Mittelschwaebische Nachrichten
Tiere in der Wohnung – legal und artgerecht?
Haustiere in Mietwohnungen sind ein umstrittenes Thema. Kein Wunder – denn ein Gesetz gibt es dafür nicht. Trotzdem können sich Mieter gegen ein Verbot wehren und mit der richtigen Ausstattung auch Exoten halten
Augsburg/München Kleine Hunde auf Nachfrage, große Hunde nein, Kleintiere immer und Katzen vielleicht? Wer in einer Mietwohnung lebt und sich ein Haustier anschaffen will, steht oftmals vor einem großen Fragezeichen. Darf der Vermieter die Tierhaltung verbieten? Welche Tiere sind in Wohnungen generell erlaubt? Und ist es überhaupt möglich, ein Tier artgerecht in der Wohnung zu halten?
Viele dieser Fragen stellen sich nicht nur Mieter und Vermieter. Auch für Juristen ist die Rechtslage nicht immer klar, wie Fachanwalt für Mietrecht Marc Schneider aus Augsburg erzählt. Denn: „Es gibt kein Gesetz, das die Haltung von Tieren in Mietwohnungen eindeutig regelt.“Meist handle es sich vor Gericht um Einzelfallentscheidungen, ob ein Mieter ein bestimmtes Tier haben dürfe oder nicht. „Da kommt es beispielsweise auf Größe von Tier und Wohnung an, die Menge der Tiere, eventuelle Mitbewohner – letztlich sind es viele Einzelfaktoren, die zusammen spielen.“
Trotzdem gebe es gewisse Richtlinien. So muss der Mieter bei der Bewerbung nicht von sich aus sagen, dass er einen Hund oder eine Katze besitzt. Doch wenn der Vermieter danach fragt, darf der Bewerber auch nicht lügen – sonst könnte später der Mietvertrag angefochten werden. Andersherum darf der Vermieter Haustiere nicht generell vertraglich ausschließen. „Haustierhaltung ist ein menschliches Bedürfnis und eine Mietwohnung ist für den Mieter der Kernbereich seiner Privatsphäre“, sagt Schneider. Eine solche Klausel im Mietvertrag sei daher immer ungültig.
Wenn jedoch im Vertrag steht, dass beispielsweise die Haltung von Hunden der Zustimmung des Vermieters bedarf, sieht es anders aus: Wer sich dann ohne diese Zustimmung einen Hund anschafft, kann im schlechtesten Fall verklagt werden. Schneider empfiehlt, die Anschaffung eines Hundes in diesem Fall mit dem Vermieter abzustimmen. Sollte dieser ablehnen, könne man versuchen, die Zustimmung einzuklagen. „Es muss wirklich viel dagegen sprechen, dass sich der einen Hund anschafft, damit eine solche Klage abgewiesen wird. Ein Grund wäre beispielsweise, wenn der Vermieter mit im Haus wohnen würde und eine Allergie oder panische Angst vor Hunden hätte“, erklärt Schneider.
Kleintiere wie Hamster, Mäuse oder Ratten seien dagegen nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs generell auch ohne die Zustimmung des Vermieters erlaubt, ebenso kleinere exotische Tiere wie Spinnen oder Echsen, solange diese nicht gefährlich und in einem Käfig oder Terrarium untergebracht seien.
Experte für solche Tiere ist Markus Baur, Leiter der Auffangstation für Reptilien in München, Fachtierarzt für Reptilien und Mitglied im Tierschutzbeirat der Landesregierung. Regelmäßig kommen neue Tiere in die Station, die meisten davon, weil die Besitzer keine Lust mehr darauf haben. „Da höre ich sehr viele Geschichten, von der Beziehung, die in die Brüche gegangen oder Vermietern, die sich beschweren – aber die Wahrheit ist, dass viele einfach nicht nachdenken, bevor sie sich ein Tier anschaffen“, erzählt Baur. Gleichzeitig merke man, dass der gesellschaftliche und mediale Druck auf Exotenhalter drastisch zunehme. Dabei sei es definitiv möglich, Exoten artgerecht zu halten und auch aus tierschutztechnischer Sicht könne die Zucht in Menschenhand zum Artenerhalt beitragen. „Mittlerweile ist die Abdeckung mit Fachtierärzten in Deutschland sehr hoch und gerade im Reptilienbereich gibt es hervorragende technische Ausstattung für die notwendigen Licht- und Klimaverhältnisse.“
Auch das Argument des Gefangenseins der Tiere sieht Baur skeptisch. „In der Natur haben Tiere ein festes Territorium, das je nach Art nicht besonders groß ist. Das Konzept Freiheit ist eine rein menschliche Wahrnehmung.“Wichtig sei in erster Linie, sich bei der Entscheidung für ein Tier bewusst zu maMieter chen, dass man für viele Jahre Verantwortung übernehmen müsse. Zudem müsse man sich gut über das Tier informieren. Wie groß wird es? Braucht es Artgenossen? Wie viel Platz benötigt es?
„Natürlich gibt es auch eine ganze Reihe von Tieren, die nicht für die Wohnungshaltung geeignet sind“, sagt Baur. Großpapageien beispielsweise leben in der Natur im Schwarm und sollten auch nicht alleine in kleinen Räumen gehalten werden. Auch Waschbären seien keine Wohnungstiere, auch wenn sie nicht selten als Katzenersatz angeschafft würden, warnt Baur: „Die nehmen die ganze Wohnung auseinander und werden nie zufrieden sein.“Auch die Haltung von Affen sollte seiner Meinung nach ausschließlich Spezialisten vorbehalten sein, da die Tiere in Obhut unerfahrener Besitzer häufig zu wenig Platz und ungeeignetes Futter bekämen, das Zahn- und Gewichtsprobleme auslöse.
Aber auch die beliebten Kaninist, chen will Baur nicht im Käfig sehen. „Diese Tiere graben in der Natur Bauten, weiden fast den ganzen Tag und leben in Großfamilien. Das kann ich ihnen in einer Wohnung nicht bieten. Jeder denkt, Kaninchen wären einfach zu halten, weil sie bei falscher Haltung nicht gleich sterben, aber das ist ein Trugschluss. Das Gleiche gilt für Meerschweinchen und Hamster.“Da sei es dagegen deutlich einfacher, einen kleinen Gecko artgerecht zu halten.
Baurs Meinung nach sollte die Regierung vor der Anschaffung eines Tiers den Nachweis für die notwendige Tierhaltersachkunde verpflichtend machen. „Ich kann mir doch nicht ein Tier als Accessoire halten, weil es niedlich aussieht. Tierhaltung kann nur dann artgerecht sein, wenn ich die Bedürfnisse und die natürlichen Instinkte meines Tiers kenne und umsetze.“Und wenn das in der Wohnung möglich sei, spreche auch nichts gegen eine Wohnungshaltung – solange sie sich im legalen Rahmen bewegt.