Bleibt die Frage: Wem nutzt es wirklich?
Zu »Die Keule Unrechtsstaat«, 18./19.10., S. 21
Seit Wochen geistert der politische Kampfbegriff Unrechtsstaat, bezogen auf die DDR, durch die Medien der BRD.
Ich zähle mich zu jenen Linken, von denen der Autor Claus Dümde sagt, dass sie empört reagieren. Ich wurde an eine Bemerkung von Lothar de Maizière, dem letzten Ministerpräsidenten der DDR, erinnert, der seinerzeit nach einer Wahl mit schlechten Ergebnissen für die CDU in den neuen Ländern folgendes zu bedenken gab: »Wer den Ostdeutschen täglich sagt, sie seien Teil einer kriminellen Vereinigung gewesen, braucht sich nicht zu wundern, wenn er nicht gewählt wird.«
Die gleiche Wirkung, nun aber zu Lasten der LINKEN, hat diese törichte Entscheidung der Thüringer Genossen auch. Ich bestreite überhaupt nicht, dass es im Rechtsstaat DDR arges Unrecht gegeben hat – ich kann davon durchaus »ein Lied singen«. Aber ich gehöre jener Generation an, die zwölf Jahre Faschismus – davon sechs Jahre Krieg – erlebt hat und eben darum einen nichtkapitalistischen, antifaschistischen Staat aufbauen wollte. Über die Ursache des Misslingens ist nach meiner Auffassung ausreichend diskutiert worden.
Zudem hat die gesellschaftspolitische Gegenwart so viele Probleme, die viel dringender der Diskussion bedürfen: z. B. die Schlitzohrigkeit der NATO, sich unter allerlei Vorwänden so nahe wie möglich an die Grenzen Russlands heranzupirschen; der Anarchismus jener Methoden der Ausbeutung von Lohnabhängigen, der viele Mitbürger nicht mehr die Notwendigkeit des Klassenkampfes erkennen lässt oder die Unfähigkeit zivilisierter Länder, sich mit geeigneten Mitteln dem Dschingis-KhanVerschnitt des 21. Jahrhunderts entgegen zu stellen. Der Beitrag ist von Anfang bis Ende bedenkenswert. Es geht nicht nur um die Kontinuität bundesdeutschen staatlich verordneten verbalen Umgangs mit der DDR, die nun auch von Funktionsträgern der Linkspartei fortgeführt wird, sondern die drei Parteien haben sich in Protokollpapieren zu ihren Sondierungen darauf verständigt, »nicht mit Organisationen, die das DDR-Unrecht relativieren, zusammenzuarbeiten. Die Parteien werden keine Personen, die di- rekt oder indirekt mit dem Sicherheitssystem der DDR zusammengearbeitet haben, in Positionen dieser Regierung entsenden.«
Hier geht es um eine künftige politische Praxis, die massenhafte wenig rechtsstaatliche Praktiken gegen Bürgerinnen und Bürger der DDR nach 1990 fortsetzen würde. Was soll dann die Erklärung der Sondierungslinken, dass mit ihrem Bekenntnis zum »Unrechtsstaat« und zur »schonungslosen Aufarbeitung der Alltagsdiktatur« ausdrücklich nicht DDR-Bürger und ihre Biografien gemeint seien? Alltagsleben ohne Bürger? Ähnliches gab es in den 80er Jahren schon einmal in einer Vereinbarung der bundesdeutschen Kultusminister zur Delegitimierung der DDR in der Bildung: Es ginge nur um das politische System, die Bürger sollten nicht verprellt werden.
Bleibt die Frage, wem nutzt das? Erinnerung hat immer etwas mit Interessen und mit Zukunft zu tun. Die Verständigung auf den »Unrechtsstaat« als »wichtiger Schritt für eine gemeinsame Regierung und Erinnerungskultur« hilft bestimmt nicht, progressive sozialpolitische Vorhaben aus den Sondierungen gegen reale Macht- und Kräfteverhältnisse und auch gegen Interessen derer, die den »Unrechtsstaat« erfunden haben, wenigstens teil- und zeitweise durchzusetzen. Dazu würde Druck, Aufbruch, Kontrolle von unten gebraucht und auch Erinnerung daran, was trotz aller Nachteile und allen Unrechts das Humanistische für Mehrheiten der Bevölkerung in der DDR ermöglicht hat. andere Politiker geben, die die Forderung der Rostocker, das Theater zu erhalten und zu entwickeln, unterstützen.
Ich möchte mich auch an die vielen Vereine und Verbände in der Stadt wenden und sie auffordern, sich an der Demonstration zu beteiligen,denn Kultur und Kunst bereichern das Leben, schaffen Freude und interessante Erlebnisse. Lassen wir uns nicht ein Stück Lebensfreude wegnehmen und demonstrieren wir am 5.November dafür, dass die Demokratie von »unten« nach »oben« funktioniert, wie bei der gesellschaftlichen Wende vor 25 Jahren. hen. Zu bedenken ist aber, dass vor dem körperlichen der soziale Tod kommt (Sofsky). Damit werden bereits in der »Diskussion« Gruppen gebildet und ausgegrenzt. Die potenziellen Opfer sind schon im Vorfeld einer geforderten Regelung festgelegt und stigmatisiert. Gefragt werden jedoch nie die Betroffenen.
Wer auf Schmerzen, Tumore und Unheilbarkeit abstellt, muss sich aber auch klarmachen, an Tumoren stirbt nur ein Viertel der Patienten. Es werden also für die Masse andere Regeln gebraucht! Wer will die schaffen?
Meine Patienten können sich auch weiterhin darauf verlassen, dass ich alles in meiner Kraft stehende unternehmen werde, um ihr Wohlbefinden zu sichern, wobei der Patient festlegt, was Wohlbefinden ist. Ich glaube, auch in Zukunft wird der ernsthafte Wunsch zum Sterben vor Ablauf der biologischen Uhr nicht wirklich dazugehören. Zumindest für sich selbst.