Mittelschwaebische Nachrichten
Kimmich und der Abiball vor acht Jahren
Mit dieser Antwort hatte wohl kaum einer gerechnet. Joshua Kimmich war gefragt worden, welche Bedeutung für ihn die Rückkehr nach Stuttgart habe. Dorthin, wo er beim ortsansässigen Fußballklub VfB seine Jugendzeit verbracht hat. Am Sonntag wird er im VfB-Stadion mit der Nationalmannschaft gegen Armenien spielen, schon die gesamte Woche verbringt der DFB-Tross im Waldhotel. Nun hätte Kimmich von seiner Zeit beim VfB schwärmen können, von einer Rückkehr, die nostalgische Gefühle bei ihm wecke. Kimmich aber musste zuerst an seinen Abiball vor acht Jahren denken. Der hatte nämlich genau dort stattgefunden, wo er auch am Mittwoch in der Pressekonferenz saß. In einem Veranstaltungsraum des Waldhotels. Schöne Erinnerungen seien das, sagte Kimmich.
Dabei blieben allerdings etliche Fragen offen: Mit wem schwang er damals das Tanzbein, wenn er es überhaupt tat. Oder war Kimmich eher der Typ, der vom Rand zusah, wie sich die anderen auf der Tanzfläche abmühten? Nur weil er ein begnadeter Fußballer ist, muss er ja nicht das gleiche Talent für Walzer oder Slow Foxtrott haben. Körpergefühl und Ausdrucksstärke auf dem Fußballplatz bedeuten nicht gleich unbeschwertes Hinweggleiten auf der Tanzfläche. Oder schlummern da Talente im Mittelfeldchef, die bislang unentdeckt blieben? Womöglich ist das Tanzen eine Kunstform, die auch im Kreise der Nationalmannschaft zelebriert wird. Ein Manuel Neuer etwa am Abend im Hotel am Klavier, der den Takt vorgibt, zu dem Thomas Müller kunstvoll seine Hüften schwingt. Immerhin sind ja Freudentänze im Fußball nicht ganz unbekannt. Dumm nur, dass die Nationalelf zuletzt wenig Grund hatte, siegestrunken einen ordentlichen Disco Fox hinzulegen.
Über seine Fähigkeiten als Tänzer also schwieg Kimmich. Über sein Talent als Handwerker nicht. Im Lockdown habe er versucht, eine Bank und einen Sandkasten zu bauen. Beides sei eher Murks geworden, mit Schwachstellen, die der TÜV so nie akzeptieren würde. Gut, dass Kimmich eine andere Beschäftigung gefunden hat. Als Fußballer läuft es ja ganz ordentlich.