Mittelschwaebische Nachrichten

Bahnstreik: So ist die Lage in der Region

Zum dritten Mal bestreiken die Lokführer der Gewerkscha­ft GDL Regionalba­hnen und die Fernzüge. Der Ausstand dauert noch bis zum Dienstag. Warum im Allgäu die Reisenden besonders selten vorankomme­n

- VON SUSANNE KLÖPFER

München Verspätung­en, Zugausfäll­e und Ersatzverk­ehr: Hunderttau­sende Pendler und andere Bahnreisen­de müssen zum dritten Mal viel Geduld haben. Viel Geduld. Diesmal streikt die Lokführerg­ewerkschaf­t bis Dienstag, 7. September, 2 Uhr. „In Bayern fällt ein Großteil der Züge aus. Der Ersatzfahr­plan läuft und sollte im Berufsverk­ehr halbwegs funktionie­ren“, sagte ein Sprecher der Lokführerg­ewerkschaf­t GDLBayern unserer Redaktion.

Der Ersatzfahr­plan sei am Donnerstag­morgen stabil angelaufen, teilte ein Bahnsprech­er mit. Dieser sehe vor, dass im Regionalve­rkehr 40 Prozent des regulären Fahrplans angeboten werden. Im Fernverkeh­r fahren etwa 25 Prozent der Züge. In München und Nürnberg fahren die S-Bahnen meist im Stundentak­t. Trotz des Streiks blieb die Lage im Berufsverk­ehr vielerorts morgens verhältnis­mäßig ruhig. Nur wenige Fahrgäste erkundigte­n sich laut dpa am Münchner Hauptbahnh­of nach Verbindung­en. Auch auf den bayerische­n Autobahnen und in der Landeshaup­tstadt war nicht ungewöhnli­ch viel Verkehr.

Besonders hart traf der Streik Pendler und Reisende im Allgäu. Großteil der Verbindung­en fiel flächendec­kend aus, wie der GDLSpreche­r sagte. Betroffen waren der Bereich Memmingen, Kempten, Buchloe und Lindau. Als Schienener­satzverkeh­r sollen einige Busse bis in den späten Donnerstag­abend eingesetzt werden. Besonders am Morgen und Abend müssen Fahrgäste mit Ausfällen im gesamten Allgäu rechnen. Grund dafür ist, dass Fahrdienst­leister streiken und dadurch in den Stellwerke­n weder Signale noch Weichen gestellt werden.

Am Augsburger Hauptbahnh­of war die Lage eher entspannt. Fahrgäste erreichten problemlos die Züge, die fuhren. Der Fugger-Ex

in Richtung München und die Strecke nach Nürnberg sind besonders betroffen, hieß es von der GDL. In Oberbayern kam es zu einigen Ausfällen: Auf der Strecke München–Ingolstadt und München–Garmisch-Partenkirc­hen fuhren stündlich Züge. Der Flughafene­xpress von Landshut zum Münchner Flughafen fuhr ebenfalls kaum.

Nicht bestreikt werden von der GDL Konkurrent­en der Deutschen Bahn. Allerdings sind auch bei ihnen Einschränk­ungen infolge der Streiks möglich, da es – wie im Allgäu – zu Komplikati­onen im Schienenne­tz kommen kann: Wenn auch Fahrdienst­leiter in den Streik treten würEin den. Beispielsw­eise könnten die Stellwerke auf den Strecken der Bayerische­n Regiobahn (BRB) betroffen sein. Das würde Verspätung­en und Zugausfäll­e bei den anderen Unternehme­n bedeuten.

Was müssen Reisende für den Bahnstreik wissen? Fahrgäste sollten sich über die Reiseausku­nft auf der Website oder über die BahnApp informiere­n, welche Züge fahren. Die DB empfiehlt ihren Kunden, die Reisen nach Möglichkei­t weiterhin zu verschiebe­n. Alle gebuchten Fahrkarten des Fernverkeh­rs für Strecken, die bis 7. September vom GDL-Streik betroffen sind, behalten ihre Gültigkeit. Sie können bis 17. September flexibel genutzt werden. Bei Sparpreise­n und Super Sparpreise­n ist die Zugbindung aufgehoben.

Die GDL-Mitglieder streiken für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbed­ingungen. Unter anderem verlangen sie eine Corona-Prämie von 600 Euro und 3,2 Prozent mehr Geld in zwei Stufen. Die Bahn will die Erhöhung nach den CoronaVerl­usten über eine längere Zeit strecken. Dahinter schwelt in der Belegschaf­t ein Streit zwischen GDL und der größeren Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft EVG darum, wer letztlich die Tarifverpr­ess träge mit dem Unternehme­n maßgeblich aushandelt.

Der festgefahr­ene Tarifkonfl­ikt zwischen der Bahn und der Lokomotivf­ührergesel­lschaft GDL geht in die nächste Runde. Ist der Streik der GDL bei der Deutschen Bahn verhältnis­mäßig? Darüber hatte am Donnerstag die Justiz zu entscheide­n. Die DB hatte beim Arbeitsger­icht Frankfurt am Main einen Antrag auf einstweili­ge Verfügung gegen den Arbeitskam­pf gestellt. „Das Streikrech­t ist ein hohes Gut. Allerdings sind Streiks nur dann zulässig, wenn sie sich im Rahmen des geltenden Rechts bewegen. Das ist nach unserer Auffassung bei den Streiks der GDL nicht der Fall“, so DB-Personalvo­rstand Martin Seiler. Und weiter: „Wir haben jetzt das dritte verbessert­e Angebot vorgelegt – ohne dass die GDL ernsthaft mit uns in Verhandlun­gen eingetrete­n wäre.“

Auch den Vorschlag, mithilfe eines Schlichter­s oder Moderators nach einer Lösung zu suchen, habe die Gewerkscha­ft abgelehnt. Im Interesse der Kunden und Mitarbeite­nden habe der Konzern nun handeln müssen und werde die Streiks deshalb rechtlich überprüfen lassen. Das Gericht lehnte den Antrag am Donnerstag jedoch ab.

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Foto: Matthias Becker Keine guten Aussichten: In der Region – wie hier in Kempten – fielen auch gestern wieder fast alle Züge aus.

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