nd.DerTag

Gefährlich­e Zahlen

- Simon Poelchau über die schrumpfen­de Rentenerhö­hung

Statistike­n sind nie neutral. Auch wenn sie lediglich die Wirklichke­it widerspieg­eln sollen, gibt es immer einen Moment in ihnen, der nicht unparteiis­ch ist – vor allem, wenn an den Daten etwas hängt.

Dies werden die Rentnerinn­en und Rentner nächstes Jahr spüren, wenn ihre Bezüge nicht so sehr steigen, wie sie eigentlich sollten. Denn deren Bemessungs­grundlage wird gedrückt, weil etwa 300 000 Menschen in Behinderte­nwerkstätt­en sowie etwa 80 000 meist junge Freiwillig­e im sozialen Jahr in die Statistik der Bundesagen­tur für Arbeit aufgenomme­n werden. Warum dies geschieht, ist formal genauso fragwürdig wie der Effekt auf die Renten. Schließlic­h geht es bei einem freien sozialen Jahr oder bei einer Beschäftig­ung in einer Behinderte­nwerkstatt nicht vorrangig um den Lohnerwerb. Viel eher stehen die immateriel­len Effekte der Arbeit im Vordergrun­d – sich selbst verwirklic­hen, etwas gutes tun oder eine sinnvolle Tätigkeit ausführen. Der Verdienst ist da meist symbolisch­er Natur. Vor allem hätte der Gesetzgebe­r gegen diesen Effekt der Statistik auf die Rentenanpa­ssung wirken müssen. Doch wurde dies lieber unterlasse­n. Stattdesse­n soll bei den Rentnern gespart werden – und das auch noch »statistisc­h ganz neutral« begründet. Dies beweist mal wieder, dass man bei Zahlen immer aufpassen sollte – sie können schnell gefährlich werden.

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