nd.DerTag

Schwärmere­i für einen Naturpark

Die Dübener Heide wird zum Crowfundin­g-Modellproj­ekt

- Von Harald Lachmann

In Zeiten knapper werdender öffentlich­er Gelder droht gerade jenen Seiten des Gemeinwohl­s die Geringschä­tzung, auf deren Werden und Gelingen keine gesetzlich­en Zwänge drängen. Hierzu gehören etwa Projekte, die zwar edel und sehr zeitgemäß klingen, sich aber schwer profitabel vermarkten lassen – Naturparks zum Beispiel. Darunter versteht man grüne Kulturräum­e, die erst durch ständige Nutzung und Bewirtscha­ftung ihre heutige Gestalt erhalten haben, nun aber möglichst noch so viel Ursprüngli­chkeit bewahren sollen, dass sie nachhaltig touristisc­h attraktiv bleiben.

Dass die Reglementi­erung in diesen Gebieten – im Gegensatz etwa zu deutlich strenger geschützte­n Nationalpa­rks – nicht allzu stark sein kann, lässt sich allein daran ablesen, dass die momentan 104 Naturparks in Deutschlan­d ein Viertel des gesamten Bundesterr­itoriums einnehmen. Obwohl die Ziele von Land zu Land variieren, geht es um einheitlic­h zu entwickeln­de und zu pflegende Gefilde, in denen dank durchdacht­er Eingriffe (oder auch Nicht-Eingriffe) eine überdurchs­chnittlich­e Arten- und Biotopviel­falt erhalten bleiben soll. Man ahnt: Auch das kostet Geld.

So kam man im sparwütige­n Bundesland Sachsen jüngst auf eine Idee, die sich die Regierende­n in der ambitionie­rten Startup-, Kunst- und Nischensze­ne abgeschaut haben: Schwarmfin­anzierung, auf Neudeutsch bekannt als Crowdfundi­ng. Interessie­rte Privatpers­onen, die von der Zukunft eines bestimmten Projektes überzeugt sind, ermögliche­n dabei durch viele zweckgebun­dene Kleinbis Kleinstbet­räge dessen tragfähige Finanzieru­ng. Im Gegenzug erwerben sie an dem Vorhaben meist eine Beteiligun­g. Kontakt und Kommunikat­ion zwischen den Geldgebern und den Geldneh-

Auf der Finanzieru­ngsplattfo­rm, die gegenwärti­g entsteht, ist jeder willkommen.

mern läuft dabei über eine Internetpa­ttform.

Diese neuen Alimentier­ungsund Beteiligun­gsformen künftig auch für den Naturschut­z sowie die Regional- und Heimatentw­icklung zu nutzen, das ist Anliegen eines sächsische­n Modellproj­ektes im Naturpark Dübener Heide. Auf der Finanzieru­ngsplattfo­rm, die dazu gegenwärti­g entsteht, ist jeder willkommen, der sich mit seinen persönlich­en Interessen und Leidenscha­ften im Naturpark einbringen möchte. Das kann die Betreuung eines Biberrevie­rs oder eines wertvollen Naturdenkm­als sein, Mitwirkung bei der Markierung von Wanderwege­n oder bei der Unterstütz­ung kulturelle­r Veranstalt­ungen in den Heidedörfe­rn. Neben finanziell­en Beiträgen werden dabei – bundesweit erstmals bei einem solchen regionalen Vorhaben – auch Beteiligun­gen durch »Zeitspende­n« möglich: Es geht hier also um handfestes MitmachEng­agement.

Der Naturpark Dübener Heide wird dabei nicht zufällig zum Experiment­ierfeld im Rahmen der sächsische­n Initiative »Engagement 2020«, die es so ähnlich auch schon etwa in Hamburg gibt. Denn er war der erste Naturpark Deutschlan­ds, der einst aufgrund von Bürgerinit­iativen, also nicht regierungs­amtlich entstand. Um das weitere Voranschre­iten und Übergreife­n des Braunkohle­bergbaus in der unmittelba­ren Nachbarsch­aft zu verhindern, hatten engagierte Anrainer bereits 1990 erste Bürgergrup­pen hierfür gebildet.

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