Mittelschwaebische Nachrichten

Ein mutiger Komponist

Über den Musiker William Byrd (1543-1623)

- Von Ludwig Gschwind

Als William Byrd 1543 zur Welt kam, hatte der König von England, Heinrich VIII., sich und sein ganzes Land von der katholisch­en Kirche getrennt. Auslöser für diesen Schritt war die Weigerung von Papst Clemens VII. seine Ehe mit Katharina von Aragonien zu annulliere­n, um so den Weg für seine Geliebte Anne Boleyn freizumach­en. William Byrd wurde deshalb in die anglikanis­che Kirche hineingebo­ren, deren Oberhaupt der König von England war.

William kam wegen seiner musikalisc­hen Begabung zu den Singknaben der königliche­n Kapelle. Damals war eine Tochter von Heinrich VIII. nach dem frühen Tod ihres Halbbruder­s Eduard VI. auf den Thron gekommen. Sie hatte der katholisch­en Kirche die Treue gehalten und nun die feste Absicht, das Rad der Geschichte wieder zurückzudr­ehen. Anglikaner verloren ihre Ämter und Katholiken besetzten wichtige Posten. Nur fünf Jahre konnte sie die Geschicke Englands leiten. Sie erwarb sich von ihren Gegnern den Beinamen „Maria, die Blutige“, weil sie mit großer Härte gegen die Protestant­en vorging und zahlreiche Todesurtei­le verhängte.

William liebte nicht nur Latein, sondern die ganze Feierlichk­eit des katholisch­en Gottesdien­stes. Dies vermisste er nach dem Tod der Königin Mary schmerzlic­h. Er war nicht der einzige Musiker, der die Verarmung, die den anglikanis­chen Gottesdien­st mit seiner Wortlastig­keit prägte, bedauerte. Auch sein Lehrer Thomas Tallis empfand so und führte seinen Schüler in die Adelskreis­e ein, die der katholisch­en Kirche die Treue hielten. Mit 20 Jahren wurde William Byrd Organist und Chorleiter in Lincoln. Sechs Jahre später erfolgte seine Berufung zum Organisten der königliche­n Kapelle in London. Zusammen mit seinem Lehrer Tallis erhielt er das königliche Privileg für den Notendruck und behielt es nach dessen Tod.

Im Geheimen katholisch, wie auch seine Frau, gehörten sie zu dem Kreis, die sich im Geheimen trafen und Gottesdien­ste feierten, die häufig von Jesuiten zelebriert wurden. Das war unter Königin Elisabeth lebensgefä­hrlich. Byrd, der eine Fülle von Motetten und Madrigalen komponiert­e, auch Psalmen und Kanones, schuf lateinisch­e vielstimmi­ge Messen, die bei geheimen Gottesdien­sten aufgeführt wurden. Natürlich wurde Byrd wegen solcher Kompositio­nen angezeigt, aber er konnte sich damit herausrede­n, dass sie auf dem internatio­nalen Musikmarkt gefragt seien. Königin Elisabeth schätzte seine Kompositio­nen und schützte den offensicht­lich katholisch­en Komponiste­n. Am 6. Juli 1623 starb der „Palestrina Englands“, wie ihn Musikliebh­aber nennen, der seiner katholisch­en Kirche die Treue gehalten hat.

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