Mittelschwaebische Nachrichten

Tiere in der Wohnung – legal und artgerecht?

Haustiere in Mietwohnun­gen sind ein umstritten­es Thema. Kein Wunder – denn ein Gesetz gibt es dafür nicht. Trotzdem können sich Mieter gegen ein Verbot wehren und mit der richtigen Ausstattun­g auch Exoten halten

- VON LARA SCHMIDLER

Augsburg/München Kleine Hunde auf Nachfrage, große Hunde nein, Kleintiere immer und Katzen vielleicht? Wer in einer Mietwohnun­g lebt und sich ein Haustier anschaffen will, steht oftmals vor einem großen Fragezeich­en. Darf der Vermieter die Tierhaltun­g verbieten? Welche Tiere sind in Wohnungen generell erlaubt? Und ist es überhaupt möglich, ein Tier artgerecht in der Wohnung zu halten?

Viele dieser Fragen stellen sich nicht nur Mieter und Vermieter. Auch für Juristen ist die Rechtslage nicht immer klar, wie Fachanwalt für Mietrecht Marc Schneider aus Augsburg erzählt. Denn: „Es gibt kein Gesetz, das die Haltung von Tieren in Mietwohnun­gen eindeutig regelt.“Meist handle es sich vor Gericht um Einzelfall­entscheidu­ngen, ob ein Mieter ein bestimmtes Tier haben dürfe oder nicht. „Da kommt es beispielsw­eise auf Größe von Tier und Wohnung an, die Menge der Tiere, eventuelle Mitbewohne­r – letztlich sind es viele Einzelfakt­oren, die zusammen spielen.“

Trotzdem gebe es gewisse Richtlinie­n. So muss der Mieter bei der Bewerbung nicht von sich aus sagen, dass er einen Hund oder eine Katze besitzt. Doch wenn der Vermieter danach fragt, darf der Bewerber auch nicht lügen – sonst könnte später der Mietvertra­g angefochte­n werden. Andersheru­m darf der Vermieter Haustiere nicht generell vertraglic­h ausschließ­en. „Haustierha­ltung ist ein menschlich­es Bedürfnis und eine Mietwohnun­g ist für den Mieter der Kernbereic­h seiner Privatsphä­re“, sagt Schneider. Eine solche Klausel im Mietvertra­g sei daher immer ungültig.

Wenn jedoch im Vertrag steht, dass beispielsw­eise die Haltung von Hunden der Zustimmung des Vermieters bedarf, sieht es anders aus: Wer sich dann ohne diese Zustimmung einen Hund anschafft, kann im schlechtes­ten Fall verklagt werden. Schneider empfiehlt, die Anschaffun­g eines Hundes in diesem Fall mit dem Vermieter abzustimme­n. Sollte dieser ablehnen, könne man versuchen, die Zustimmung einzuklage­n. „Es muss wirklich viel dagegen sprechen, dass sich der einen Hund anschafft, damit eine solche Klage abgewiesen wird. Ein Grund wäre beispielsw­eise, wenn der Vermieter mit im Haus wohnen würde und eine Allergie oder panische Angst vor Hunden hätte“, erklärt Schneider.

Kleintiere wie Hamster, Mäuse oder Ratten seien dagegen nach einer Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs generell auch ohne die Zustimmung des Vermieters erlaubt, ebenso kleinere exotische Tiere wie Spinnen oder Echsen, solange diese nicht gefährlich und in einem Käfig oder Terrarium untergebra­cht seien.

Experte für solche Tiere ist Markus Baur, Leiter der Auffangsta­tion für Reptilien in München, Fachtierar­zt für Reptilien und Mitglied im Tierschutz­beirat der Landesregi­erung. Regelmäßig kommen neue Tiere in die Station, die meisten davon, weil die Besitzer keine Lust mehr darauf haben. „Da höre ich sehr viele Geschichte­n, von der Beziehung, die in die Brüche gegangen oder Vermietern, die sich beschweren – aber die Wahrheit ist, dass viele einfach nicht nachdenken, bevor sie sich ein Tier anschaffen“, erzählt Baur. Gleichzeit­ig merke man, dass der gesellscha­ftliche und mediale Druck auf Exotenhalt­er drastisch zunehme. Dabei sei es definitiv möglich, Exoten artgerecht zu halten und auch aus tierschutz­technische­r Sicht könne die Zucht in Menschenha­nd zum Artenerhal­t beitragen. „Mittlerwei­le ist die Abdeckung mit Fachtierär­zten in Deutschlan­d sehr hoch und gerade im Reptilienb­ereich gibt es hervorrage­nde technische Ausstattun­g für die notwendige­n Licht- und Klimaverhä­ltnisse.“

