Dobrindt fällt im Bundesrat durch
Keines der 16 Länder folgte einem Gesetzentwurf zur Förderung des regionalen Eisenbahnverkehrs
Soviel Einmütigkeit gab es lange nicht im Bundesrat – mit Pauken und Trompeten fiel das Regionalisierungsgesetz von Bundesverkehrsminister Dobrindt durch. Nun bleibt der Vermittlungsausschuss.
Der regionale Eisenbahnverkehr ist auf Zuschüsse des Bundes angewiesen – mit steigendem Bedarf. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wollte diesen in einer Novelle zum Regionalisierungsgesetz decken. Doch während die Länder aufgrund aktueller Bedarfsschätzungen 8,5 Milliarden Euro pro Jahr plus zwei Prozent Dynamisierung fordern, will der Bund ihnen nur 7,5 Milliarden Euro pro Jahr zugestehen. Er bleibt damit demonstrativ noch unter einem selbst beauftragten Bedarfsgutachten. Auch in der vorangegangenen Expertenanhörung im Bundestag hatten sich die Fachleute einhellig für die Position der Länder ausgesprochen.
Doch der Bund setzt auf Konfrontation. Dazu gehört auch, dass die Mittel nur noch übergangsweise für ein Jahr bewilligt werden sollen, weil der Bund sich so ein Druckpotenzial für die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich sichern will. Dies sei »aberwitzig«, so der badenwürttembergische Verkehrsminister Winfried Herrmann (Grüne), da die Länder langfristige Verkehrsverträge für 10 bis 15 Jahre abschließen müssen. Schon in diesem Jahr lege sein Land rund 100 Millionen Euro drauf, um keine Züge streichen zu müssen.
Der Bund blockiere bewusst eine vernünftige Einigung für die Finanzierung des Regionalverkehrs, so Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD). Für Benjamin Hoff (LINKE), Chef der Thüringer Staatskanzlei, ist der Konflikt um die Regionalisierungsmittel ein Testfall für die anstehende Reform des Länderfinanzausgleiches. »Gelingt es uns nicht, hier einen Kompromiss zu finden, der für alle Seiten akzeptabel ist, so wäre dies ein Menetekel für den deutschen Föderalismus insgesamt«, so Hoff. Da auch die unionsregierten Länder Dobrindts Gesetz nichts abgewinnen konnten, fiel es mit 16 : 0 Stimmen durch. Der Verkehrsminister entschied sich offenbar auch vor diesem Hintergrund, die Debatte im Bundesrat zu meiden.
Die Regionalisierungsmittel bilden gemeinsam mit der umstrittenen Maut im Moment die einzigen gravierenden Konfliktthemen in der Länderkammer. Ansonsten ließen die Länder mit der Mietpreisbremse und der Geschlechterquotierung in Aufsichtsräten zentrale Reformprojekte der Regierung passieren. Die Mietpreisbremse kann nun am 1. Juni in Kraft 2015 treten. Künftig dürfen die Mieten nach einem Mieterwechsel höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Länder können dann auch Gebiete ausweisen, in denen der Mietanstieg durch besondere Maßnahmen gedämpft werden soll. Die Länder haben den Bund darüber hinaus aufgefordert, künftig Mietwucher, der bislang lediglich als Ordnungswidrigkeit gilt, strafrechtlich zu ahnden. Bisher ist das Abkassieren von Wuchermieten nur eine Ordnungswidrigkeit. Der Deutsche Mieterbund forderte, überhöhte Mieten wirksam zu ahnden.
Die Frauenquote von mindestens 30 Prozent tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Sie gilt für etwa 100 börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige 100 Großunternehmen. Bei rund 3500 weiteren Unternehmen müssen nun Zielpläne für den Anteil von Frauen in Vorstand, Aufsichtsrat und den obersten Managementebenen erarbeiten.
Kein Erfolg war dagegen einer bayerischen Bundesratsinitiative beschieden, die ein weiteres Mal die These vom »wachsenden Asylmissbrauch« beschwor. Die bayerische Staatsregierung trommelt seit langem dafür, dass die Balkanstaaten Kosovo, Montenegro und Albanien als »sichere Herkunftsstaaten« eingestuft werden sollen.
Derweil laufen die ostdeutschen Braunkohleländer im Bundesrat gegen die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geplante Klimaschutzabgabe für ältere Kraftwerke Sturm. »Es handelt sich um eine Strafabgabe für Kraftwerke«, kritisierte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Zahlreiche Kraftwerke hätten keine Zukunft mehr und höhere Strompreise wären die Folge. Die Denkfabrik Agora Energiewende hat dagegen ausgerechnet, dass weniger Braunkohlestrom kaum Folgen für die Strompreise im Großhandel hätte.
Auch Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (ebenfalls CDU) lehnt Gabriels Vorstoß »ohne Wenn und Aber« ab. Und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnte vor einem Wegfall zehntausender Industriearbeitsplätze.