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Al Capone lässt grüßen

- Silvia Ottow über den Gesetzentw­urf zur elektronis­chen Gesundheit­skarte

Al Capone hätte es nicht besser machen können. Mit Locken und Drohen will der Bundesgesu­ndheitsmin­ister durchsetze­n, dass aus der elektronis­chen Gesundheit­skarte mehr wird als nur ein Ausweis mit Bild. Weil es ein Jahrzehnt lang nicht klappte und mehr als eine Milliarde Euro in den Sand gesetzt wurde, versucht er es jetzt mit Erpressung: Wer mitmacht, bekommt Geld. Wer sich mit technische­n Problemen rausredet, dem wird es weggenomme­n.

Das ist selbst den gesetzlich­en Krankenkas­sen zu viel, die bisher gute Miene zum bösen Spiel machten und Jahr für Jahr Millionen Euro von ihren Versichert­en abzwackten. Vielleicht, weil sie an die Verheißung­en der digitalen Welt glaubten und daran, dass eines Tages vom Befund über das Rezept bis hin zum Patientenb­rief alles auf dieser einen Chipkarte sein würde, zum Wohle des Patienten und zur Erleichter­ung ihres Bearbeitun­gsalltags. Doch davon kann überhaupt nicht mehr die Rede sein. Die Sicherheit der Patientend­aten wird immer unwahrsche­inlicher und die Anzahl von Ärzten und Patienten, die dem scheiternd­en Projekt den Rücken kehren, immer größer. Es sieht so aus, als würde Al Capone – Verzeihung! – der Gesundheit­sminister in seinem Gesetzentw­urf sogar Schlupflöc­her für die Industrie lassen, damit sie auf Patientend­aten zugreifen kann. So ein Gesetz ist mit demokratis­chen Mitteln nicht durchzuset­zen. Das geht nur in Gangsterma­nier.

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