Erfolg für Antirussen und Marktradikale
Präsidenten-»Block Poroschenko« und die »Volksfront« des Premiers Jazenjuk vor Koalition / Kommunisten unter fünf Prozent und raus
Das Regieren wird für Präsident Petro Poroschenko schwieriger. Wahlsieger ist der Scharfmacher und Premier Arseni Jazenjuk.
Bei den Parlamentswahlen in der Ukraine siegten drei Parteien die – mehr oder weniger scharf – für eine Fortsetzung des kriegerischen Kurses gegen die abtrünnigen Gebiete in der Ostukraine eintreten. Europäische Werte vertreten diese Parteien nur bedingt. Charakteristischer für die drei Wahlsieger ist ihre scharf antirussische Haltung.
Der ukrainische Präsident, der mit seinem »Block Poroschenko« nur 21,46 Prozent erhielt und damit hinter dem nationalistischen Scharfmacher im Amte des Premierministers, Arseni Jazenjuk, und dessen »Volksfront« nur auf Platz zwei landete, kündigte an, er wolle im Parlament eine Regierungskoalition von mindestens 300 der 450 Abgeordneten bilden. Die »Volksfront« wurde mit 21,59 knapper Wahlsieger. »Wir müssen zusammen sein«, antwortete Poroschenko auf die Frage nach einer Koalition. Jazenjuk kündigte an, dass er seinen Posten behalten wolle und für die »Volksfront« die Minister-Posten für Justiz, Wirtschaft, Finanzen und Inneres beanspruche.
Ein wichtiger Bündnispartner des ukrainischen Präsidenten im neuen Parlament dürfte der Bürgermeister von Lviv (ehemals Lemberg), Andrej Sadowij, sein. Der Nationalist, der sich auch für das ehrenvolle Andenken an den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera und andere Führer der Ukrainischen Aufständischen Armee einsetzte, erreichte mit der Partei »Selbsthilfe« 11,14 Prozent.
Diese drei Parteien machten sich sich alle mehr oder weniger mit antirussischer Rhetorik und einem marktradikalen Wirtschaftsprogramm einen Namen. Sie treten für die Rückeroberung der von Aufständischen kontrollierten Gebiete in der Ukraine ein. Poroschenko will allerdings mit Russland verhandeln. Das unterscheidet ihn von Jazenjuk, der die ukrainisch-russische Grenze mit Gräben, einem Sicherheitsstreifen und einem Zaun befestigen will.
Die einzige Partei, mit der Poroschenko nicht koalieren will, ist der von Juri Boiko geführte »Oppositionsblock«. Der erreichte trotz Ausgrenzung durch die Medien und Terror-Aktionen des Rechten Sektors einen Achtungserfolg von 9,7 Prozent. Kandidaten des Oppositionsblockes wurden vom Rechten Sektor mehrmals auf offener Straße überfallen und in Müllcontainer geworfen, ohne dass die Polizei einschritt.
Der »Oppositionsblock« tritt für gute Beziehungen zu Russland ein und will, dass die russische Sprache in den Gebieten, in denen viele Russen leben, den Status der Regionalsprache bekommt. An der Sprachenfrage hatte sich die Krise in der Ostukraine entzündet. Spitzenkandidat Boiko war bis Februar dieses Jahres Vizepremier und bis 2012 Energie- minister. Er wurde am 7. April aus der Partei der Regionen ausgeschlossen, der Stütze des im Februar gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch.
Dass die Spaltung der Ukraine sich durch die sogenannte Anti-TerrorOperation in der Ostukraine vertieft hat, war bei den Wahlen offensichtlich. In allen ostukrainischen Gebieten, in denen gewählt wurde, siegte trotz extrem niedriger Wahlbeteiligung der »Oppositionsblock«. Selbst im Gebiet Charkow stimmten für den russlandfreundlichen Block 33 Prozent der Wähler.
Die Protestbewegung für die Assoziation mit der EU, die im November letzten Jahres entstand und zu Demonstrationen mit über 100 000 Teilnehmern in Kiew führte, zeigte deutlich, dass die Menschen in der Ukraine endlich ein Ende der Korruption und eine Verbesserung der sozialen Situation wollen. Doch das Vertrauen in die Politiker ist nicht gestiegen. Im Gegenteil. Wie sonst wäre es zu erklären, dass die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen 2012 bei 58 Prozent lag, am Sonntag aber nauf 52,4 Prozent sackte?
Von 29 Parteien, die zur Wahl standen, überwanden nur sechs die Fünf-Prozent-Hürde. Die Kommunistische Partei ist mit 3,94 Prozent nicht mehr im Parlament vertreten. Der Milliardär und Schokoladen-Unternehmer Poroschenko freute sich. Das erste Mal in der Geschichte der Ukraine säßen »die Kommunisten, die fünfte Kolonne«, nicht mehr im Parlament.
Allerdings ist auch die jahrelang von deutschen Medien gehätschelte Gas-Prinzessin und »Hoffnungsträgerin der Demokratie« Julia Timoschenko mit ihrer Partei »Vaterland« nur denkbar knapp ins Parlament gerutscht. Für »Vaterland« stimmten 5,6 Prozent der Wähler. Die Fünf-Prozent-Hürde überwanden auch die rechtsextreme Swoboda-Partei und die ebenfalls rechte und ultranationalistische Radikale Partei von Oleg Liaschko. Der Führer des »Rechten Sektors«, Dmitro Jarosch, holte sich ein Direktmandat.