Mittelschwaebische Nachrichten
Landwirtin wünscht Verständnis von Radfahrern
Die Wege, die zu den Feldern von Diana Mayer führen, sind bei Radlern beliebt. Manche Begegnung endet im Zorn
Schnuttenbach Zwei Fußgänger oben, ein Rad unten, und das auf blauem Grund. Darunter: „Landwirtschaftlicher Verkehr frei“. Liest man die Schilder, die auf dem asphaltierten Weg unweit des Reitvereins Offingen stehen, scheint die Sache eigentlich klar zu sein: Ein gemeinsamer Geh- und Radweg führt hier entlang, Landwirte dürfen ihn aber auch benutzen. Doch so klar scheint die Sache dann doch nicht zu sein.
Auf dem geteerten Weg vor den Feldern lehnt Diana Mayer an ihrem Traktor. Die 27-Jährige baut mit ihrer Familie Mais, Weizen und Hafer für ihr Milchvieh an. Ein Radfahrer im neongrünen Trikot fährt vorbei, grüßt auf Mayers „Hallo“zwar nicht zurück, sagt aber auch sonst nichts.
Die meisten Radfahrer seien freundlich und friedlich, betont sie. Aber rund zehn Prozent seien aggressiv, wenn die Landwirte mit ihren Fahrzeugen, seien es Traktoren oder Autos, auf den Wegen fahren oder stehen, um nach ihren Feldern zu sehen. Eine solche Situation habe sich vor einigen Wochen zugetragen, berichtet die 27-Jährige: Sie sei mit ihrem Freund Julius Eberhard im Auto „um den Hafer herum“am rechten Rand des Weges gefahren, als eine Familie – drei Kinder, eine Frau, ein Mann – auf Fahrrädern vorbeigekommen sei. Der Mann sei weiter weg von ihnen abgestiegen.
Julius Eberhard ergänzt, der Radfahrer habe sie auch gefragt: „Könnt ihr nicht auf der Straße fahren?“
Diana Mayer zufolge habe er sie dann unter anderem als „Wichser“beschimpft. Als sie ihm erklärt habe, dass sie Landwirtin sei und zu ihrem Feld müsse, habe er sie nur weiter beleidigt. „Das hat den gar nicht interessiert.“
Für die junge Frau nicht das erste Mal – und unerträglich. Das Problem sei nicht, betont sie, dass die Radfahrer nicht auf den Wegen fahren dürften. Das dürfen sie ja. Sondern dass das Verständnis und die gegenseitige Rücksichtnahme fehlten. „Wir fahren ja auch Fahrrad.“Gerade in diesem Jahr mit dem schlechten Wetter müssten die Landwirte in einem kleinen Zeitfenster von vier Tagen ernten und dafür raus aufs Feld, über die Wege. Dianas Vater, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, erzählt, dass auch Kollegen von ihm schon von Radfahrern beschimpft wurden.
Befragte Radfahrer auf der Strecke äußern teils Verständnis. Ein Burgauer, der seinen Namen auch nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt: „Ich meine, die müssen ja auch arbeiten. Es kommt darauf an, wie sie parken.
Auf dem Fahrradweg von Burgau nach Mindelaltheim hat ein Landwirt mit dem Odelfass mitten auf dem Weg geparkt. Warum – keine Ahnung.“Erst, als ein Fahrzeug entgegenkam, sei der Landwirt rechts rangefahren. Der 53-Jährige fügt noch hinzu, bevor er weiterfährt: „Aber ich glaube, im Großen und Ganzen funktioniert das. Die müssen ja auch noch auf die Felder kommen.“Ralf Mantwied aus Holzheim sagt: „Ich hab hier noch nie irgendetwas Negatives erlebt. Wenn jeder ein bisschen schaut, ist es kein Problem.“
Matthias Letzing ist Geschäftsführer der Günzburg/Neu-Ulmer Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands. Er bestätigt die Erfahrung von Diana Mayer: „Das gibt es sehr häufig.“Deshalb habe es bereits ein Gespräch mit dem ehemaligen Günzburger Landrat Hubert Hafner zur Widmung der Wege gegeben. Das Problem, sagt er: Die Radfahrer würden oft nur das blaue Schild sehen, nicht das darunter, dass Landwirte ebenfalls berechtigt, auf den Wegen zu fahren. Dabei hätten die Landwirte die Flächen für die Radwege hergegeben. Einige, nicht alle Radfahrer, beleidigten dann die Landwirte. „Gerade jetzt in der Urlaubszeit ist es heftig“, berichtet Letzing.
„Wir wollen nicht sagen: der böse Radfahrer“, betont er. Auch die überwiegende Zahl der Landwirte nehme Rücksicht. Um für gegenseitiges Verständnis zu werben, startete der Bayerische Bauernverband unter dem Titel „Rücksicht macht Wege breit“dieses Jahr eine Kampagne. Die Broschüre sensibilisiert zum Beispiel auch dafür, Hunde anzuleinen.
Dominic Geißler, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West berichtet, bei der Polizeiinspektion Burgau sei zumindest noch kein Fall bekannt, bei der die Polizei hinzugezogen wurde. Er unterstreicht: „Landwirtschaftlicher Verkehr“könne auch das Auto des Landwirts sein.
Die Polizei appelliere trotzdem an alle, den ersten Paragrafen der Straßenverkehrsordnung zu beherzigen. Der lautet: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“