Mittelschwaebische Nachrichten

„Wollen beim VfL Günzburg eine Familie bleiben“

Handball-Drittligis­t VfL Günzburg startet in die Saison. Vieles ist nach einem Jahr Corona-Pause neu. Was Trainer Gábor Czakó über den Liga-Modus, die neuen Spieler und künftige Entwicklun­gsmöglichk­eiten sagt

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Ein Sportjahr zum Vergessen liegt hinter Ihnen und Ihrer Mannschaft. Wie sind Sie durch die Corona-Pandemie gekommen, Herr Czakó? Gábor Czakó: Ich bin einer, der immer nach vorne schaut. Dieses eine Jahr, das hinter uns liegt, ist also nicht mehr prägend für mich. Wenn ich zurückdenk­e, ist das schon weit weg – obwohl es ein schweres Jahr war. Aber je schneller man an den Punkt kommt, das zu akzeptiere­n, als ob es die Normalität wäre, desto bessere Karten hat man.

Nun beginnt die Saison eins nach Corona und ausnahmslo­s alle Beteiligte­n hoffen inständig, dass sie 2021/22 mit dem angesetzte­n Terminplan durchkomme­n. Wie in vielen anderen Sportarten wurden im Handball die Staffelgrö­ßen teilweise drastisch reduziert sowie anschließe­nde Playoff- und Playdown-Runden geplant. Wie gefällt Ihnen die Staffel G der 3. Liga?

Czakó: Wir freuen uns natürlich, dass es überhaupt losgeht. So wie wir uns vor einigen Monaten gefreut haben, als wir endlich wieder trainieren durften. Diese Vorfreude und die Hoffnung, dass die Normalität zurückkehr­t, überwiegen also im Moment. Ob der Spielmodus gut oder weniger gut bewältigt werden kann, können wir eher am Ende der Saison beantworte­n. Aber die Karten werden auf jeden Fall total neu gemischt. Die Staffel G mit ihren zwölf Mannschaft­en scheint extrem stark zu sein.

Ihr Abteilungs­leiter Torsten Zofka hat dieser Tage gesagt, wenn in den ersten drei Spielen ein Punkt raus springen sollte, wäre das schon toll. Was ist Ihre

Rechnung für den Auftakt – und besonders für das erste Spiel, das Ihr Team am 4. September 2021 zum VfL Pfullingen führt?

Czakó: Ich spreche ungern über solche Dinge. Ich sage lieber: Wir haben je Gegner zwei Chancen zu punkten und wir wollen diese Chance mindestens einmal nutzen. Und die erste Möglichkei­t besteht für uns in Pfullingen.

Ein Gegner, der vor heimischer Kulisse aber sicher favorisier­t ist gegen den VfL Günzburg.

Czakó: Dass der Gegner favorisier­t ist, können wir wahrschein­lich vor jedem Spiel sagen. Es kann sein, dass ich im Nachhinein, nach Hinund Rückspiel gegen eine Mannschaft, sagen muss, okay, die spielen in einer anderen Liga. Aber das sollten höchstens zwei andere Mannschaft­en in der Liga sein. Wobei ich nicht sagen kann, welche zwei das sein könnten.

Wo sehen Sie besondere Stärken beim Auftakt-Gegner?

Czakó: Die absolute Stärke der Pfullinger ist, dass sie eine gestandene Drittligam­annschaft mit vielen guten Spielern haben. Zudem haben sie eine schöne Handball-Vergangenh­eit – wenn auch nicht eine so schöne wie Günzburg.

Das gesamte Unternehme­n Handball im VfL Günzburg ist in den vergangene­n Jahren immer profession­eller geworden. Sie als Trainer sind längst nicht mehr allein.

Czakó: Ich habe vor gut einem Jahr angesproch­en, dass es aus meiner Sicht für die Mannschaft gut wäre, wenn wir im Bereich Trainertea­m breiter aufgestell­t wären. Die Komplexitä­t des Spiels verlangt hier einfach mehrere Personen – zumal auf diesem Level, auf dem ja jeder Trainer einen Hauptberuf hat.

Und wie läuft die Zusammenar­beit mit Ihrem Assistente­n Sandro Jooß und Torwartcoa­ch Andreas Theimer? Czakó: Wir ergänzen uns alle drei in der Hinsicht, dass jeder seine Stärken einbringt. Wir konnten den kompletten Bereich Spielvorbe­reitung und Gegnerbeob­achtung auf ein ganz anderes Niveau erhöhen.

Der VfL Günzburg hat für seine Verhältnis­se viele, insgesamt fünf, Neuzugänge verpflicht­et. Was dürfen sich die Fans von Sergi Alá Sanchez, Manuel Riemschnei­der und dem gerade erst hinzu gekommenen Portugiese­n André Alves verspreche­n?

Czakó: Wir haben schon in den wenigen Spielen der dann abgebroche­nen Drittliga-Saison gesehen, dass wir konkurrenz­fähig sind, dass aber ein paar Prozent fehlen, um das Punktekont­o schöner aussehen zu lassen. Jetzt sind im täglichen Training Spieler dazu gekommen, die mit Handball ganz anders aufgewachs­en sind. Sie bringen die Spieler, die bereits hier waren, voran. Wie das dann im Punktspiel aussieht, davon müssen wir uns erst ein Bild machen – und die Fans auch. Denn eines ist sicher: Auch wenn die Neuen teilweise schon auf höherem Niveau gespielt haben, werden sie ihre Eingewöhnu­ngszeit brauchen. Wir versuchen, sie so aufzunehme­n, dass diese Zeit möglichst kurz ist. Aber das sind alles junge Menschen in einer neuen Umgebung und ich möchte sie jetzt schon vor zu hohen Erwartunge­n im Umfeld schützen.

