Mittelschwaebische Nachrichten
Der lange Weg zum Verkehrskonzept
In Krumbach soll ein neues Verkehrskonzept her, ein Schwerpunkt liegt auf dem Fahrradtransport. Was in Günzburg schon möglich ist und woran es in Krumbach hapert.
Das Thema Verkehr brachte in Krumbach selten gute Nachrichten hervor. Wer es anspreche, mache sich keine Freunde – so formulierte es einst der Zweite Bürgermeister, Gerhard Weiß. Diesem ironischen Rat, sich lieber nicht mit dem besagten Thema unbeliebt machen, scheint man in Krumbach nachzukommen. Immerhin war sich der ehemalige Stadtbaumeister Björn Nübel noch vor zwei Jahren sicher, dass 2023 ein neues Verkehrskonzept stehen würde. Was ist aus diesen Plänen geworden?
Die Ursprünge des Krumbacher Verkehrskonzepts liegen eine Weile zurück: Mit der Ablehnung der Südumgehung im Jahr 2013 ging die Gewissheit einher, dass ein neues Verkehrskonzept notwendig ist. Diese politische Ambition wurde 2018 anhand eines Stadtrat-Beschlusses offiziell eingeleitet. 2019 folgten die ersten Schritte mit einer groß angelegten Verkehrszählung und einer Bürgerbefragung. 600 Krumbacher Haushalte erhielten Fragebögen, lediglich 13 Prozent antworteten. Zwei Arbeitskreise für Radverkehr und Innenstadt wollten wesentliche Thematiken erarbeiten, Expertinnen und Experten sollten unterstützen. Hinzugezogen wurden Fachleute von der Polizei, dem Staatlichen Bauamt und dem Fahrradclub ADFC. Im darauffolgenden Jahr, 2020, beauftragte der Stadtrat die Planungsgesellschaft Stadt-LandVerkehr München. Anhand von Datenerhebungen, mitunter durch eine Radfahrt des zuständigen Lenkungskreises, wurden wesentliche Verbesserungspotenziale festgelegt. 2021 stellte das Planungsbüro bei einer mäßig besuchten Versammlung im Stadtsaal die erarbeiteten Verkehrsziele vor.
Besondere Aufmerksamkeit gestand das Planungsbüro dem Radverkehr zu. Planer Robert Ulzhöfer erkannte einige Verbesserungspotenziale: von fehlenden Radwegen und wenigen Ladestationen für E-Bikes innerorts, über mögliche Diagonalverbindungen im Zentrum bis hin zu einer Verbesserung der Sicherheit durch eine Geschwindigkeitsreduzierung
auf 30 km/h. Doch diese Ansatzpunkte lassen sich nicht nur in Krumbach vorfinden, auch in anderen Kommunen des Landkreises Günzburg steht die Verbesserung des Radverkehrs auf der Agenda.
Die Stadt Günzburg wendete sich etwa 2020 vom Konzept einer autogerechten Stadt der progressiven Planung einer „Fahrradstadt 2025“zu. Der erste Arbeitsprozess verlief ähnlich wie in Krumbach. Zunächst beschäftigte sich ein Arbeitskreis mit dem Ausbau von radfreundlichen Verkehrsströmungen. Die Mitglieder: Vertreter des Stadtrats, Experten des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, Fachleute der Polizei und der Stadtverwaltung. Ein Jahr später wurde das neue Radverkehrskonzept einstimmig vom Stadtrat verabschiedet. Die Stadt fokussiert sich in ihren Bestrebungen vor allem auf fünf Routen, die Alltagsradler auf verbesserten Strecken durch Günzburg führen sollen.
Die erste Route, vom Birket in die Stadtmitte, wurde im vergangenen Jahr realisiert. Kritik am Radverkehrskonzept wird dennoch geäußert. Vor allem die Kreuzung Ulmer Straße/Weißenhorner Straße sorgte für Verärgerung bei den Bürgerinnen und Bürgern. Hier wurde 2022 zwar eine extra rot markierte Spur für Radlerinnen und Radler geschaffen, diese wird jedoch von rechtsabbiegenden Autos gequert. Unmut verursachten ebenfalls Kleinmaßnahmen, die die Verkehrssicherheit nicht maßgeblich verbesserten, dafür aber kosteten. Dazu zählte das Versetzen und Entfernen von Pfosten oder Pollern sowie das Absenken von Bordsteinen. Stadtbaumeister Georg Dietze äußerte 2022 Verständnis für die Kritik: „All diese Kleinmaßnahmen sind zeitaufwendig, binden Kapazitäten und kosten viel Geld.“
Während Günzburg derzeit das neue Ziel der Fahrradstadt 2025 anstrebt, muss in Krumbach ein allumfassendes Verkehrskonzept beschlossen werden – eine wesentlich umfassendere Aufgabe. Nach dem letzten Treffen der Krumbacher Arbeitskreises Ende des Jahres 2022, das mit dem Vorhaben eines feststehenden Verkehrskonzeptes 2023 endete, gab es bisher keine weiteren Beschlüsse. Laut Stadtbaumeister Tobias Handel stehen noch keine Schwerpunkte im Themenbereich des Radverkehrs fest: „Wir sind noch mitten im Prozess.“Auch Bürgermeister Hubert Fischer lässt auf Nachfrage lediglich mitteilen, dass es keine Neuigkeiten zum Verkehrskonzept gebe.
Marcus Praschivka, Verkehrssachbearbeiter von der Polizeiinspektion Krumbach, hat eine Vermutung, woran es hapern könnte: „Vielleicht war das vom Planungsbüro ausgearbeitete Verkehrskonzept einfach zu viel und zu geballt.“
Das Verkehrskonzept sei nicht gänzlich untergegangen – kleinere Ausläufer der großen Planung würden schon umgesetzt werden, etwa die Ausbesserung von fehlenden weiße Markierungen an den Fahrradwegen. Für eine konkrete Realisierung aller geplanten Maßnahmen fehle jedoch das Geld im Haushalt. Praschivka erklärt: „Brauchen tut es schon so was in die Richtung, aber möglicherweise wurde die Planung falsch angegangen.“