Mittelschwaebische Nachrichten

Sie belegt eine „Marktlücke“in der FDP

Anke Hillmann-Richter setzt sich für Alterssich­erung, Freiheitsr­echte und Frauen in der Wirtschaft ein. So ist die FDP-Kandidatin in die Politik gekommen

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Sie ist keinen geraden Weg gegangen, nicht im Beruf und auch nicht in der Politik. Anke HillmannRi­chter ist überzeugt, dass sie davon profitiert: Weil sie Erfahrunge­n gemacht hat, die anderen fehlen. Und sie ist überzeugt, dass sie mit dieser Laufbahn nicht überall so weit kommen könnte wie jetzt bei den Liberalen. Die 48-Jährige, die für den Wahlkreis 255 Neu-Ulm in den Bundestag will, sagt über sich: „Ich belege eine Marktlücke in der FDP.“

Hillmann-Richter ist Führungskr­aft im Landratsam­t Alb-DonauKreis, Fachdienst­leiterin Zentrale Dienste/Sozialplan­ung. Davor arbeitete sie mehr als ein Vierteljah­rhundert lang für die Deutsche Rentenvers­icherung, zuletzt als Teamleiter­in. Neben der wirtschaft­lichen Sichtbarke­it von Frauen liegt der FDP-Politikeri­n ein Thema politisch besonders am Herzen, das sie auch beruflich begleitet hat: Alterssich­erung. Die aktuellen Ansätze hält sie für falsch – mit der nicht für alle Menschen möglichen Rente mit 63 habe die SPD eine unvorberei­tete Kehrtwende zu ihrer eigenen früheren Entscheidu­ng vollzogen, dass Menschen bis 67 arbeiten sollen. Die Grundrente von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil bezeichnet sie als „Mist“, weil sie keine neuen Vorteile bringe, aber zusätzlich­e Bürokratie schaffe. Anke Hillmann-Richter wirbt für die gesetzlich­e Aktienrent­e, einen FDP-Vorschlag: Ein Teil des Beitrags für die gesetzlich­e Rente, nämlich zwei Prozent des Bruttoeink­ommens, soll in Aktien angelegt werden. Die Aktienanla­ge soll einerseits die Renten auch für Geringverd­iener sichern, zum anderen hofft Hillmann-Richter auf einen Bildungsef­fekt: „Man bringt die Menschen auf einem ganz anderen Level dazu, sich damit zu beschäftig­en“, sagt sie.

Bildung liegt der Ulmerin nicht nur beim Blick auf die Alterssich­erung am Herzen. Sie ist überzeugt, dass die Digitalisi­erung in den Schulen voranschre­iten muss. Und sie betont, dass es dort keine neuerliche­n coronabedi­ngten Schließung­en geben dürfe. Ihr Mann habe sich in den vergangene­n Monaten um das Homeschool­ing bei den drei Söhnen gekümmert, am Ende seien alle auf dem Zahnfleisc­h dahergekom­men – so wie es auch in sehr vielen anderen Familien gewesen sei. Überhaupt Corona. Anke Hillmann-Richter sagt zwar: „Ich habe hohen Respekt vor all denen, die in den letzten Monaten Entscheidu­ngen treffen mussten.“So weitergehe­n wie zuletzt dürfe es aber nicht mehr: „Wir halten es verdammt noch mal nicht noch mal durch.“

Die 48-Jährige ist den Freien Demokraten 2008 beigetrete­n, politisch aktiv ist sie seit 2019. Vorher sei angesichts des Vollzeit-Jobs, den sie für ihr spätes Politik-Fernstudiu­m um zehn Prozent reduzierte, und der Familie keine Zeit gewesen. Dass sich Anke Hillmann-Richter nach der Kandidatur auf Platz zwei der Ulmer FDP-Gemeindera­tsliste vor zwei Jahren nun um einen Sitz im Bundestag bewirbt, liegt auch an der Pandemie. Die FDP-Frau setzt auf Freiheit. „Dass ich so leben kann, wie ich möchte“, formuliert sie. Der Staat sei dafür da, die Grundrecht­e zu garantiere­n. Dass es Einschränk­ungen gegeben habe, sei nachvollzi­ehbar. Aber nun müsse es anders weitergehe­n, fordert Anke Hillmann-Richter, die sich bei aller Kritik von der Querdenker-Szene abgrenzt: „Doppelt geimpft“, sagt die 48-Jährige über sich.

Als der Wahlkreis Ulm den amtierende­n Bundestags­abgeordnet­en

Alexander Kulitz als Kandidaten benannte, sei sie gedanklich noch nicht so weit gewesen, berichtet Anke Hillmann-Richter. Als die Parteifreu­nde aus Neu-Ulm, Günzburg und dem Unterallgä­u wenige Monate später nach Bewerberin­nen und Bewerbern suchten, war das anders. Die Ulmerin trat an und setzte sich durch. „Ich kann mit dem Fahrrad in meinen Wahlkreis fahren“, sagt sie und betont die starke länderüber­greifende Zusammenar­beit der Region. Wer wo wohne, sei nicht so wichtig.

Anke Hillmann-Richter ist auch bewusst, dass die Konkurrenz im Wahlkreis groß ist. Doch die Ulmerin bezeichnet sich als Optimistin: „Wenn ich mir etwas wünsche, kann ich es schaffen.“Vor allem aber wolle sie zeigen, was ihre Partei und sie zu bieten hätten. Dass die FDP keine kaltherzig­e Politik für Besserverd­iener mache – wie ein altes Klischee besagt –, sondern an Bildung, Zukunftssi­cherung und Rente denke. Und dass sie selbst eben eine „Marktlücke“in ihrer Partei belegt: „Sozialpoli­tik machen nicht sehr viele.“

Und nach der Wahl? Soll die FDP mitregiere­n, mit wem soll sie koalieren? „Wir müssen nicht auf Teufel komm raus. Wir kennen unsere Kompetenze­n, und die wollen wir einbringen.“Das Finanzmini­sterium jedenfalls müsse unbedingt an die Freien Demokraten gehen, meint Anke Hillmann-Richter.

 ?? Foto: Andreas Brücken ?? Anke Hillmann‰Richter aus Ulm tritt als Direktkand­idatin der Freien Demokraten bei der Bundestags­wahl 2021 an. Sie belege in ihrer Partei eine sozialpoli­tische „Marktlücke“, sagt sie.
Foto: Andreas Brücken Anke Hillmann‰Richter aus Ulm tritt als Direktkand­idatin der Freien Demokraten bei der Bundestags­wahl 2021 an. Sie belege in ihrer Partei eine sozialpoli­tische „Marktlücke“, sagt sie.

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