Mittelschwaebische Nachrichten
Generationswechsel im Staatsforst
Nach 35 Jahren ist es für Förster Josef Jäckle Zeit, zu gehen. An seinem letzten Arbeitstag blickt er zurück, wie sich nicht nur der Krumbacher Wald verändert hat. Seine Nachfolgerin ist Lena Tausch.
So richtig kann es sich Josef Jäckle noch nicht vorstellen. Wie es sein wird, wenn er nicht mehr mit dem ersten Tageslicht im Wald stehen muss. Wenn er künftig morgens einfach später aufstehen und in aller Ruhe seinen Kaffee trinken kann. Zunächst wird es sicher ungewohnt sein, immerhin kümmerte sich der Förster 35 Jahre lang zuverlässig um den Staatsforst um Krumbach. Stets interessiert an allen Waldbesuchern und immer für ein Schwätzchen zu haben, ist der 64-Jährige wohlbekannt. Es ist sein letzter Arbeitstag vor der Pension. Jäckle blickt auf viele Veränderungen zurück – als er den Krumbacher Forst übernahm, war vieles noch undenkbar.
Jäckle sitzt am Tisch des Bayerischen Forstamts in Weißenhorn, neben ihm seine Nachfolgerin Lena Tausch. Die beiden verstehen sich gut. Tausch wird nun das Amt übernehmen. Um darauf bestmöglich vorbereitet zu sein, stapfen die beiden schon seit etwa drei Wochen gemeinsam durch den Krumbacher Wald. Die junge Försterin ist froh über die Übergabe, immerhin wird sie bald für 1600 Hektar verantwortlich sein: „Da könnte ich allein laufen, bis die Füße glühen. Aber so übergibt mir Herr Jäckle seine Nähkästchen.“Nähkästchen? Förster und Försterin lachen, Jäckle setzt grinsend zur Erklärung an: „Das sind bestimmte Waldflächen, die besonders im Auge behalten werden müssen. Etwa eine Gruppe anderer Baumarten, unter Naturschutz stehende Pflanzen oder wichtige Wanderwege für Besucher.“
Vor allem die Besucherinnen und Besucher unterscheiden den Krumbacher Wald von anderen Revieren. Tausch wird als Försterin im Erholungswald nicht nur mit Bäumen und Tieren zu tun haben, sondern eben auch mit Menschen. So wie Jäckle den Kontakt intensiv gepflegt hat, möchte die gebürtige Ulmerin die Gespräche weiterführen. Im Gegensatz zu vieler ihrer Berufskolleginnen und -kollegen, die lieber für sich im Wald arbeiten, freut sich die 34-Jährige auf die Begegnungen.
Der Kontakt zu den Waldbesuchern gehöre für sie zu ihrer Tätigkeit dazu: „Vor ein paar Jahren habe ich in einem nicht so rege besuchten Revier gearbeitet. Wenn ich da mal jemanden vor mir gesehen habe, bin ich schon mal bisschen schneller gelaufen, einfach nur, um hin und wieder grüßen zu können.“
Jäckle und Tausch sitzen entspannt nebeneinander, hinter ihnen kratzt ein kleiner Hund an der Glasfront des Forstamts. Die Freude an spontanen Wald-Gesprächen ist nur eine von vielen Eigenschaften,
die der 64-Jährige und die 34-Jährige miteinander teilen. Beide waren Quereinsteiger im Forstberuf. Tausch lernte erst den Beruf einer Bürokauffrau, Jäckle arbeitete als Bauleiter. Doch der Wunsch nach einem alternativen, naturnahen Beruf veranlasste beide dazu, das Fachabitur nachzumachen. So konnten sie in Weihenstephan
Forstwirtschaft studieren. Bei Studienbeginn hatten beide eine für den Beruf eher komplizierte Einstellung zur Jagd. Tausch als Vegetarierin und Jäckle mit einer „anderen Ideologie“, wie er sagt, als der, wie sie vor 35 Jahren noch üblich war. Als nämlich Jäckle 1987 sein zweites Staatsexamen mit Bravour meisterte, war noch die Trophäenjagd üblich.
Als Trophäenjagd wird die Jagd auf Tiere mit bestimmten gewünschten Eigenschaften, wie einem großen Geweih, bezeichnet. Der Förster erklärt, was ihn daran störte: „Damals stand eher die Freude an der Jagd im Vordergrund. Mittlerweile geht es darum, den Wildbestand an den Wald anzupassen.“Die Orientierung der Jagd am Zustand des Waldes sei eine Revolution gewesen. Ohne emotionale Konflikte mit der konservativen Jägerschaft sei der Umschwung damals nicht abgelaufen, erzählt Jäckle. Er sei jedoch seinen Weg gegangen, immer im Vertrauen auf die Natur. Diese besitze durchaus die Kraft, sich selbst zu heilen – manchmal muss man als
Förster Stille halten. Er gesteht, dass er oft Zweifel hatte, ob seine Vorgehensweise für den Wald die richtige ist. Jäckle erlebte in seinen 35 Jahren viele Systemwechsel in der Forstwirtschaft. Als er 1988 fest nach Krumbach kam, begann sich der Wald langsam durch die andere Bepflanzung zu verändern. Von einer Fichten-Monokultur zur Rückkehr zum gemischten und dichten Naturwald. Von einer aufwendigen Holzernte per Hand zu einer Mechanisierung mit tonnenschweren Geräten. Nicht mit allen Veränderungen kann sich Jäckle anfreunden: „Mit GPS statt nur mit Karten geht einiges leichter. Aber das ganze Arbeiten mit dem Handy, das ist nichts für mich.“
So ähnlich sich der Förster und die Försterin in ihrer Einstellung zum Wald sein mögen, beim Thema Digitalisierung zeigt sich dann doch der Generationenunterschied von 30 Jahren. Lena Tausch sagt, sie wolle die Digitalisierung in der Forstwirtschaft vorantreiben. Zusammenarbeiten werden beide dennoch weiterhin, Tausch als Försterin und Jäckle als Jäger.
1988 hatte er das Amt übernommen.