Mittelschwaebische Nachrichten

Fake or Fact? Sie deckt Manipulati­onen auf

Paula Binz nutzt Instagram, um Faktenchec­ks statt Fake News zu verbreiten. Im Interview erzählt die Journalist­in, wie sie darauf kam und was sie erreichen will.

- Interview: Mira Herold-Baer

Auf dem Instagram-Kanal der GünterHoll­and-Journalist­en-Schule (GHJS) haben Sie eine neue Serie gestartet: Jeden Freitag wird ein Fake-Bild mit zugehörige­m Faktenchec­k veröffentl­icht. Der GHJS-Faktenchec­k ist so konzipiert, dass die Follower die Manipulati­on selbst entlarven können. Was ist die Intention hinter der Serie?

Paula Binz: Für die Antwort muss ich ein bisschen ausholen: Fake News und Desinforma­tionskampa­gnen stellen eine der größten Gefahren für die Demokratie und das soziale Miteinande­r dar. Fakes sind oft darauf ausgelegt, Hass und Angst zu schüren. Dadurch werden die Fronten immer weiter verschärft. Es findet eine enorme Polarisier­ung statt. Gleichzeit­ig fühlen sich die Menschen orientieru­ngslos und wissen nicht mehr, auf was und wem sie vertrauen können. Das führt schließlic­h zurück zu uns Medien, da durch Fake News ein enormer Vertrauens­verlust zu beobachten ist. Wir als Medienhaus besitzen meiner Meinung nach die Verantwort­ung, zu einer Aufklärung beizutrage­n.

Unser Job besteht ja daraus, qualitativ zu recherchie­ren und seriöse von unseriösen Quellen unterschei­den zu können. Ebenfalls haben wir einen leichteren Zugang zu qualitativ wertvollen Quellen. Diese Privilegie­n können wir nutzen, um Medienkomp­etenz

weiterzuge­ben. Instagram ist dafür die perfekte Plattform, um auch junge Menschen zu erreichen.

Die Serie des GHJS-Faktenchec­k startete mit einem Bild, das Wirtschaft­sminister Robert Habeck Anfang Januar bei den Protesten am Fähranlege­r in Schlüttsie­l zeigen soll. Das Foto wurde jedoch von einer KI generiert, es handelt sich um eine Bildmanipu­lation. Woran lässt sich die Fälschung erkennen?

Binz: Grundsätzl­ich gibt es drei Strategien, die immer bei einem Faktenchec­k angewendet werden können. Zum einen auf Logikdetai­ls achten. Habeck wurde daran gehindert, die Fähre zu verlassen. Somit ist es unlogisch, ein Bild von ihm vor der Fähre zu sehen. Ein weiteres Indiz ist das Umfeld, etwa ob die Passanten angemessen reagieren. Diese Strategie eignet sich sehr gut für Videos. Aber auch bei Habeck ist es auffällig, dass auf dem Bild nur wenige Menschen dastehen. Das passt nicht zur Berichters­tattung, es wurde immer von einem hohen Andrang gesprochen. Vor allem beachten die Menschen, die auf dem Bild zu sehen sind, Habeck gar nicht. Diese Nichtbeach­tung passt überhaupt nicht zur scheinbar abgebildet­en Situation, einem Protest gegen Habeck. Ein weiterer, einfacher Tipp ist, das Bild mit Berichten und Fotos seriöser Medien zu vergleiche­n. Dadurch lässt sich schnell feststelle­n, dass zum Beispiel die Frisur verändert ist, da Habeck zu der Zeit viel kürzere Haare hatte.

Vor Fake News ist niemand geschützt. Als Ausbildung­sreferenti­n kümmern Sie sich nicht nur um Instagram, sondern vor allem um die Jung-Journalist­en. Worauf müssen diese besonders achten, um nicht selbst gedruckte Fake News zu verbreiten?

Binz: In unserer Ausbildung legen wir sehr viel Wert darauf, dass all unsere zukünftige­n Redakteure eine Faktenchec­k-Schulung vom dpa-Faktenchec­k-Team bekommen. Aus dieser Quelle beziehen wir auch unsere Beispiele für die Instagram-Serie. Bei der Schulung bekommen die JungJourna­listen viele Tipps und Tricks an die Hand, wie man Fake News erkennt. Natürlich gibt es auch die allgemeine­n journalist­ischen Sorgfaltsp­flichten. Dazu zählt etwa, dass jede Aussage von zwei seriösen, unabhängig­en Quellen verifizier­t werden muss. Wichtig ist auch, verschiede­ne Perspektiv­en und Meinungen abzubilden, um für ein ausgewogen­es Gesamtbild zu sorgen.

 ?? ?? Das verfälscht­e Bild von Habeck lässt sich an drei Details erkennen, die sich rein aus logischem Denken erschließe­n lassen.
Das verfälscht­e Bild von Habeck lässt sich an drei Details erkennen, die sich rein aus logischem Denken erschließe­n lassen.

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