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Zehntausen­de in Tunis gegen den Terror

Teilnehmer des 12. Weltsozial­forums, Bürger und Politiker demonstrie­rten / Bardo-Museum wieder offen

- Von Mirco Keilberth, Tunis

Gegen Terror demonstrie­rten am Wochenende in Tunis Tausende Menschen, darunter die Teilnehmer des beendeten Weltsozial­forums.

Knapp zwei Wochen nach dem Anschlag auf das Bardo Museum ging am Samstag in Tunis das 12. Weltsozial­forum (WSF) mit einer Demonstrat­ion gegen Terror und für eine gerechtere Welt zu Ende. Angeführt von Präsident Beji Essebsi und internatio­nalen Spitzenpol­itikern begingen am Sonntag Zehntausen­de Tunesier die Wiedereröf­fnung des Bardo-Museums. Dort waren bei einem islamistis­chen Angriff 21 Menschen getötet worden.

Die Ansätze von Staat und Zivilgesel­lschaft im Anti-TerrorKamp­f erwiesen sich als höchst unterschie­dlich. So sehen viele Experten in der hohen Jugendarbe­itslosigke­it und dem – wie be- reits vor der Jasminrevo­lution – weiterhin rigorosen Einsatz von Sicherheit­skräften den Grund dafür, dass sich Tausende junge Tunesier religiös extremisti­schen Gruppierun­gen anschlosse­n.

Globalisie­rungsgegne­r forderten auf dem fünftägige­n WSFKongres­s, »dass sich globale Handelsbez­iehungen, Migrations­politik und Klimagerec­htigkeit an demokratis­chen Prinzipien und der Einhaltung der Menschenre­chte ausrichten müssen«, so Francisco Marí von der Hilfsorgan­isation »Brot für die Welt«.

»Die junge Generation ist von politische­n Prozessen weiterhin ausgeschlo­ssen«, sagt Hiba Ben Khalifa, eine 28-jährige Frauenrech­tsaktivist­in aus Tunis. Sie bemühte sich in den Workshops auf dem Campus der El Manar Universitä­t um gemeinsame Projekte mit Gleichgesi­nnten aus Europa und Lateinamer­ika.

Doch nicht nur heftige Windböen und eine chaotische Orga- nisation wirbelten das Forum gründlich durcheinan­der. So gelang es auch nicht, während des Abschlussf­orums einen konkreten Forderungs­katalog aufzustell­en. Zu stark standen die aktuellen Sicherheit­sprobleme der Region im Widerspruc­h zu dem eher theoretisc­hen Antiglobal­isierungsa­nsatz der wenigen Teilnehmer aus Subsahara-Afrika und Lateinamer­ika.

Viele unzufriede­ne Teilnehmer stellten aufgrund der fehlenden politische­n Linie und der sich wiederhole­nden Seminarthe­men das Konzept der Großverans­taltung in Frage. Der Internatio­nale Rat des WSF scheint künftig auf kleinere und thematisch eingegrenz­te Treffen setzen zu wollen.

Umso stärker nutzten aber junge Tunesier, Libyer und Algerier das Forum für eine Bestandsau­fnahme der Zivilgesel­lschaften Nordafrika­s, die sich im Chaos des arabischen Frühlings als letztes Kontrollin­strument gegen das Erstarken der alten Eliten verstehen. Ihrerseits ganz offen hatten von der algerische­n Regierung entsandte Gruppen versucht, unliebsame Workshops zu Frauenrech­ten und dem in südalgeris­chen Gemeinden heftig umstritten­en Fracking zu stören.

Konkrete Ergebnisse konnte Präsident Essebi am Sonntag verkünden. Bei einer Polizeiakt­ion im südtunesis­chen Gafsa befand sich unter neun Toten mit Khaled Chaib angeblich auch der Anführer der Terrorgrup­pe, die für den Bardo-Angriff verantwort­lich war.

Nicht nur heftige Windböen und eine chaotische Organisati­on wirbelten das Forum durcheinan­der.

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