Politisch engagiert
Die
meisten kennen Rolf Becker aus der ARD-Serie »In aller Freundschaft«. In der seichten Krankenhaus-Soap des MDR spielt er seit 2006 den Rentner Otto Stein – einen Familienmenschen mit menschelnden Eigenschaften. Eine unpolitische Rolle, die so gar nicht zur politischen Vita Beckers passen will. Nicht nur seine Auftritte auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz, die Jahr für Jahr in Berlin stattfindet, weisen ihn dabei als Linken aus. Seit Jahren engagiert sich der Schauspieler auch politisch und sozial. So setzt sich Becker unter anderem für die Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg ein. In den 1970er Jahren unterstützte Becker einen Radiosender in Nicaragua, in den 1990er Jahren demonstrierte er gegen die NATOAngriffe in Ex-Jugoslawien, was ihm auch heftige Kritik einbrachte. Unermüdlich ist Becker bis heute im Einsatz gegen das Vergessen der NS-Vergangenheit. Aktuell fordert der Schauspieler Solidarität mit den Griechen: »Man kann nicht Politik machen in der Illusion, man könne die Geschichte vernachlässigen«, sagte er vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Geboren in Leipzig, wächst Becker ab Kriegsbeginn 1939 auf dem Bauernhof seiner Großeltern in Osterstedt/Holstein auf. Schon mit neun Jahren steht er in dem Stück »De Wett« (Die Wette) von Fritz Reuter auf der niederdeutschen Dorfbühne. In Bremen geht Becker, dessen Vater im Krieg fiel, aufs Gymnasium, ist von Schillers »Die Räuber« schwer beeindruckt, später spielt er mit Freunden »Der dritte Mann« in einer ausgebombten Wohnung.
Mit kleinen Rollen an den Münchner Kammerspielen beginnt Becker seine Theaterkarriere, nach Stationen in Darmstadt und Ulm wechselt er 1963 ans Theater Bremen. Hier inszeniert er auch, bis er 1969 fristlos entlassen wird. »Wir dachten, wir können das Theater der Zukunft installieren. Wir haben eine Operette auch schon mal unterbrochen, um gegen die Notstandsgesetze zu protestieren«, erinnert er sich an die wilde Zeit der Studentenproteste.
Nach Engagements am Hamburger Schauspielhaus und am Thalia Theater avanciert Becker rasch zu einem der gefragtesten Theaterschauspieler und macht auch im Fernsehen und beim Film Karriere (»Trenck«-Serie, 1971, »Die verlorene Ehre der Katharina Blum«, 1976). »Kein Mensch ist nur gut. Und kein Mensch ist nur böse. Sondern jeder Mensch hat beide Seiten in sich - das war das Rollenfeld, was mich am meisten interessiert hat«, sagt er.
Auch mit seinen Kindern Ben und Meret Becker aus der Ehe mit der Schauspielerin Monika Hansen hat Becker schon zusammen gespielt. In »Ein Lied von Liebe und Tod - Gloomy Sunday« (1998) spielte Ben einen jungen SS-Offizier, Becker den alten. Mit Meret drehte er den Kinofilm »Heinrich der Säger« (2000), indem er einen Bahnhofsvorsteher spielte, der gegen seinen Arbeitgeber rebelliert.