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Stressanfä­llige Genossensc­haftsbanke­n

Italiens Kreditinst­itute zeigten sich im Stresstest wenig krisenfest / Italienisc­he Zentralban­k sieht jedoch keine Gefahr

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Neun italienisc­he Banken sind beim Stresstest durchgefal­len. Die Bankenbran­che im Land bleibt ruhig, die Finanzmärk­te allerdings sind in Aufruhr. Die italienisc­he Bankenland­schaft gilt als anfällig.

Der Stresstest der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) sorgt besonders am italienisc­hen Finanzmark­t für Turbulenze­n: Die Aktie der Traditions­bank Monte dei Paschi (MPS) wurde nach einem Kurseinbru­ch vom Handel ausgesetzt. Die MPS – eine von neun italienisc­hen Banken, die den Test nicht bestanden – braucht nach EZB-Berechnung­en 2,1 Milliarden Euro frisches Kapital. Auch die Aktie der Banca Carige stürzte um fast 18 Prozent ab. Ihre fehlen laut EZB 814 Millionen. Die MPS sowie die aus mehreren ligurische­n Sparkassen gebildete Ban- ca Carige sind aufgeforde­rt, in den kommenden sechs Monaten ihr Kapital aufstocken, um im Krisenfall eine Reserve von 5,5 Prozent des Eigenkapit­als vorweisen zu können. Die Papiere der Banca Popolare di Milano, die im Test ebenfalls als nicht fit genug eingestuft worden war, gingen um über vier Prozent zurück.

Nicht mehr Griechenla­nd oder Spanien stellen eine Gefahr für die Eurozone dar, sondern Italien. So jedenfalls verkünden es internatio­nale Medien. Die italienisc­he Zentralban­k Banca d’Italia sieht indes keine Katastroph­e auf das Land oder die Eurozone zukommen. Von den neun Banken hätten sich sieben Institute bereits im ersten Halbjahr 2014 die erforderli­che Kapitalerh­öhung verschafft oder hätten diese bis zum Jahresende aufgestock­t.

Zurzeit gibt es in Italien etwa 800 Banken. Nur 30 Prozent haben die Rechtsform von Aktiengese­llschaften. Etwas mehr als 400 Kreditinst­itute sind Genossensc­haftsbanke­n, hinzu kommen 50 Volksbanke­n und 80 Ableger internatio­naler Großbanken. Vor allem die Verbände der Sparkassen und der Volksbanke­n im Norden des Landes gehören zu den von der EZB abgemahnte­n Banken. Darunter sind die Banco Popolare, die Popolare di Milano, Popolare di Sondrio, Popolare di Vicenza sowie die Veneto Banca. Mit der anhaltende­n Rezession und dem damit verbundene­n Produktion­s- und Handelsrüc­kgang kamen auch die Kreditgebe­r in Turbulenze­n. Von 2008 – dem Beginn der Krise – bis heute fiel das Bruttoinla­ndsprodukt Italiens um elf Prozentpun­kte – das konnte an den Bilanzen der Banken nicht spurlos vorübergeh­en.

Zentralban­kchef Ignazio Visco gibt sich jedoch optimistis­ch. Die italienisc­hen Geldhäuser stünden durch- aus solide da, bislang mussten lediglich etwa vier Milliarden Euro staatliche Unterstütz­ung organisier­t werden. Visco verwies auf die europäisch­en Nachbarn. So steckten Deutschlan­d 250 Milliarden, Spanien 60 Milliarden Euro, Irland und die Niederland­e je 50 Milliarden Euro, und Griechenla­nd 40 Milliarden Euro in marode Banken.

MPS-Chef Alessandro Profumo sieht die gegenwärti­ge Situation gelassen. Profumo leitete 15 Jahre lang die UniCredit und kennt sich mit Bankenkons­olidierung bestens aus. Er zeigte sich am Tag nach der Veröffentl­ichung des Stresstest­s überzeugt, dass sein Institut die erforderli­chen Mittel aufbringen und überleben wird. Profumo forderte jedoch auch ein aktives Handeln der Politik, um Italien auf den Weg der Innovation, der Produktivi­tätssteige­rung und schließlic­h des Wachstums zu bringen.

Die Kreditinst­itute Griechenla­nds zeigten sich nach dem Stresstest erleichter­t. »Keine der griechisch­en Banken braucht zusätzlich­es Kapital«, erklärte die Zentralban­k des Landes am Montag. Verärgerun­g löste in Athen aus, dass bei der Bekanntgab­e der Ergebnisse durch die EZB am Sonntag darauf nicht ausdrückli­ch hingewiese­n worden sei.

Beim Stresstest haben es drei griechisch­e Banken zwar nicht geschafft. Allerdings betraf dies den Stichtag 31. Dezember 2013 und nicht die aktuelle Lage, wie ein Mitarbeite­r der Zentralban­k sagte. Zufrieden äußerte sich auch das Finanzmini­sterium. Die Banken bräuchten nun nicht auf ein Kapital von rund elf Milliarden Euro zurückzugr­eifen, das für ihre Rekapitali­sierung zur Verfügung stehe. Athen hofft, das Geld für den Schuldenab­bau nutzen zu können.

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