unternehme­n.
Foto: Boris Roessler, dpa Der Aktieninde­x Dax wird im September um zehn auf 40 Werte aufgestock­t. Außerdem gelten als Konsequenz aus dem Wirecard‰ Skandal schärfere Kontrollre­geln für die in der „ersten Liga“börsennoti­erten Unternehme­n.

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