Mittelschwaebische Nachrichten
Wie ein ambitionierter Vater enttäuscht wurde
Der Kirchenmusiker Cesar Franck (1822-1890) wollte kein Konzertpianist werden, wie es sein Vater eigentlich für ihn vorgesehen hatte.
Cesar Franck zählt zu den bedeutendsten Kirchenmusikern des 19. Jahrhunderts. 1822 wurde er in Lüttich geboren. Der Vater kam aus Flandern und die Mutter aus Aachen. Cesar Auguste zeigte schon früh ein musikalisches Talent, das vom Vater gezielt gefördert wurde. Er hatte die Vorstellung von einem Wunderknaben, mit dem er auf Konzertreisen gehen könnte. Der drei Jahre jüngere Sohn Joseph wurde an der Violine ausgebildet. Der Vater scheute keine Kosten, um seine Söhne bei herausragenden Musikern in die Lehre zu schicken. 1838 zog die Familie nach Paris, um den Söhnen das Studium an dem dortigen Konservatorium
zu ermöglichen. Damals lernte Cesar Franck Liszt kennen, der sein Freund und Förderer wurde. Der Vater bestimmte den Werdegang der Söhne. Joseph beugte sich, nicht so Cesar. Es kam 1846 zum Bruch mit dem Vater, weil er sich ohne Zustimmung des Vaters mit einer seiner Schülerinnen verlobt hatte, außerdem wollte er nicht länger als Pianist tätig sein. Der Vater war verbittert. Er teilte dem Sohn mit, dass er darauf bestehe, dass Cesar das Geld zurückzahle, das er für seine Ausbildung aufgebracht habe.
Cesar schlug sich nun als Klavierlehrer durch. Er übernahm Organistendienste in verschiedenen Pariser Kirchen. 1848 heiratete er, nachdem er über eine feste Anstellung verfügte. Seit 1850 komponierte er kirchenmusikalische Werke, für deren Veröffentlichung Franz Liszt sorgte. 1857 wurde Franck Chorleiter und Organist der neu gebauten Basilika Sainte Clotilde. Der Chor bestand aus zwölf Chorknaben sowie einigen Tenören und Bässen. Die Orgel war noch nicht fertig. Man behalf sich mit einem Harmonium. Beim Bau der Orgel wirkten Orgelbauer und Organist sehr eng zusammen, sodass schließlich 1859 ein Meisterwerk eingeweiht werden konnte, das beispielgebend für den Orgelbau wurde.
In der orgellosen Zeit, wo man sich mit dem Harmonium behalf, komponierte Cesar Franck für jeden Sonntag einfache Stücke, die in jeder Dorfpfarrei gespielt werden konnten. Er selber war freilich ein Meister der Improvisation. Neben seinen Orgelwerken stehen große Oratorien wie „Die Sieben Worte Jesu am Kreuz“oder „Die Seligpreisungen“. Seit 1872 war er Professor für die Orgelausbildung am Pariser Konservatorium. Der Alltag des Künstlers sah sehr nüchtern aus: fast täglich Proben, Unterricht für Chorknaben, die Sonn- und Feiertagsgottesdienste, die Donnerstagsmessen, die Anbetung am Freitag, der Marienmonat Mai, Hochzeiten, Beerdigungen. Die Zeit zum Komponieren musste er sich stehlen.
Auf dem Weg zur Kirche wurde er 1890 von einem Pferdeomnibus angefahren. An den Folgen dieses Unfalls starb er mitten in der Arbeit an einfachen Kompositionen für Organisten, die nur ein Harmonium zur Verfügung hatten. Dies war in Frankreich sehr häufig der Fall.