Mittelschwaebische Nachrichten
Ahoi, Heide Keller
Sie war die gute Seele und Grande Dame des „Traumschiffs“. Ohne Heide Keller verlor es den Wind in den Segeln. Und doch wollte die Schauspielerin nicht mit ihrer Rolle eins sein
Düsseldorf Egal, wer unter Chefhostess Beatrice als Kapitän das „Traumschiff“steuerte: Am Ende war sie immer die Gewinnerin. Mit einem schlagfertigen Spruch oder einem charmanten Lächeln nahm sie allen den Wind aus den Segeln. 38 Jahre lang war Heide Keller in ihrer Rolle als Beatrice von Ledebur die gute Seele und die Grande Dame des beliebtesten TV-Dampfers der Deutschen. Eigentlich, so hat sie mal gesagt, wolle sie beim „Traumschiff“bleiben, solange sie „noch auf Stöckelschuhen die Gangway runtergehen“könne. Am besten bis zu ihrem 80. Geburtstag.
Ganz so lange hat sie am Ende doch nicht die Weltmeere bereist. 2017 verließ Heide Keller auf eigenen Wunsch die ZDF-Reihe – auf Stöckelschuhen, wie versprochen. Jetzt hat sie im Alter von 81 Jahren ihre letzte Reise angetreten.
Keller, eigentlich im Theaterfach zu Hause, war von der ersten Folge an beim „Traumschiff“dabei. Sie habe Fernsehgeschichte geschrieben, sagt die stellvertretende ZDFProgrammdirektorin Heike Hempel ihres Todes. „In der Rolle der Chefhostess Beatrice war sie 38 Jahre lang der gute Geist an Bord des ,Traumschiffs‘.“Sie habe Beatrice zu einer „deutschen Kultfigur“gemacht. „Sie wird uns sehr fehlen.“Zuletzt lebte Heide Keller alleinstehend in Bonn, ihre Ehen, eine mit dem Schauspieler Thomas Härtner, danach zehn Jahre mit Hans von Borsody, hielten nicht. Heiratsanträge per Fanbrief bekam sie aber bis ins hohe Alter.
Beruflich bestimmten gleichzeitig mit Beatrice vier Kapitäne den Kurs des „Traumschiffs“– Günter König, Heinz Weiss, Siegfried Rauch und Sascha Hehn. Doch wenn es ums Zwischenmenschliche ging, war die Hostess gefragt. Für Generationen von Zuschauern wird sie die Frau bleiben, die einen aus dem Alltag herausbegleitete in eine aufregend ferne, farbenfrohe, fröhliche Welt. Nicht nur im Fernsehen verstand sie es, jeden um den Finger zu wickeln. Denn bei den Fernreisen des TV-Kreuzers sind ja stets auch „echte“Passagiere an Bord – so wie ein einstiger Kollege aus unserer Redaktion, mittlerweile selbst Pensionär. Wer Keller auf den Kabinengängen der MS Amadea privat begegne, schwärmte er einmal in unserer Zeitung, bekomme meist ein nettes Lächeln oder einen freundlichen Gruß. Allüren seien ihr fremd. Ist ja auch traumhaft, da zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, nicht wahr? Natürlich sei es ein Sechser im Lotto, gleichzeitig einem so großen Publikum präsent zu sein und die Welt gesehen zu haben, sagte die gebürtige Düsseldorferin einst. Aber: „Arbeit ist Arbeit.“Hieß in ihrem Fall: „Um fünf Uhr aufstehen, abends immer noch möglichst fit sein.“
Nach ihrem Ausstieg hat sie sich einen Traum erfüllt und ein Buch geschrieben: „Traumzeit und andere Tage“heißt es. Es sind Geschichten aus einem Leben voller Wellengang, von persönlichen Begegnungen. Eine der wichtigsten dürfte die mit „Traumschiff“-Produzent Wolfgang Rademann gewesen sein, der Heide Keller einst entdeckte – und mit Berliner Charme anerkannte, wie sehr Keller ihren Charakter weiterentwickelt hat: „Wir haben sie als Kleiderstange engagiert“, sagte Rademann einst, „aber dann hat sie sich die Rolle zurechtgeanlässlich rückt.“Was vielen bis heute unbekannt ist: Keller schrieb sogar die Drehbücher einzelner Folgen. Allerdings unter dem männlichen Pseudonym Jacques Dueppen.
Heide Keller hat es geschafft, ihrer Figur eine natürliche Autorität zu verleihen, ohne es an Herzlichkeit fehlen zu lassen. Wie vielen Zuschauern wurde es in der jährlichen Weihnachtsfolge warm ums Herz, wie viele begannen das neue Jahr niemals ohne Heide Keller, wenn das „Traumschiff“traditionell am 1. Januar in See stach? Milliarden waren es, wenn man alle Folgen zusammenzählt.
Neben ihrer Lebensrolle war Heide Keller durchgehend auch in anderen Produktionen zu sehen, etwa „Rosamunde Pilcher“, „Derrick“oder natürlich „Kreuzfahrt ins Glück“, dem kleinen, weniger betagten Beiboot des „Traumschiffs“. Sie und Chef-Hostess Beatrice als ein und dieselbe Person anzusehen, das wollte sie jedoch nicht: Einmal sei sie auf der Straße angesprochen worden: Sie sind doch die Beatrice? „Ich habe geantwortet: ,Mein Name ist Heide Keller‘.“
Ahoi, Heide Keller.