Dubiose Gemengelage
Flüchtlingsheim in Osterode soll von privater Firma mit zweifelhaftem Ruf geleitet werden
Der Geschäftspartner des vorgesehenen Betreibers einer Flüchtlingsunterkunft in Osterode leitet eine Söldneragentur. Die LINKE im Kreistag hält das Unternehmen für ungeeignet.
In der ehemaligen Osteroder Rommel-Kaserne, in der bis 2004 ein Panzergrenadierbataillon der Bundeswehr stationiert war, soll die fünfte Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge des Landes Niedersachsen entstehen. Bis zu 700 Asylsuchende sollen dort vorübergehend aufgenommen werden. Nachdem zunächst ein Investor die Immobilie erworben, dann aber Pleite gegangen war, kaufte im vergangenen Jahr der Verwaltungsdienstleister »Princess of Finkenwerder« mit Sitz in Stade das Gelände. Die Landesregierung in Hannover erklärte noch vor 14 Tagen, dass das Unternehmen auch Betreiber des Heims werden soll.
Zunächst äußerten die Bürgerinitiative »Für Osterode« und die evangelische Kirche Bedenken, weil die Firma keine Erfahrung mit der Lei- tung von Flüchtlingsheimen habe. Der Osteroder Kreistagsabgeordnete der LINKEN, Frank Kosching, verwies darauf, dass die anderen niedersächsischen Erstaufnahmelager vom Land selbst oder von einschlägig erfahrenen Organisationen wie der Diakonie geleitet würden. »Land und Diakonisches Werk haben Gemeinwohlaufgaben zu erfüllen, die ›Princess of Finkenwerder‹ ist dagegen ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das davon lebt, Gewinne zu erwirtschaften«, sagte Kosching. Daraus ergebe sich »notwendigerweise ein Interessenkonflikt beim Betrieb des Lagers.«
Die »Princess of Finkenwerder GmbH & Co. KG« ist beim Amtsgericht Tostedt (Kreis Harburg) ins Handelsregister eingetragen. Das Unternehmen versteht sich laut Internet-Auftritt als »Spezialist für Kasernen und Konversionsflächen«. Bei einer Bürgerversammlung vor zwei Wochen gab Geschäftsführer Wolfgang Koch an, sein Unternehmen sei auch in der Akteneinlagerung und im Bereich von »IT-Serverfarmen« tätig – eine Serverfarm ist eine Gruppe von gleichartigen oder ähnlichen Anbie- tern von Diensten im Internet. Eine nd-Anfrage zu weiteren Firmentätigkeiten ließ Koch unbeantwortet.
In Osterode vorgestellt hat sich auch Kochs »Geschäftspartner«, der Hamburger Unternehmer Jan Karras. Er betreibt ein Sicherheitsun- ternehmen. Wie Koch bei der Bürgerversammlung sagte, ist es unter anderem für den Personenschutz des Schauspielers Til Schweiger zuständig. Eine hübsche Untertreibung. Denn im Internet bietet Karras’ Firma »Greenzone-consulting« auch die Vermittlung von Söldnern für Einsätze in Konfliktgebieten an. Es könnten »bis zu ca. 600 internationale Einsatzkräfte bereitgestellt werden«. Sie seien allesamt erfahrene ehemalige Militärangehörige.
In den vergangenen Tagen deutete sich nun ein Rückzieher des Landes an. Ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums sagte, es sei doch noch nicht entschieden, wer die Erstaufnahme-Einrichtung betreiben solle. »Herr Karras scheint die Eigentümerin in Sicherheitsfragen zu beraten«, so der Ministeriumssprecher. Inwiefern ein Unternehmen, an dem Karras beteiligt sei, überhaupt mit Sicherheitsdiensten für eine mögliche Flüchtlingseinrichtung in Osterode betraut werden könne, sei »völlig offen«. Wenn »Princess of Finkenwerder« als Betreiber nicht infrage kommen sollte, würden Alternativen geprüft.
Auch Osterodes parteiloser Bürgermeister Klaus Becker fordert, die Frage des Betreibers müsse »noch einmal auf den Prüfstand gestellt« werden. »Es versteht sich von selbst, dass der Betreiber auch wirklich geeignet sein muss, die viel Sensibilität erfordernde Betreuung von Flüchtlingen, die aufgrund ihrer Erlebnisse teilweise traumatisiert sein können, einwandfrei zu gewährleisten.« Das Unternehmen müsse nachweisen, ob es die erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitze, erklärte Becker.
Karras Firma soll auch für den Personenschutz von Til Schweiger zuständig sein. Eine hübsche Untertreibung ...