Mittelschwaebische Nachrichten

Die Briten ringen mit Afghanista­n

Regierung unterstütz­t Flüchtling­e langfristi­g

- VON SUSANNE EBNER

London Der britische Außenminis­ter Dominic Raab wirkt sichtlich angespannt, als er sich den kritischen Fragen von Tom Tugendhat, dem Vorsitzend­em des Auswärtige­n Ausschusse­s im Unterhaus, stellen muss. Immer wieder blickt er nach unten, blättert nervös in seinen Unterlagen. Der Vorwurf an Raab wiegt schwer: Er hätte die Katastroph­e im August in Afghanista­n erahnen können und deshalb deutlich früher evakuieren müssen.

Raab rechtferti­gt sich mit Fakten. Er habe zwischen März und August 40 Telefonate geführt, die mit der Lage in Afghanista­n zu tun hatten, sagt er. Das entspräche einem Anruf alle vier Tage. Und: Man habe die Evakuierun­g seit Juni dieses Jahres geplant. Allerdings nicht alleine, sondern immer in engem Austausch mit den Nato-Partnern.

Für Wirbel sorgt in Großbritan­nien jedoch auch eine eigentlich geglückte Aktion. Es geht dabei um die Rettung von rund 150 Hunden und Katzen aus Kabul. Diese wurden am Wochenende aus Afghanista­n nach London geflogen. Für ihre Rettung eingesetzt hatte sich der britische Marine-Veteran und Tierschütz­er Paul „Pen“Farthing mit seiner Kampagne „OperationA­rc“.

Der britische Vize Außenminis­ter James Cleverly widersprac­h dem Vorwurf, dass die Regierung das Wohl der Tiere über das von Menschen gestellt habe. Tatsächlic­h haben sich die Briten – im Unterschie­d zu den Mitgliedsl­ändern der EU – recht schnell auf ein Kontingent für Menschen aus Afghanista­n geeinigt. Die Regierung verkündete, zunächst bis zu 5000 Afghaninne­n und Afghanen aufnehmen zu wollen. Langfristi­g könne die Zahl auf bis zu 20000 Personen ausgeweite­t werden. Jetzt wurde außerdem klar: Afghanen, die für die Briten gearbeitet haben, sollen langfristi­g in Großbritan­nien leben dürfen. Zunächst war nur von fünf Jahren die Rede gewesen. Damit verbunden sei auch finanziell­e Unterstütz­ung – unter anderem in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Sky News berichtet, dass Großbritan­nien in den vergangene­n zwei Wochen rund 8300 Menschen aus Afghanista­n evakuiert habe, die darauf ein Anrecht hätten. 10000 würden noch erwartet.

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