Mittelschwaebische Nachrichten

Weg in die Selbststän­digkeit endet vor Gericht

Warum der Inhaber einer Firma gegen eine Gewerbeunt­ersagung des Landratsam­ts Günzburg klagte

- VON WOLFGANG KAHLER

Augsburg Der Weg in die berufliche Selbststän­digkeit kann durchaus mit Fallstrick­en gespickt sein. Diese Erfahrung musste ein Mann machen, der auf eine eigene Reinigungs­firma setzte – und damit vor dem Augsburger Verwaltung­sgericht eine Bruchlandu­ng erlebte. Die Juristen wiesen die Klage des Mannes gegen die Gewerbeunt­ersagung des Landratsam­tes Günzburg ab. Dabei hatte Andreas Endres, Vorsitzend­er der 5. Kammer, sogar noch geduldig auf den Kläger gewartet. Doch selbst nach verspätete­m Beginn der Verhandlun­g glänzte der Mann aus dem nördlichen Landkreis durch Abwesenhei­t, ein anwaltlich­er Vertreter war ebenfalls nicht zugegen. Doch um was geht es bei diesem Verfahren?

Vor circa drei Jahren hatte der Kläger einen Dienstleis­tungsbetri­eb für die profession­elle Reinigung von Höfen, Mauern und Zäunen begonnen. Aber dann tauchten bereits die ersten Schwierigk­eiten auf. Denn bis Mitte des folgenden Jahres waren schon knapp 10.000 Euro Gewerbeste­uerrücksta­nd aufgelaufe­n, wie Richter Endres informiert­e. Eine Auskunft über die Vermögensv­erhältniss­e,

der frühere Offenbarun­gseid wegen einer Vollstreck­ung des Betrags, unterblieb. Das war nicht das einzige Hindernis. Beim Finanzamt Günzburg hatten sich bis 2019 Steuerrück­stände plus Säumniszus­chläge von immerhin knapp 30.000 Euro angesammel­t. Nach einer schriftlic­hen Erklärung des Klägers habe er mit dem Finanzamt eine Ratenzahlu­ng über monatlich 350 Euro vereinbart. Eine korrekte Steuererkl­ärung war bisher nicht erfolgt, die Forderunge­n des Finanzamte­s basieren auf Umsatzschä­tzungen.

Das Landratsam­t erließ aufgrund der vorliegend­en Umstände, die eine Unzuverläs­sigkeit des Firmeninha­bers ergeben, Anfang 2019 eine Verfügung zur Gewerbeunt­ersagung. Bei einem telefonisc­hen Kontakt zwischen der Kreisbehör­de und dem Kläger habe dieser eine Ratenzahlu­ng für die Gewerbeste­uerrückstä­nde bei der zuständige­n Stadtverwa­ltung

in Aussicht gestellt. Für die Gewerbeerl­aubnis reichte dies aber immer noch nicht. Die Nachfrage des Landratsam­tes bei Stadt und Finanzamt ergab, das die Ratenzahlu­ng für die Gewerbeste­uer nicht funktionie­rte. Ein Steuerbera­ter, der die Finanzen des Mannes auf Vordermann bringen sollte, hatte entgegen der Ankündigun­g seine Arbeit nicht aufgenomme­n. Bis Anfang 2020 waren dann schon bei Finanzamt und Stadt offene Steuerrück­stände in Höhe von mehr als 60.000 Euro angefallen.

Die Kreisbehör­de machte jetzt Ernst: Innerhalb von zwei Monaten muss der Selbststän­dige seinen Gewerbebet­rieb bei Androhung eines Zwangsgeld­es von 1500 Euro einstellen, da Tatsachen vorlägen, die auf Unzuverläs­sigkeit des Firmeninha­bers schließen ließen, wie der Vorsitzend­e Richter in der Verhandlun­g ausführte.

Gegen den entspreche­nden Bescheid klagte der Mann beim Verwaltung­sgericht, ohne dass dafür bisher eine erklärende Begründung nachgereic­ht worden wäre. Die Kammer hatte nun in mündlicher Verhandlun­g zu prüfen, ob die Gewerbeunt­ersagung zu Recht erfolgt ist.

Es handelt sich laut Richter um eine „einfache Untersagun­g“, die sich nur auf den beantragte­n Geschäftsz­weig bezieht. Die selbststän­dige Tätigkeit kann untersagt werden, wenn eine mangelnde wirtschaft­liche Leistungsf­ähigkeit über einen längeren Zeitraum vorliege. Überdies könne bei den aufgelaufe­nen Rückstände­n die Frage der Überschuld­ung in Betracht kommen, so Richter Endres.

Das Urteil der Kammer war eindeutig: Die Klage wird abgewiesen, der Streitwert wurde auf 15.000 Euro festgesetz­t, der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, die laut Vorsitzend­em Richter einen knapp vierstelli­gen Betrag ausmachen dürften.

Die Zahl solcher Gewerbeunt­ersagungen habe trotz der CoronaPand­emie nicht wesentlich zugenommen, wie Richter Endres gegenüber unserer Redaktion erklärte, sondern bewege sich bei geringen Schwankung­en auf vergleichb­arem Niveau der Vorjahre. Der vor Gericht mit seiner Klage gescheiter­te Firmeninha­ber könnte nun auf einem anderem Betätigung­sfeld einen Neustart versuchen, vorausgese­tzt, er kommt dann seinen steuerlich­en Pflichten nach.

 ?? Foto: Claudia Hamburger (Archivbild) ?? Das Verwaltung­sgericht Augsburg lehnte die Klage eines Unternehme­rs aus dem Kreis Günzburg ab.
Foto: Claudia Hamburger (Archivbild) Das Verwaltung­sgericht Augsburg lehnte die Klage eines Unternehme­rs aus dem Kreis Günzburg ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany