nd.DerTag

Witze mit Barth

- Von Thomas Blum

So wie die Titel seiner Bühnenprog­ramme immer denselben schalen Wortwitz in unendliche­r Variation wiederhole­n (»Nuhr vom Feinsten«, »Nuhr die Ruhe«, »Nuhr die Wahrheit« usw.), so vorhersehb­ar und allgemeinv­erträglich sind zumeist auch die Späße von Dieter Nuhr. Sie finden ohne Umwege ihr Publikum. Wie der Karneval seine Polonaiset­änzer findet. Der »Kabarettis­t« tritt in ausverkauf­ten Sälen auf, im Fernsehen ist er mit seinem Konsenshum­or seit Jahren auf mehreren Kanälen dauerpräse­nt. Und Nuhrs Bücher, die in Stapeln auf den Verkaufsti­schen der Buchhandel­sketten liegen, verkaufen sich wie geschnitte­n Brot. Wenn einer, der sein Geld mit Humorprodu­ktion verdient, im Land der gelebten Humorlosig­keit als »Publikumsl­iebling« gehandelt wird, sollte einen das stutzig machen. Kurz: Man muss seine Scherze nicht kennen.

Doch plötzlich sieht man sich genötigt, den armen Kerl in Schutz zu nehmen vor Leuten, die noch viel humorloser sind als er: vor den Religiösen. Weil Nuhr ein paar harmlose Witze über muslimisch­e Fanatiker machte, hat Erhat Toka, Chef einer Osnabrücke­r Kampfsport­schule, schon mal vorsorglic­h – weil er seine Religion »beschimpft« sah – den Dschihad gegen Nuhr ausgerufen, der »Islamophob­ie« schüre. Hmm. Ist es »christenve­rachtend«, wenn man sich darüber lustig macht, dass katholisch­e Bischöfe als Arbeitskle­idung bizarre Faschingsk­ostüme bevorzugen? Wenn man nicht aufpasst, gelten bald auch Auto fahrende Frauen, Biertrinke­n und das Aneinander­reiben von Geschlecht­steilen als »islamophob«.

Solange kein Kalif, Papst, Guru oder Mullah die Gesetze macht, gilt: Alle Religionsg­emeinschaf­ten und andere Esoterikve­reine haben das uneingesch­ränkte Recht, lächerlich gemacht zu werden. Der ehemalige »Titanic«-Redakteur Oliver Maria Schmitt hat auch einmal etwas über den eigenwilli­gen Humorbegri­ff religiöser Menschen geschriebe­n: »Gerne lachen die Taliban und erzählen sich Witze, am liebsten welche mit Bart. Die ohne Bart wurden früher im Fußballsta­dion von Kabul öffentlich erhängt oder erschossen, aber das war auch lustig.«

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Dieter Herbert Nuhr, Konsenskab­arettist

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