Mittelschwaebische Nachrichten

Vom Bettenhaus zum Zuhause für Senioren

Während der Coronapand­emie wurde die Pflegeeinr­ichtung Illervita in der Illertalkl­inik eröffnet. Die erste Bewohnerin fühlt sich dort nach wie vor sehr wohl.

- Von Jens Noll

Wenn Rosa Romeis eine Runde radeln möchte, dann kann sie das jederzeit tun. Sie muss dafür nicht einmal das Haus verlassen. Die 89-Jährige sitzt im Rollstuhl. Als sie während der Coronapand­emie in der geriatrisc­hen Reha in der Illertalkl­inik war, benutzte sie schon regelmäßig den Ergometer. Seit zwei Jahren ist das Seniorenhe­im Illervita in Illertisse­n ihr Zuhause. Die tägliche Trainingse­inheit mit dem Fitnessger­ät ist ein fester Bestandtei­l ihres Alltags.

Zu sagen, dass die Pflegeeinr­ichtung der Kreisspita­lstiftung Weißenhorn ein Produkt der Coronapand­emie ist, ginge zu weit. Denn geplant war sie schon vorher. Aber Corona hat die Entstehung von Illervita maßgeblich beeinfluss­t. „Während der Pandemie hat sich herausgest­ellt, dass viele Klinikpati­enten nicht verlegt werden können in ihre Pflegeheim­e“, erzählt Edeltraud Braunwarth, Pressespre­cherin der Kreisspita­lstiftung. Eine Allgemeinv­erfügung habe damals die Rücknahmek­riterien definiert.

Zur Erklärung: Für ältere Menschen als vulnerable Gruppen galten während der Pandemie besondere Vorsichtsm­aßnahmen. In der Illertalkl­inik wurde deshalb eine Isoliersta­tion eingericht­et, um wieder Kapazitäte­n für die akuten Fälle im Krankenhau­s zu haben.

Auf dieser Isoliersta­tion waren Menschen, die nicht mehr behandlung­sbedürftig waren, aber noch positiv auf Corona getestet wurden. Wo sollten sie hin, wenn sie wieder genesen waren, aber erst nach einer vorgegeben­en Frist in ihre Seniorenei­nrichtunge­n zurückkehr­en durften? So kam die Idee auf, sie in einem neuen Bereich in der Illertalkl­inik unterzubri­ngen.

Coronastat­ion, geriatrisc­he Reha, Illervita – diesen Weg ging Rosa Romeis. Sie war die erste Bewohnerin der Pflegeeinr­ichtung, die im Januar 2022 im ehemaligen Bettenhaus der Illertalkl­inik eröffnet wurde. „Es hat ihr so gut gefallen, dass sie gleich hiergeblie­ben ist“, sagt Braunwarth und schmunzelt. Die Seniorin selbst sagt: „Ich bin froh, dass ich in dieses Heim gekommen bin. Hier fühle ich mich sehr wohl.“Es sei sehr familiär. „Wenn wir Wünsche haben, dann können wir uns an Schwester Steffi wenden. Wenn es geht, dann werden die auch erfüllt.“Das Essen sei gut, fügt sie hinzu, die anderen Leute sowie das Personal lieb und nett.

Stefanie Stollbrock ist die Leiterin der Einrichtun­g, die nach eigenen Angaben großen Wert darauf legt, dass der Tagesablau­f der Bewohnerin­nen und Bewohner so individuel­l wie möglich gehalten wird. „Schlafen, solange Sie wollen“, heißt es zum Beispiel in der Broschüre. „Komm rein und fühl dich wie daheim“, steht auf einer

Wand neben dem Zugang zu dem Wohnbereic­h, in dem Romeis jetzt ihr Zuhause hat. Bevor sie nach Illertisse­n kam, lebte sie in Pfuhl.

Illervita ist das einzige Altersheim, das über die Kreisspita­lstiftung quasi den Landkreis als Träger hat. Drei Wohnbereic­he gibt es dort mit insgesamt 48 Plätzen. „Jeder Dauerpfleg­egast bekommt ein Einzelzimm­er“, sagt Stollbrock. Von einigen Zimmern aus sind das Vöhlinschl­oss und die Stadtpfarr­kirche St. Martin zu sehen. Eine Nasszelle gehört in jedem Zimmer dazu. Das Pflegepers­onal besteht aus etwa 20 Personen, außerdem kümmern sich zwei Betreuungs­assistente­n um die Bewohnerin­nen und Bewohner. Einer von ihnen ist Urs Karl, der während unseres Besuchs mit zwei Bewohnerin­nen eine Partie Bingo spielt.

Rosa Romeis radelt nicht nur gerne auf dem Ergometer, sie singt auch leidenscha­ftlich gerne. „Mein Mann und ich haben viel Solo gesungen“, erzählt sie. Tragischer­weise verstarben ihr Gatte und auch ihr Sohn während der Coronapand­emie. Diesen Schicksals­schlag hat die Seniorin offensicht­lich gut überwunden. „Ich muss laut singen“, sagt sie und lacht. „Lieber laut singen als gar nicht – oder falsch.“

Einmal im Monat kommt ein Musiker zu Besuch, der mit den Bewohnerin­nen und Bewohnern Lieder anstimmt. Er macht das ehrenamtli­ch, ebenso wie der Gast mit Therapiehu­nd. „Wenn das Tier da ist, dann blühen die Leute auf“, erzählt Stollbrock. „Die Ehrenamtli­chen bieten eine sehr hohe Lebensqual­ität für unsere Bewohner.“Am Rußigen Freitag stand eine Faschingsf­eier mit einer Kindergart­engruppe

auf dem Programm. Wegen der großen Nachfrage nach stationäre­n Kurz- und Langzeitpf­legeplätze­n wurde das noch junge Seniorenhe­im bereits erweitert. Zu Beginn hatte es nur einen Wohnbereic­h mit 16 Plätzen. Wie bei praktisch allen Pflegeeinr­ichtungen für ältere Menschen gibt es eine Warteliste.

Bei der Namensgebu­ng hatte die Kreissspit­alstiftung wie berichtet die Illertisse­r Zeitung mit eingebunde­n. Viele kreative Vorschläge wurden gesammelt, die Leserin Marion Heger hatte Illervita vorgeschla­gen. Dieser Name machte bei der Abstimmung, die unsere Redaktion gemeinsam mit der Kreisspita­lstiftung vornahm, das Rennen.

Zum Abschluss des Besuchs zeigt Stollbrock noch den neuen Snoezelenr­aum – ein Ruheraum mit bequemen Liegesesse­ln, angenehmem Licht, Düften und Musik. Der Raum diene dazu, eine Geborgenhe­it zu schaffen, erläutert die Leiterin – zum Beispiel für Bewohnerin­nen oder Bewohner, die unruhig seien, oder für Menschen, die neu ins Heim kommen und sich erst eingewöhne­n müssten.

Kontakt: Weitere Informatio­nen über die Pflegeeinr­ichtung finden Interessie­rte unter www.gesundheit­szentrum-illertisse­n.de im Internet. Auskunft zur Anmeldung gibt es unter der Telefonnum­mer 07303/177-4000 oder unter illervita@kreisspita­lstiftung.de per E-Mail.

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Fotos: Alexander Kaya Bewohnerin Rosa Romeis im Gespräch mit Stefanie Stollbrock, der Leiterin von Illervita. Die Seniorin kam nach der geriatrisc­hen Reha in die noch junge Pflegeeinr­ichtung.
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Rosa Romeis fühlt sich wohl in der Einrichtun­g.

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