Mittelschwaebische Nachrichten

Der Kandidat des Ostens

Porträt Rumäniens Präsident Klaus Johannis geht ins Rennen um den Posten des Nato-Generalsek­retärs. Der Siebenbürg­er Sachse ist allerdings nur Außenseite­r.

- Thomas Roser

In seiner Heimat hat der Stern von Rumäniens deutschstä­mmigem Präsidente­n Klaus Johannis viel von seinem einstigen Glanz verloren. Dennoch könnte der frühere Lehrer bald das mächtigste Militärbün­dnis der Welt führen: Als Außenseite­r, aber keineswegs chancenlos zieht der 64-Jährige in das Rennen um den Posten des Nato-Generalsek­retärs.

Favorit auf die Nachfolge von Jens Stoltenber­g ist der niederländ­ische Premier Mark Rutte. Doch der Vormann der Nato wird in einem nicht sehr transparen­ten Verfahren gekürt. Zwar sollen sich bereits über 20 der 32 Nato-Mitglieder für Rutte ausgesproc­hen haben, bei den Mitglieder­n im Osten, etwa in Ungarn, Bulgarien und Rumänien stößt Rutte wegen seiner Tritte auf die EU-Erweiterun­gsbremse und seinen Rechtsstaa­tsermahnun­gen aber auf Widerstand.

Im Fernduell mit ihm kann der bodenständ­ige Johannis vor allem mit seinem Standortvo­rteil punkten. Einerseits fühlen sich die neuen EU- und NatoMitgli­eder in Osteuropa bei der Vergabe der Spitzenpos­ten seit Jahren benachteil­igt. Anderersei­ts bekommt der Karpatenst­aat als Anrainer der Ukraine die Folgen der russischen Aggression direkt zu spüren.

Ein „ausgewogen­erer Einfluss“

Osteuropas sei vonnöten, fordert Johannis. Der verheirate­te, kinderlose Präsident hat tiefe Wurzeln in Deutschlan­d. Seine Eltern, Siebenbürg­er Sachsen, wanderten 1989 nach Bayern aus und leben heute in Würzburg. Rumänien hat sein Verteidigu­ngsbudget auf 2,5 Prozent des Sozialprod­ukts erhöht. Die wachsende Bedeutung des Landes für die Nato illustrier­t auch der Bau eines neuen Militärstü­tzpunktes: Er wird das deutsche Rammstein als größte Nato-Basis auf dem Kontinent ablösen. Doch wie realistisc­h sind die Chancen für Johannis, die Nato zu führen?

Die Rolle des Underdogs scheint ihm zumindest zu behagen. Wie bei seiner ersten Wahl als Bürgermeis­ter von Sibiu (Hermannsta­dt) im Jahr 2000 war Johannis auch bei seiner ersten Wahl zum Präsidente­n 2014 als krasser Außenseite­r ins Rennen gegangen – und hatte gesiegt. Hunor Kelemen, der Chef von Rumäniens ungarische­r Minderheit­spartei, ist überzeugt, dass Johannis seine Chancen bei der Nato in „Vorabgespr­ächen“sorgfältig ausgelotet hat: Der Präsident sei „keiner, der sich in ein Abenteuer stürzt, ohne ein Licht am anderen Ende des Tunnels zu sehen“.

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Foto: Badias, AP/dpa

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