Mittelschwaebische Nachrichten
Es kann nur einen geben
Seehundbaby Sao hat sich schon zum Publikumsliebling gemausert. Doch ewig wird er nicht in Augsburg bleiben
Augsburg Vier Wochen ist es her, dass der Zoo Augsburg im Seehundgehege Nachwuchs bekommen hat: Seehunddame Pia brachte den kleinen Sao zur Welt. Damit hat der Zoo aktuell fünf Seehunde: zwei Männchen, den Neuzuwachs Sao und seinen Vater Ole, und drei Weibchen.
Im Moment sei Sao noch völlig von seiner Mutter abhängig, wie Thomas Lipp, Kurator und stellvertretender Direktor des Zoos in Augsburg, erzählt. Er werde ausschließlich von der nahrhaften und sehr fettigen Muttermilch genährt, mit der er innerhalb von vier Wochen sein Geburtsgewicht von acht Kilogramm verdoppelt habe. „Im Alter von sieben bis acht Wochen kann man dann beginnen, ihn zu entwöhnen.“Der richtige Zeitpunkt zeige sich, wenn der Kleine von sich aus anfange, nach Fisch zu schnappen. Dann werde er temporär von seiner Mutter getrennt und an feste Nahrung gewöhnt.
Und darf Sao auch in Augsburg bleiben? „Ein paar Jahre bestimmt“, meint Lipp. Denn sobald Sao geschlechtsreif werde, zwischen vier und fünf Jahren, komme es vermutlich zu Reibereien in der Gruppe. Darum ist auch immer nur ein ausgewachsener Seehundbulle, der bis zu 120 Kilogramm auf die Waage bringen kann, in Augsburg. „In der Natur würden zwei Bullen sich aus dem Weg gehen. Bei Weibchen ist es entspannter, aber wir wollen natürlich auch Inzucht vermeiden.“
Darum ist von den insgesamt acht Seehunden, die vor Sao seit 2012 im Augsburger Zoo geboren wurden, auch keiner geblieben. Wenn ein Seehund abgegeben werden soll, sendet Lipp ein Formular an andere Zoos, die mit dem Augsburger Zoo vernetzt sind. Wer Kapazitäten hat, kann das Tier übernehmen.
Wenn umgekehrt ein neuer Seehund aus einem anderen Zoo nach Augsburg kommt, überprüft Lipp zunächst dessen Stammbaum, um sicherzugehen, dass das Tier mit keinem der Seehunde verwandt ist, die bereits in Augsburg leben. Doch im Moment ist der Zoo nicht auf der Suche nach Seehunden. „Fünf Tiere sind für das Gehege eine gute Zahl“, sagt Lipp. Und Sao ist absoluter Publikumsliebling.
Gerade wird das Seehundgehege gereinigt. Dafür wird das komplette Wasser bis auf ein kleines Becken abgelassen, alles geputzt und wieder frisch befüllt. Das muss in regelmäßigen Abständen gemacht werden, denn die Seehunde verbringen einen Großteil ihres Lebens im Wasser, verlassen es nur zum Sonnen, Gebären und Säugen.
Auch zum Schlafen bleiben die Tiere im Wasser. Das habe schon öfter für Verwirrung gesorgt, erzählt Lipp und schmunzelt. Während der jährlichen Dschungelnacht, in der der Zoo bis 23.30 Uhr geöffnet hat, kämen beispielsweise regelmäßig besorgte Besucher auf das Zoopersonal zu, weil sie dachten, ein Seehund sei gestorben. „Dabei liegen die Seehunde beim Schlafen einfach schräg im Wasser und sinken langsam ab. Und immer wieder tauchen sie auf, um Luft zu holen.“
Und für das Wasser sind die Tiere auch gemacht: Ihr Körper ist torpedoförmig, sodass sie pfeilschnell schwimmen. Mit ihren Barthaaren können sie jede noch so kleine Bewegung wahrnehmen und ihre Beute blind finden, ihre Nasen- und Ohrenöffnungen lassen sich unter Wasser komplett verschließen. Beim Tauchen verlangsamt sich außerdem ihr Herzschlag, sodass sie weniger Sauerstoff verbrauchen und bis zu 40 Minuten unter Wasser bleiben können.
An Land sind Seehunde dafür eher unbeholfen unterwegs. Weil sie ihre Vorderbeine nicht unter sich ziehen können, bewegen sie sich nur robbend fort. Zudem sind sie kurzsichtig, da ihre Augen an die Brechkraft des Wassers angepasst sind.
Im Zoo in Augsburg trägt genau das zum Charme der Tiere bei. Die Besucher sind begeistert, als Baby Sao tollpatschig hinter seiner Mutter her robbt und sich in der Sonne zusammenrollt – für ein kleines Schläfchen, bevor er wieder im Wasser herumtollen kann.