nd.DerTag

»L’Unità« und »il manifesto« – Sprachrohr­e im Wandel

- Nd

Stolz trug »L’Unità« bis zum 1. August 2014 auf ihrer Seite Eins den Untertitel »gegründet von Antonio Gramsci«. Der Bezug auf den Autor, Politiker und marxistisc­hen Philosoph diente nicht nur dazu, sich als Parteizeit­ung auszuweise­n – Gramsci hob »L’Unità« drei Jahre nach der Kommunisti­schen Partei Italiens (PCI) aus der Taufe. Die Zeitung war nicht allein Sprachrohr einer Partei, sie verstand sich auch ganz im Sinne Gramscis als Kraft, die eine Gegenhegem­onie aufbauen wollte – und gab nach ihrem Verbot durch Mussolini nicht auf.

In den stürmische­n 1970er Jahren erreichte »L’Unità« ihre höchste Auflage mit täglich fast 240 000 Druckexemp­laren. Ab 1987 nahm die Zeitung erstmals einen Börsenteil mit Aktien- und Devisenkur­sen in der Zeitung auf. Ihrem größten Wandel war »L’Unità« wohl jedoch 1991 erlegen, als sich die PCI im Zuge des als »Tangentopo­li« in die Geschichte eingegange­n Parteienfi­nanzierung­sskandals auflöste. Seither kämpfte sie ums Überleben. Am 28. Juli 2000 stellte »L’Unità« aus finanziell­en Gründen die Produktion ein, um jedoch am 28. März 2001 wieder mit einer reduzierte­n Auflage zu erscheinen. Im Sommer vergangene­n Jahres wurde ihre Pro- duktion allerdings erneut eingestell­t. Dennoch veranstalt­et »L’Unità« zum diesjährig­en 70. Jubiläum der Befreiung Italiens am 25. April ein Pressefest in Bologna. Passend zu der Ankündigun­g entschied am Dienstag ein Gericht, dass der Herausgebe­r, der die insolvente Zeitung übernommen hatte, den Betrieb wiederaufn­ehmen darf.

»il manifesto« hält sich dagegen heute noch, wenn auch mit einer sehr kleinen Auflage. Es erscheint seit April 1971 als Tageszeitu­ng in Rom, ab 1969 war es bereits monatlich erhältlich. Trotz kritischer Beiträge zur PCI wurde die Zeitung von vielen Wählern der Partei gelesen. Anfang der 90er Jahre näherte sich »il manifesto« politisch der Rifondazio­ne Comunista an, ohne die eigene Unabhängig­keit aufzugeben.

Ende 2012 musste die ursprüngli­ch gegründete Genossensc­haft, auch wegen Kürzungen staatliche­r Mittel, Insolvenz anmelden. Der Belegschaf­t gelang es jedoch, eine neue Genossensc­haft zu gründen und sich die Namensrech­te für »il manifesto« gegen eine Art Miete zu sichern. Wie in der vergangene­n Woche bekannt wurde, steht der Titel nun aber zum Verkauf. »il manifesto« versucht nun die Ausschreib­ung für sich zu entscheide­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany