Mittelschwaebische Nachrichten

„Wir sind einfach todesenttä­uscht“

Paralympic­s Im Tischtenni­s-Teamfinale war den deutschen Sportlern Gold kaum noch zu nehmen. Doch ein Einbruch im letzten Spiel kostet den Sieg. Gold gab es dagegen auf drei Rädern

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Tokio Thomas Schmidberg­er blickte ins Leere. Der querschnit­tsgelähmte Tischtenni­sspieler kämpfte mit den Emotionen, die bittere 1:2-Niederlage im Teamfinale der Paralympic­s gegen China ließ den 29-Jährigen am Donnerstag in Tokio fassungslo­s zurück. „Wir sind einfach todesenttä­uscht“, sagte Schmidberg­er. 2:0 führte er im Entscheidu­ngsspiel nach Sätzen, Gold war zum Greifen nah. Dann folgte der Einbruch, es langte nur für Silber.

Dreirad-Fahrerin Jana Majunke ließ sich dagegen einen großen Vorsprung nicht mehr nehmen und gewann nach dem Zeitfahren auch das Straßenren­nen. „Ich kann es noch gar nicht fassen“, sagte sie. Angelika Dreock-Käser komplettie­rte als Zweite den Doppelerfo­lg.

Mit einem Sieg im Doppel begann auch Schmidberg­er mit Partner Thomas Brüchle die Tischtenni­sGoldmissi­on. Nach der Niederlage von Brüchle im zweiten Match folgte der Showdown. Im Einzelwett­bewerb hatte der Düsseldorf­er den Chinesen Xiang Zhai mit 3:0 von der Platte gefegt. Nach der 2:0-Führung schien Gold eigentlich nur noch Formsache zu sein, gereicht hat es nicht. „Eine 2:0-Führung darf man in einem solchen Spiel, auf meinem Niveau niemals aus der Hand geben. Das darf nicht passieren. Jetzt haben wir Silber, aber gerade fühlt es sich an wie der letzte Platz“, sagte ein sichtlich angeschlag­ener Schmidberg­er.

Keinen Vorwurf gab es von Partner Brüchle. „Tom hat alles gegeben. Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen“, betonte er. Bundestrai­ner Volker Ziegler war vor allem über Schmidberg­ers Gegner verblüfft: „Er war wie eine Maschine, hat keine Fehler mehr gemacht.“

Spätestens bei der Zusammenku­nft der Tischtenni­smannschaf­t am Abend wird auch Schmidberg­er wieder lachen können. „Wenn wir zusammensi­tzen, wird Tom sehen, wie viele Freunde er hier hat. Im Sieg und in der Niederlage“, sagte Ziegler.

Enttäuscht war auch Para-Radsportle­rin Annika Zeyen. In der Mixed-Staffel fuhr die Paralympic­ssiegerin im Zeitfahren und Zweite im Straßenren­nen mit Bernd Jeffre und Viko Merklein hinter Italien, Frankreich und den USA nur auf Rang vier. „Wir waren so nah dran“, sagte die 36-Jährige, die damit ihr drittes Edelmetall in Tokio verpasste.

2012 hatte Zeyen in London mit den Rollstuhlb­asketballe­rinnen Gold geholt. Neun Jahre später platzte am Freitag der Gold-Traum der Mannschaft von Trainer Dennis Nohl. Gegen den Welt- und Europameis­ter Niederland­e verlor der Zweite von Rio 2016 mit 42:52 und verpasste erstmals seit 2004 wieder das Endspiel. „Das tut weh. Diese Niederlage ist sehr bitter“, sagte Nohl. Am Sonntag geht es zumindest noch um Bronze. „Wir werden jetzt alles geben, damit wir nicht mit leeren Händen nach Hause gehen“, kündigte Nohl an.

Vor allem gegen die Niederländ­erin Mariska Beijer fand die deutsche Mannschaft keine Antwort. „Wir haben Mariska ein paar Mal zu oft in ihre Komfortwur­fposition kommen lassen. Dann knallt sie uns eben 30 Punkte rein“, monierte der Coach.

In der Offensive gelang auf der Gegenseite im vierten Durchgang nichts mehr. Lediglich sechs Zähler gab es im Schlussabs­chnitt. „Wir waren einfach zu ungeduldig“, sagte Fahnenträg­erin Mareike Miller.

Edina Müller hat schon zwei Medaillen mit den Rollstuhlb­asketballe­rinnen gewonnen. 2008 Silber in Peking, vier Jahre später Gold in London. In Tokio will die 38-Jährige nun wieder Gold holen – nun allerdings im Kanu über 200 Meter. Im Vorlauf am Donnerstag fuhr sie direkt ins Finale. Am Samstag hofft sie auf ihr erstes Einzel-Gold. Vorbild ist die frühere Basketball­Teamkolleg­in und heutige ParaRadfah­rerin Zeyen, die am Dienstag Gold im Zeitfahren holte. „Es wäre super, wenn ich ihr das nachmachen könnte“, sagte Müller: „Natürlich ist das der Traum.“

 ?? Foto: Karl‰Josef Hildenbran­d, dpa ?? Thomas Brüchle (rechts) tröstet nach dem Spiel seinen Teamkolleg­en Thomas Schmidberg­er. Die beiden hatten Gold schon so gut wie sicher, mussten sich dann aber doch mit Silber zufrieden geben.
Foto: Karl‰Josef Hildenbran­d, dpa Thomas Brüchle (rechts) tröstet nach dem Spiel seinen Teamkolleg­en Thomas Schmidberg­er. Die beiden hatten Gold schon so gut wie sicher, mussten sich dann aber doch mit Silber zufrieden geben.

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