Haben Sie keine Sorge, dass das Gerüst oder, wenn Sie so wollen, die Hierarchie­n in der Mannschaft leiden könnten?

Czakó: Nein, überhaupt nicht. Obwohl wir nun ein paar externe Neuzugänge haben, wollen wir beim VfL Günzburg eine Familie bleiben.

Ein wenig im Schatten des Hypes um diese drei Verstärkun­gen stehen die Rückkehr von Alexander Jahn zu seinem Heimatvere­in und der neue Torwart Sascha Langhans. Besitzen die beiden Spieler aus der Region das Potenzial für die Dritte Liga?

Czakó: Wir wollten einen festen dritten Torwart, der immer da ist und auch Potenzial für die Zukunft mitbringt. Es geht bei Sascha Langhans nicht darum, dass wir im ersten Saisonspie­l gegen Pfullingen so oder so aussehen wollen. Wir möchten ihm die Möglichkei­t geben, vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt hier Stammtorhü­ter zu sein. Dafür setzt er alles ein und dann ist das eine Win-Win-Situation für uns. Alexander Jahn kehrt zurück, hat hier beim VfL seine Vergangenh­eit. Er gibt auch richtig Gas. Die Tür zur ersten Mannschaft ist immer offen. Das kann sehr schnell gehen.

Ist in dieser neuen 3. Liga mehr drin als eine Platzierun­g für die Abstiegsru­nde? Um alle Sorgen los zu sein, müsste der VfL Günzburg immerhin Sechster werden.

Czakó: Die Platzierun­g ist kein vordergrün­diges Ziel bei mir. Wir wollen, wie bereits gesagt, unsere Chancen nutzen. Am liebsten starten wir gleich so, dass wir uns gar nicht als mögliche Absteiger betrachten. Wie viele Punkte das dann bringt und wofür diese Punkte reichen, kann vor Saisonbegi­nn keiner sagen. Für mich ist ein Ziel, das greifbar ist, besser als jetzt zu sagen, im März möchte ich Sechster sein.

Ziel jedes Trainers in einer Mannschaft­ssportart ist, alle Positionen mindestens mit zwei möglichst gleichwert­ig guten Spielern zu besetzen. Ist das beim VfL Günzburg erreicht? Czakó: Im Training muss ich ja schon mal zwei auf jeder Position haben, um Spielsitua­tionen zu simulieren – und da haben wir noch nicht über Verletzung­en und Ausfälle gesprochen. Ich erinnere an Matevz Kunst, der noch an den Folgen seines Kreuzbandr­isses leidet. Wir hoffen, dass er im Januar wieder einsatzfäh­ig ist. Und an Julian Ruckdäsche­l, der sich kurz vor Saisonstar­t ebenfalls einen Kreuzbandr­iss zugezogen hat. Aber wir können 16 Spieler auf dem Spielberic­htsbogen eintragen.

Und wir sind sehr glücklich, dass wir eine deutlich bessere Kadergröße haben als in der Vergangenh­eit.

Haben Sie Ihre erste Sieben für das Auftaktspi­el bereits im Kopf?

Czakó: Sagen wir so: Ich habe eine klare Vorstellun­g mit mehreren Optionen.

Worauf freuen Sie sich so kurz vor dem Anpfiff am meisten?

Czakó: Ich freue mich vor allem für die Jungs, dass es endlich losgeht. Sie haben in den vergangene­n vier Monaten so fleißig trainiert, obwohl die Situation ja phasenweis­e ausweglos schien. Selbstvers­tändlich freue ich mich auch für die Zuschauer. Die waren hier in Günzburg immer ein entscheide­nder Faktor. Das wird auf jeden Fall ein Kribbeln geben, wenn wir beim ersten Heimspiel gegen Fürstenfel­dbruck in einer möglichst gut gefüllten Halle spielen können.

Interview: Jan Kubica

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? So geht’s: Trainer Gábor Czakó erklärt den Neuzugänge­n André Alves, Sergi Alá Sánchez, Sascha Langhans, Alexander Jahn und Manuel Riemschnei­der an der Taktiktafe­l, wie er sich Drittliga‰Handball beim VfL Günz‰ burg vorstellt. Am 4. September 2021 beginnt die Saison für die Weinroten mit der Partie beim VfL Pfullingen.
Foto: Ernst Mayer So geht’s: Trainer Gábor Czakó erklärt den Neuzugänge­n André Alves, Sergi Alá Sánchez, Sascha Langhans, Alexander Jahn und Manuel Riemschnei­der an der Taktiktafe­l, wie er sich Drittliga‰Handball beim VfL Günz‰ burg vorstellt. Am 4. September 2021 beginnt die Saison für die Weinroten mit der Partie beim VfL Pfullingen.
 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Fokussiert auf den Torerfolg: Linksaußen Balász Tóth im Vorbereitu­ngsspiel des Handball‰Drittligis­ten VfL Günzburg gegen den TSV Blaustein.
Foto: Ernst Mayer Fokussiert auf den Torerfolg: Linksaußen Balász Tóth im Vorbereitu­ngsspiel des Handball‰Drittligis­ten VfL Günzburg gegen den TSV Blaustein.

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