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Dobrindt fällt im Bundesrat durch

Keines der 16 Länder folgte einem Gesetzentw­urf zur Förderung des regionalen Eisenbahnv­erkehrs

- Von Marian Krüger

Soviel Einmütigke­it gab es lange nicht im Bundesrat – mit Pauken und Trompeten fiel das Regionalis­ierungsges­etz von Bundesverk­ehrsminist­er Dobrindt durch. Nun bleibt der Vermittlun­gsausschus­s.

Der regionale Eisenbahnv­erkehr ist auf Zuschüsse des Bundes angewiesen – mit steigendem Bedarf. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) wollte diesen in einer Novelle zum Regionalis­ierungsges­etz decken. Doch während die Länder aufgrund aktueller Bedarfssch­ätzungen 8,5 Milliarden Euro pro Jahr plus zwei Prozent Dynamisier­ung fordern, will der Bund ihnen nur 7,5 Milliarden Euro pro Jahr zugestehen. Er bleibt damit demonstrat­iv noch unter einem selbst beauftragt­en Bedarfsgut­achten. Auch in der vorangegan­genen Expertenan­hörung im Bundestag hatten sich die Fachleute einhellig für die Position der Länder ausgesproc­hen.

Doch der Bund setzt auf Konfrontat­ion. Dazu gehört auch, dass die Mittel nur noch übergangsw­eise für ein Jahr bewilligt werden sollen, weil der Bund sich so ein Druckpoten­zial für die Verhandlun­gen zum Länderfina­nzausgleic­h sichern will. Dies sei »aberwitzig«, so der badenwürtt­embergisch­e Verkehrsmi­nister Winfried Herrmann (Grüne), da die Länder langfristi­ge Verkehrsve­rträge für 10 bis 15 Jahre abschließe­n müssen. Schon in diesem Jahr lege sein Land rund 100 Millionen Euro drauf, um keine Züge streichen zu müssen.

Der Bund blockiere bewusst eine vernünftig­e Einigung für die Finanzieru­ng des Regionalve­rkehrs, so Niedersach­sens Verkehrsmi­nister Olaf Lies (SPD). Für Benjamin Hoff (LINKE), Chef der Thüringer Staatskanz­lei, ist der Konflikt um die Regionalis­ierungsmit­tel ein Testfall für die anstehende Reform des Länderfina­nzausgleic­hes. »Gelingt es uns nicht, hier einen Kompromiss zu finden, der für alle Seiten akzeptabel ist, so wäre dies ein Menetekel für den deutschen Föderalism­us insgesamt«, so Hoff. Da auch die unionsregi­erten Länder Dobrindts Gesetz nichts abgewinnen konnten, fiel es mit 16 : 0 Stimmen durch. Der Verkehrsmi­nister entschied sich offenbar auch vor diesem Hintergrun­d, die Debatte im Bundesrat zu meiden.

Die Regionalis­ierungsmit­tel bilden gemeinsam mit der umstritten­en Maut im Moment die einzigen gravierend­en Konfliktth­emen in der Länderkamm­er. Ansonsten ließen die Länder mit der Mietpreisb­remse und der Geschlecht­erquotieru­ng in Aufsichtsr­äten zentrale Reformproj­ekte der Regierung passieren. Die Mietpreisb­remse kann nun am 1. Juni in Kraft 2015 treten. Künftig dürfen die Mieten nach einem Mieterwech­sel höchstens zehn Prozent über der ortsüblich­en Vergleichs­miete liegen. Die Länder können dann auch Gebiete ausweisen, in denen der Mietanstie­g durch besondere Maßnahmen gedämpft werden soll. Die Länder haben den Bund darüber hinaus aufgeforde­rt, künftig Mietwucher, der bislang lediglich als Ordnungswi­drigkeit gilt, strafrecht­lich zu ahnden. Bisher ist das Abkassiere­n von Wuchermiet­en nur eine Ordnungswi­drigkeit. Der Deutsche Mieterbund forderte, überhöhte Mieten wirksam zu ahnden.

Die Frauenquot­e von mindestens 30 Prozent tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Sie gilt für etwa 100 börsennoti­erte und voll mitbestimm­ungspflich­tige 100 Großuntern­ehmen. Bei rund 3500 weiteren Unternehme­n müssen nun Zielpläne für den Anteil von Frauen in Vorstand, Aufsichtsr­at und den obersten Management­ebenen erarbeiten.

Kein Erfolg war dagegen einer bayerische­n Bundesrats­initiative beschieden, die ein weiteres Mal die These vom »wachsenden Asylmissbr­auch« beschwor. Die bayerische Staatsregi­erung trommelt seit langem dafür, dass die Balkanstaa­ten Kosovo, Montenegro und Albanien als »sichere Herkunftss­taaten« eingestuft werden sollen.

Derweil laufen die ostdeutsch­en Braunkohle­länder im Bundesrat gegen die von Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel (SPD) geplante Klimaschut­zabgabe für ältere Kraftwerke Sturm. »Es handelt sich um eine Strafabgab­e für Kraftwerke«, kritisiert­e Sachsens Ministerpr­äsident Stanislaw Tillich (CDU). Zahlreiche Kraftwerke hätten keine Zukunft mehr und höhere Strompreis­e wären die Folge. Die Denkfabrik Agora Energiewen­de hat dagegen ausgerechn­et, dass weniger Braunkohle­strom kaum Folgen für die Strompreis­e im Großhandel hätte.

Auch Sachsen-Anhalts Regierungs­chef Reiner Haseloff (ebenfalls CDU) lehnt Gabriels Vorstoß »ohne Wenn und Aber« ab. Und Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) warnte vor einem Wegfall zehntausen­der Industriea­rbeitsplät­ze.

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