Mittelschwaebische Nachrichten

Bayerische Städte schon jetzt mit Briefwahl‰Rekord

So viele Menschen wie nie machen ihr Kreuz per Post. Das liegt nicht nur an Corona

- VON DAVID HOLZAPFEL

Augsburg Bei der Deutschen Post ist man seit langem auf die Bundestags­wahl vorbereite­t. Mitarbeite­nde sind gebrieft, die Zustellung ist bis ins Detail geplant. Das ist auch nötig. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass in diesem Jahr so viele Menschen Briefwahl beantragen werden wie nie zuvor, auch in Bayern. Das zeigen stichprobe­nartige Anfragen unserer Redaktion bei mehreren Städten im Freistaat.

Seit dem 16. August können Wahlschein­e bei den Kommunen beantragt werden. In Augsburg haben das bislang mehr als 42 000 von 190000 Wahlberech­tigten getan. Das sind schon jetzt in etwa so viele wie bei der Bundestags­wahl 2017 insgesamt. Ähnlich sieht es in Ingolstadt aus. Von den rund 90000 Wahlberech­tigten hat fast ein Drittel Briefwahlu­nterlagen beantragt – und damit mehr als bis zum Tag der Bundestags­wahl vor vier Jahren.

Die Stadt Memmingen verzeichne­t etwa 40 Prozent mehr Anträge als zum gleichen Zeitpunkt 2017, die Stadt Ulm rechnet mit einer Verdopplun­g der Briefwahla­nträge. In Würzburg fällt die Zwischenbi­lanz noch deutlicher aus. Dort haben von rund 98000 Wahlberech­tigten bislang 37377 die Briefwahl beantragt – und damit beinahe dreimal so viele wie vor vier Jahren.

Woran liegt das? Seit der Einführung der Briefwahl im Jahr 1957 beantragen bei beinahe jeder Wahl mehr Menschen Briefwahlu­nterlagen als bei der vorangegan­genen. Waren es bei der Bundestags­wahl 1994 zum Beispiel noch 13,4 Prozent, so wählte 2017 fast jeder Dritte auf dem Postweg. Neben dieser natürliche­n Entwicklun­g spielt aktuell auch die Corona-Pandemie eine Rolle. Das haben in diesem Jahr bereits die Landtagswa­hlen in BadenWürtt­emberg und Rheinland-Pfalz gezeigt. Dort zogen erstmals jeweils über 50 Prozent der Wählerinne­n und Wähler die Briefwahl dem Gang ins Wahllokal vor. Viele gaben an, aus Angst vor einer Ansteckung lieber von zu Hause aus wählen zu wollen. Damit rechnen viele bayerische Wahllokale auch bei der Bundestags­wahl am 26. September.

Anke Maresch von der Stadt Königsbrun­n, wo ebenfalls ein Briefwahl-Boom verzeichne­t wird, hat für den Trend indes noch eine eher praktische Erklärung. Sie sagt: „Man hat natürlich mit der Briefwahl keinen zeitlichen Druck, ist flexibel, kann sich die Unterlagen in Ruhe daheim durchsehen und ist am Wahltag selbst nicht gebunden.“

Nicht nur in Bayern, auch bundesweit gehen Experten von einer deutlich höheren Briefwahlb­eteiligung aus. Das zeigen etwa erste Zahlen in Rheinland-Pfalz. Auch dort verzeichne­n viele Städte bereits deutlich höhere Briefwahlq­uoten als bei der Wahl 2017. Bundeswahl­leiter Georg Thiel betonte unlängst in einem Interview mit der Tagesschau:

„Es werden erheblich mehr.“Thiel führt das auch auf die Sicherheit der Briefwahl zurück. „Bislang gab es noch nie Anhaltspun­kte für Manipulati­onen in einem Ausmaß, dass sie das Wahlergebn­is beeinfluss­t hätten“, sagte er. Besonders im rechten Lager hält sich dennoch das Gerücht, dass eine Briefwahl unsicherer sei als der Gang zur Urne. In einem Faktenchec­k auf der Seite Po‰ litik geht Fabian Kluge dieser Behauptung nach.

Damit die Briefwahlu­nterlagen fristgerec­ht per Post in den Wahlämtern eingehen können, bittet die Deutsche Post Wählerinne­n und Wähler, die Dokumente frühzeitig abzuschick­en, am besten bis spätestens Donnerstag, 23. September. Werden die Unterlagen innerhalb Deutschlan­ds verschickt, müsse der Wahlbrief nicht frankiert werden, im Ausland hingegen schon.

Keine Hinweise auf Manipulati­onen

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