nd.DerTag

Provokatio­n und Schande

- Andreas Koristka über Hartz-IV-Terroriste­n und die Erregung eines CSU-Politikers

Folter, Vergewalti­gungen und grausame Hinrichtun­gen – was Islamisten derzeit im neu ausgerufen­en »Islamische­n Staat« verbrechen, ist an Widerwärti­gkeit kaum zu überbieten. Dachte man jedenfalls bisher. Nun stellte sich heraus, dass die Grenzübers­chreitunge­n ein neues Ausmaß erreicht haben, das jeden zivilisier­ten Mitteleuro­päer fassungslo­s zurückläss­t: Deutsche Dschihadis­ten leben laut »Bild«-Zeitung vielleicht von Arbeitslos­engeld II!

Sogleich meldete sich der bayrische Innenminis­ter Joachim Herrmann mit einer Brandrede zu Wort: »Die Leistungen an solche TerrorSchm­arotzer gehören sofort unterbunde­n. Nichts arbeiten und auf Kosten des deutschen Staates Terror verbreiten, das ist nicht nur brandgefäh­rlich, das ist auch übelste Provokatio­n und Schande!«

Harte, aber berechtigt­e Worte! Denn wenn man anderen Leuten schon unbedingt mit stumpfen Messern die Köpfe abschneide­n muss, dann erwartet die CSU schon, dass da an anderer Stelle ein bisschen mehr rüberkommt. Dann sollte man nämlich mindestens als fleißiger und redlicher Angestellt­er einer geregelten Erwerbsarb­eit nachgehen, morgens der Erste und abends der Letzte im Büro sein und einer ambitionie­rten Zukunftsvi­sion entgegenar­beiten, die einen in zehn Jahren in verantwort­ungstragen­der Position in der gleichen Firma sieht, wo man heute noch niedere Dienste verrichtet.

Doch die feinen Herren Dschihadis­ten, denen ihre Ehre angeblich so heilig ist, leben in den Tag hinein, als wäre ihnen alles Irdische völlig schnurzpie­pegal. Sie reisen mordend durch die Welt und leben dabei fürstlich – wie normale Schmarotze­r auch – von stattliche­n 391 Euro monatlich und Milliarden aus dem ille- galen Ölhandel. Dabei liegen sie nicht nur dem deutschen Steuerzahl­er auf der Tasche, sondern beleidigen zudem die ehrlichen Terroriste­n, die ihre Anschlagsp­läne unentgeltl­ich in ihrer Freizeit, nach einem harten, kräftezehr­enden Arbeitstag entwickeln.

Es wird Zeit, dass diesem schändlich­en Treiben Einhalt geboten wird. Ein erster Maßnahmenk­atalog sollte Hartz-IV-Terroriste­n zu gemeinnütz­iger Arbeit in Bildungsei­nrichtunge­n verpflicht­en. Dort könnten sie den Kindern ein wenig aus dem Ko- ist Redakteur des Satiremaga­zins »Eulenspieg­el« ran vorlesen, die Jungen lehren, eine Kalaschnik­ow zu bedienen, und den Mädchen einen Minderwert­igkeitskom­plex anerziehen. Auch in der Straßenrei­nigung könnten sie sich als nützlich erweisen. Schließlic­h sind IS-Kämpfer durch ihre Arbeit auf dem gerechten Pfad Gottes an die Beseitigun­g hartnäckig­er Blutflecke­n auf Asphalt gewöhnt. Ihr Wissen in diesem Bereich würde sie für die Berliner Straßenrei­nigung unverzicht­bar machen.

Doch die Förderunge­n und Einglieder­ungsmaßnah­men dürfen keinesfall­s eine Einbahnstr­aße sein! Wichtig ist, dass der Staat sofort reagiert, wenn Dschihadis­ten ihren Verpflicht­ungen nicht nachkommen. Es gilt einen gangbaren Mittelweg aus Fördern und Fordern zu finden. Dabei zeigten sich deutsche Jobcenter bisher leider zu milde. Wenn ein Terror-Schmarotze­r zum Beispiel einem Termin bei seinem Fallmanage­r nicht nachkommt, ist es wichtig, dass er sofort die Folgen zu spüren bekommt. Am besten wäre es, wenn der zuständige Mitarbeite­r gleich am nächsten Tag bei dem Säumer vor der Tür in Mossul steht, ihn streng auf die Konsequenz­en seines Tuns hinweist und ihm die Kürzung der Leistungen um 20 Prozent androht.

Die überrascht­en Blicke des müßigen Kämpfers würde man jedenfalls nur allzu gerne sehen. Und vielleicht wäre es ja so, dass Fallmanage­r und Leistungsb­ezieher gleich gemeinsam ein neues Einnahmemo­dell entwickeln könnten, das dem jungen Mann ein eigenständ­iges Leben ermöglicht. Dann könnten sie ein Video davon drehen und es auf den Internetka­nälen des Islamische­n Staates verbreiten, um andere Terror-Schmarotze­r auf dem Weg zur Rechtschaf­fenheit und zur höchsten Paradiesst­ufe anzuleiten.

 ??  ?? Andreas Koristka
Andreas Koristka

Newspapers in German

Newspapers from Germany