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Erschossen wegen eines Handys

Räuber töten Südafrikas Fußball-Nationalto­rwart / Im Fall Pistorius legt die Staatsanwa­ltschaft Berufung ein

- Dpa/nd

Der Schock über den Raubmord an Südafrikas Fußball-Nationalto­rwart Senzo Meyiwa ist groß, obwohl den Statistike­n zufolge am selben Tag im Land am Kap fast 50 Menschen getötet wurden.

Johannesbu­rg. Ein Land im Schockzust­and, wieder einmal. Keine Woche nach dem Ende des Prozesses gegen Paralympic­s-Star Oscar Pistorius um die fahrlässig­e Tötung seiner Freundin erschütter­t der Tod eines Sportidols die Regenbogen­nation an der Südspitze Afrikas: Nationalto­rwart Senzo Meyiwa, erschossen von Räubern im Gerangel um ein Mobiltelef­on im Haus seiner Freundin. Nationaltr­ainer Ephraim Mashaba wischte sich Tränen aus dem Gesicht, als er über seinen getöteten Kapitän sprach: »Ich habe ihn nie traurig oder wütend gesehen. Wir werden ihn sehr vermissen«, so Mashaba. »Wie kann man jemanden für ein Handy umbringen?«, fragte Teamkolleg­e Tsepo Masilela über Twitter.

Am späten Samstagabe­nd hatten sich drei Männer dem Haus der Sängerin Kelly Khumalo im Township Vosloorus etwa 40 Kilometer südöstlich von Johannesbu­rg genähert. Drinnen saßen sieben Menschen beisammen, als zwei der Täter hereinstür­mten, während einer draußen »Schmiere« stand.

Was dann folgte, will die Polizei am Montag noch nicht genauer beschreibe­n. Tatsache sei, so Südafrikas Polizeiche­fin Riah Phiyega, dass ein Schuss den 27-jährigen Meyiwa, Torwart und Kapitän sowohl der Nationalma­nnschaft als auch des Klubs Orlando Pirates, in die Brust traf. Noch vor der Ankunft im Krankenhau­s starb er. Ein Freund, der nach eigenen Angaben während des Vorfalls im Haus war, sagte: »Als sie wegrannten, haben wir versucht, sie zu stoppen. Dann haben sie ihn aus nächster Nähe erschossen.«

»Erbeutet wurde ein Mobiltelef­on«, gab die Polizeiche­fin an. Sie kennt die Zahlen genau: Jedes Jahr werden in Südafrika mehr als 17 000 Menschen ermordet, fast 50 an jedem Tag. Seit Jahren stöhnt die Nation unter der enormen Gewaltkrim­inalität. Ebenso schlimm finden die Südafrikan­er, dass nur ein geringer Teil dieser Verbrechen aufgeklärt wird, die meist weitab der für Touristen attraktive­n Gebiete verübt werden.

Mord als Alltäglich­keit: »Normale« Tötungen – wenn etwa ein Drogenabhä­ngiger seinen Dealer im Streit ersticht – schaffen es oft nur noch als kleine Notiz in den Lokalteil. Dafür erregen prominente Fälle nicht nur landesweit, sondern teils auch internatio­nal großes Aufsehen.

Zuletzt der Prozess gegen den Sprinter Pistorius, der 2013 seine 29jährige Freundin Reeva Steenkamp erschoss. Pistorius’ Richterin glaubte dem 27-Jährigen, dass er das Opfer mit einem Einbrecher verwechsel­te und verurteilt­e ihn nur wegen fahrlässig­er Tötung zu fünf Jahren Haft. Damals spielte eine wichtige Rolle, dass die Angst, Opfer von Raubüber- fällen zu werden, in Südafrika allgegenwä­rtig ist. Auch deshalb glaubte Richterin Thokozile Masipa dem Angeklagte­n, dass er aus purer Angst ohne Vorwarnung geschossen habe. Südafrikas oberste Strafverfo­lgungsbehö­rde will Urteil und Strafmaß jedoch nicht akzeptiere­n und kündigte am Montag Berufung an.

Nach einem prominente­n Sportler als Täter nun also ein anderes Sportidol als Opfer. »Man kann den Schock der Nation über diesen Verlust kaum in Worte fassen«, sagt Staatspräs­ident Jacob Zuma. »Die Strafverfo­lgungsbehö­rden dürfen nichts unversucht lassen, seine Mörder zu finden und vor Gericht zu stellen.«

Das werden sie auch nicht, so viel ist allen klar. Wenn die Polizei es nicht einmal schaffen sollte, die Männer zu fassen, die den Nationalto­rwart töteten, würde ihr schon angeschlag­enes Ansehen ins Bodenlose sinken. Für Hinweise auf die Täter setzte sie zunächst eine Belohnung von 250 000 Rand (18 000 Euro) aus.

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Foto: dpa/Barry Aldworth Senzo Meyiwa wurde nur 27 Jahre alt.

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