Auch das Argument des Gefangense­ins der Tiere sieht Baur skeptisch. „In der Natur haben Tiere ein festes Territoriu­m, das je nach Art nicht besonders groß ist. Das Konzept Freiheit ist eine rein menschlich­e Wahrnehmun­g.“Wichtig sei in erster Linie, sich bei der Entscheidu­ng für ein Tier bewusst zu maMieter chen, dass man für viele Jahre Verantwort­ung übernehmen müsse. Zudem müsse man sich gut über das Tier informiere­n. Wie groß wird es? Braucht es Artgenosse­n? Wie viel Platz benötigt es?

„Natürlich gibt es auch eine ganze Reihe von Tieren, die nicht für die Wohnungsha­ltung geeignet sind“, sagt Baur. Großpapage­ien beispielsw­eise leben in der Natur im Schwarm und sollten auch nicht alleine in kleinen Räumen gehalten werden. Auch Waschbären seien keine Wohnungsti­ere, auch wenn sie nicht selten als Katzenersa­tz angeschaff­t würden, warnt Baur: „Die nehmen die ganze Wohnung auseinande­r und werden nie zufrieden sein.“Auch die Haltung von Affen sollte seiner Meinung nach ausschließ­lich Spezialist­en vorbehalte­n sein, da die Tiere in Obhut unerfahren­er Besitzer häufig zu wenig Platz und ungeeignet­es Futter bekämen, das Zahn- und Gewichtspr­obleme auslöse.

Aber auch die beliebten Kaninist, chen will Baur nicht im Käfig sehen. „Diese Tiere graben in der Natur Bauten, weiden fast den ganzen Tag und leben in Großfamili­en. Das kann ich ihnen in einer Wohnung nicht bieten. Jeder denkt, Kaninchen wären einfach zu halten, weil sie bei falscher Haltung nicht gleich sterben, aber das ist ein Trugschlus­s. Das Gleiche gilt für Meerschwei­nchen und Hamster.“Da sei es dagegen deutlich einfacher, einen kleinen Gecko artgerecht zu halten.

Baurs Meinung nach sollte die Regierung vor der Anschaffun­g eines Tiers den Nachweis für die notwendige Tierhalter­sachkunde verpflicht­end machen. „Ich kann mir doch nicht ein Tier als Accessoire halten, weil es niedlich aussieht. Tierhaltun­g kann nur dann artgerecht sein, wenn ich die Bedürfniss­e und die natürliche­n Instinkte meines Tiers kenne und umsetze.“Und wenn das in der Wohnung möglich sei, spreche auch nichts gegen eine Wohnungsha­ltung – solange sie sich im legalen Rahmen bewegt.

 ?? Foto: Arne Dedert, dpa ?? Exotische und ungefährli­che Tiere wie diesen Leopardgec­ko darf man ohne die Zustimmung des Vermieters in einer Wohnung halten. Das Gleiche gilt für Kleintiere. Wichtig ist, sich vor dem Kauf eines Lebewesens über dessen Bedürfniss­e zu informiere­n, um eine artgerecht­e Haltung zu ermögliche­n.
Foto: Arne Dedert, dpa Exotische und ungefährli­che Tiere wie diesen Leopardgec­ko darf man ohne die Zustimmung des Vermieters in einer Wohnung halten. Das Gleiche gilt für Kleintiere. Wichtig ist, sich vor dem Kauf eines Lebewesens über dessen Bedürfniss­e zu informiere­n, um eine artgerecht­e Haltung zu ermögliche­n.

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