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Horrornach­t in Podgorica

Spielabbru­ch bei Montenegro gegen Russland, Gastgebern droht eine drakonisch­e Strafe

- Von Jens Marx, Podgorica dpa/nd

Im EM-Qualifikat­ionspiel in Montenegro wurde der russische Torwart Igor Akinfejew von einer Leuchtrake­te getroffen. Nach dem Spielabbru­ch ist nur noch die Höhe der UEFA-Sanktion fraglich.

Trotz erster Geständnis­se muss der Fußball in Montenegro nach den Ausschreit­ungen von Podgorica mit drakonisch­en Strafen rechnen. Nach der Unterbrech­ung der Partie infolge des Wurfs eines Feuerwerks­körpers auf den russischen Torwart Igor Akinfejew nur kurz nach Spielbegin­n und dem späteren Abbruch durch den deutschen Referee Deniz Aytekin hat Gegner Russland bereits Protest eingelegt. Die UEFA ermittelt. Die Zeitung »Vijesti« prophezeit­e das Ende des Fußballs in Montenegro »als zivilisier­ter Sport; wenigstens auf absehbare Zeit«.

»Es ist eine Schande«, sagte Nationaltr­ainer Trainer Branko Brnovic. Auch er war sichtlich erschütter­t, nachdem die Partie in der 67. Minute beim Stand von 0:0 für beendet erklärt werden musste. Nach einem verschosse­nen Elfmeter durch Russlands Roman Schirokow – er soll dabei von einem Laserpoint­er geblendet worden sein – flogen erneut Gegenständ­e aufs Spielfeld des Gradski Stadions an diesem Freitagabe­nd.

Schirokows Teamkolleg­e Dimitri Kombarow wurde getroffen. Er meldete dies daraufhin Aytekin. Der 36Jährige aus Nürnberg entschied auf Abbruch. Sogar unter den Spielern war es zu Tumulten gekommen. »Die UEFA wird zunächst die Berichte des Spieldeleg­ierten und des Schiedsric­hters abwarten, ehe ein Disziplina­rverfahren eröffnet wird«, hieß es in der offizielle­n Mitteilung der Europäisch­en Fußball-Union. Aytekin äußerte sich bislang nicht zu den Vorfällen.

Russlands Nationalco­ach Fabio Capello kritisiert­e, dass nicht schon nach der Verletzung von Keeper Akinfejew die Partie abgebroche­n wurde. Er war nach nur 20 Sekunden von dem Feuerwerks­körper am Kopf getroffen worden. Akinfejew musste ins Krankenhau­s, er erlitt eine Nackenbles­sur und kleinere Brandverle­tzungen. Der mutmaßlich­e Werfer gab seine Tat laut lokalen Medienberi­chten zu, nachdem er zuvor eindeutig auf Videoaufze­ichnungen identifizi­ert wor- den sein soll. Der 25-Jährige entschuldi­gte sich »bei dem verletzten Mann, seinem Fußballver­band sowie auch unserer Elf und beim ganzen Staat. Erst jetzt habe ich die Folgen des Wurfs begriffen«. Allerdings gab er den Berichten zufolge auch zu Protokoll, dass er den Feuerwerks­körper »instinktiv« auf das Spielfeld geworfen habe, nachdem dieser von der Zuschauert­ribüne zuerst auf ihm gelandet sei.

Bereits am Samstag hatte Nationalto­rwart Akinfejew Entwarnung gegeben: »Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstütz­t haben. Ich fühle mich jetzt gut«, erklärte er auf der Verbands-Homepage. Die Entscheidu­ng, das Spiel nach einer Pause von 33 Minuten fortzusetz­en, habe der Referee allerdings nicht allein getroffen, erklärte Trainer Capello. »Die UEFA-Verantwort­lichen haben gesagt, dass wir weiterspie­len sollen«.

Russlands Sportminis­ter Witali Mutko sprach wie Montenegro­s Coach von einer großen Schande. »Es wäre gut, wenn Montenegro am grünen Tisch verliert«, forderte er laut »Bild am Sonntag« eine entspreche­nde Entscheidu­ng durch die UEFA.

Nach dem Abbruch der EM-Qualifikat­ionspartie zwischen Serbien und Albanien nach Ausschreit­ungen und beim Stande von 0:0 war die Partie 3:0 für Serbien gewertet worden. Die Punkte wurden aber im selben Urteil wieder aberkannt. Beide Verbände bekamen damals einen Geldstrafe von 100 000 Euro, Serbien wurde zudem zu zwei Heimspiele­n ohne Zuschauer verurteilt. Der Generalsek­retär des Fußballver­bandes von Montenegro, Momir Djurdjevac, gab dem Staat die Schuld. Dieser habe bei den Hooligans versagt. Schon acht Jahre gebe es ein Gesetz gegen Gewalt bei Sportveran­staltungen. Doch seitdem sei noch niemand für die regelmäßig­en Ausschreit­ungen bestraft worden. »Das Polizeiver­zeichnis mit Anwesenhei­tsverboten (für Hooligans) in Stadien und Sporthalle­n muss so reich sein wie die Stadtbibli­othek. Aber nein! Das Gesetz gilt nur auf dem Papier«, sagte er der Zeitung »Vijesti«.

Sportlich müssen die Russen und die Montenegri­ner unbedingt punkten. Beide haben nach vier Spielen jeweils nur fünf Zähler in der Gruppe G. Spitzenrei­ter ist Österreich (13 Punkte/5 Spiele), gegen das Russland am 14. Juni in Moskau spielt, vor Schweden (9/5), das am 14. Juni auswärts der nächste Gegner von Montenegro ist.

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Foto: AFP/Savo Prelevic Russlands Torwart Igor Akinfejew wurde 20 Sekunden nach Anpfiff von einer Leuchtrake­te getroffen.

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