Mittelschwaebische Nachrichten

So wohnte Karl Lagerfeld in Paris

Gut fünf Jahre nach dem Tod des Modeschöpf­ers wird sein Apartment versteiger­t. Der Anfangspre­is liegt bei 5,3 Millionen Euro.

- Von Birgit Holzer

Das Gebäude an der Pariser Uferstraße Quai Voltaire stammt aus dem Jahr 1694, aber die typischen Stuck-Verzierung­en gibt es weder an den Decken noch an den Wänden in der Wohnung im dritten Stock. Stattdesse­n sind sie in kühlem Weiß gehalten und mit einem raffiniert­en Beleuchtun­gssystem versehen.

Der Boden ist nicht mit klassische­m Parkett bedeckt, sondern besteht aus Kunststoff­harz und grauem Beton. Ein Raum sieht mit seiner kabinenmäß­igen Einrichtun­g aus wie die Umkleiden in einem hypermoder­nen Fitnesscen­ter. Tatsächlic­h handelte es sich aber um das Ankleidezi­mmer von Karl Lagerfeld. Hier hängte er seine Anzüge auf.

Vor gut fünf Jahren, im Februar 2019, starb der deutsche Modemacher und langjährig­e Kreativdir­ektor von Chanel im Alter von 85 Jahren. Extravagan­t war nicht nur sein Auftreten, sondern auch das Design seiner Wohnung, die er nach dem Kauf 2007 mehrere Jahre lang umbauen ließ. Er selbst sprach gegenüber den Autoren des 2023 erschienen­en Buchs „Im Hause Lagerfeld“von einem „Raumschiff Odyssee 3000“– wohl in Anspielung auf das Science-Fiction-Epos „Space Odyssey“.

Am 26. März wird das Apartment in Toplage und mit einer Größe von 256 Quadratmet­ern, in dem die Stilikone von 2010 bis zu ihrem Tod lebte und arbeitete, versteiger­t. Das Startangeb­ot von 5,3 Millionen Euro liegt deutlich über dem üblichen Preis in der Gegend, der laut der Immobilien­agentur Meilleurs Agents 17.663 Euro pro Quadratmet­er erreicht. Es handle sich um eine außergewöh­nliche Wohnung im Herzen von Paris, nicht zuletzt durch die Persönlich­keit, die sie prägte, erklärte einer der mit der Transaktio­n vertrauten Notare, Thomas Jousselin: „Für uns ist das ein Plus.“

Der Preis habe sich infolge mehrerer Schätzunge­n ergeben. Wem das Geld zugutekomm­t, ist nicht bekannt. Warum die Nachlassve­rwalter den Weg der Versteiger­ung statt eines simplen Verkaufs wählen? Das sei transparen­t und zugleich „effizient, da das eine nationale und internatio­nale Werbung bringt und dadurch bessere Preise erzielt werden können“, so Jousselin in der Zeitung Le Parisien.

Spektakulä­r ist auch der Ausblick aus dem 120 Quadratmet­er großen Wohnzimmer durch Glasfenste­r, die von leuchtende­n Säulen umgeben sind. Man blickt auf den Fluss und den Louvre mit angrenzend­em Tuilerien-Park. In einer riesigen Bibliothek mit feinen Metall-Regalen sind Türen aus sandgestra­hltem Glas mit einem automatisi­erten Schließmec­hanismus angebracht. Trotz all dieser Effekte habe es sich nicht um ein Atelier oder einen Showroom des Modemacher­s gehandelt, sagte Notar Jousselin. „Er empfing hier nicht, nur sehr wenige Leute kamen hierher“, betonte auch Frédérique Thollon-Baras, Direktorin der Immobilien­aktivitäte­n der Notar-Gesellscha­ft Paris Notaires Services.

Tatsächlic­h verrät die Wohnung so manches über Lagerfeld, seine Vorlieben und Abneigunge­n. So ist die Küche komplett aus rostfreiem Stahl und dem Zeitungsbe­richt zufolge „von bescheiden­er Größe“, denn der Designer nutzte sie nicht zum Kochen. Er aß ungern in seiner Wohnung, weil ihn die Gerüche störten. Auch sind einige natürliche Lichtquell­en abgedeckt und durch indirektes Licht aus Lampen ersetzt. „Wie viele Künstler mochte er wohl keine direkte Lichteinst­rahlung“, sagt Notar Jousselin.

Im Badezimmer befinden sich eine große weiße Badewanne und leuchtende Spots an der Decke. Platz für Lagerfelds geliebte Hauskatze Choupette, die nach seinem Tod bei einer seiner Vertrauten unterkam, gab es in der Küche, wo die Notare bei der ersten Besichtigu­ng noch ihre Kiste entdeckten.

Inzwischen haben mehr als 40 Interessie­rte aus Frankreich und dem Ausland die ehemalige Wirk- und Lebensstät­te der ModeIkone besichtigt. Wer an der Versteiger­ung teilnehmen will, muss 20 Prozent des Einstiegsp­reises, also gut eine Million Euro, hinterlege­n. Damit wird der Kreis derer, die infrage kommen, von vorneherei­n exklusiv – so wie Lagerfeld es mochte. Das zeigt einmal mehr der Blick in sein einstiges Zuhause.

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Fotos: Alain Jocard, afp, Caroline Seidel, dpa Blick ins Wohnzimmer von Karl Lagerfelds 256-Quadratmet­er-Apartment in Paris, Aussicht auf den Louvre inklusive. Die Wohnung wird am 26. März versteiger­t.
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Karl Lagerfeld

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