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Weniger Hunger reicht nicht

FAO stellte Bericht zur Ernährungs­situation vor / Welthunger­hilfe fordert mehr Unterstütz­ung der G7-Staaten

- Von Haidy Damm

Die Zahl der Hungernden ist laut Vereinten Nationen weltweit gesunken. Von Fortschrit­t will die Welthunger­hilfe dennoch nicht sprechen. Sie fordert weitere Maßnahmen – auch vom G7-Gipfel.

Die Zahl der Hungernden weltweit ist auf unter 800 Millionen gesunken. Rund 795 Millionen Menschen hätten nicht genügend Nahrung, heißt es in dem am Mittwoch in Rom vorgestell­ten UN-Jahresberi­cht zum Hunger weltweit. Damit hungerten 2014 zehn Millionen Menschen weniger als im Jahr davor, wie aus dem Bericht der Ernährungs- und Landwirtsc­haftsorgan­isation der Vereinten Nationen (FAO), dem Internatio­nalen Fonds für Landwirtsc­haftliche Entwicklun­g (Ifad) und dem Welternähr­ungsprogra­mm (WFP) hervorgeht. In 72 von 129 beobachtet­en Ländern wurde der Anteil der Unterernäh­rten in der Bevölkerun­g halbiert.

Regional sind die Erfolge unterschie­dlich. Während in Teilen Asiens die Zahl der Unterernäh­rten von 500 Millionen auf 486 Millionen sank, hungern im südlichen Afrika weiter 220 Millionen Menschen, das sind 23 Prozent der Bevölkerun­g. Fortschrit­te sieht die FAO in einigen Ländern Westafrika­s sowie in Lateinamer­ika, wo der Anteil der Hungernden von 14,7 auf 5,5 Prozent sank.

Die Zahlen zeigten, dass »der Hunger noch zu unseren Lebzeiten besiegt werden kann«, erklärte FAO-Generaldir­ektor José Graziano da Silva. »Dieses Ziel muss bei allen politische­n Entscheidu­ngen berücksich­tigt werden und essenziell­er Teil der neuen Agenda für nachhaltig­e Entwicklun­g sein, die dieses Jahr aufgestell­t wird«, forderte da Silva. »Wir müssen die Generation sein, die den Hunger besiegt.«

So viel positive Stimmung teilt die Präsidenti­n der Welthunger­hilfe, Bärbel Dieckmann, nicht. Der Bericht zeige vielmehr »kaum Fortschrit­te in der weltweiten Hungerbekä­mpfung«, so Dieckmann. Viele Länder hätten das ehrgeizige Millennium­sziel von 2015 nicht erreicht. Setze sich der Trend der vergangene­n zehn Jahre fort, rücke das neue Ziel – eine Welt ohne Hunger bis 2030 – in weite Ferne. »Dann wären wir erst nach 2060 so weit.«

Dieckmann forderte angesichts des G7-Gipfels im bayrischen Elmau »eine deutliche Trendwende«: Gerade die sieben reichsten Nationen müssten ihre Bemühungen verstärken und die staatliche­n Mittel bis 2030 kontinuier­lich erhöhen. Nach Untersuchu­ngen der Welthunger­hilfe haben eben diese Staaten die Mittel für Ernährungs­sicherheit und ländliche Entwicklun­g von 11,3 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 8,6 Milliarden im Jahr 2013 gesenkt – allen voran Japan und Frankreich.

Auch Niema Movassat, Sprecher für Welternähr­ung der Bundestags­fraktion DIE LINKE, fordert einen »Paradigmen­wechsel im Kampf gegen den Hunger«. Neben gezielter Förderung von Kleinbauer­n, dem Aufbau von sozialen Sicherungs­systemen sowie Entwicklun­gsprogramm­en zur Armutsbekä­mpfung verwies Movassat auf die Verantwort­ung der Industries­taaten. »Es muss Schluss sein mit westlichen Agrarsubve­ntionen und der zerstöreri­schen zum Dogma erhobenen Freihandel­spolitik«, sagte er in Berlin.

»Bei der Hungerbekä­mpfung müssen vor allem die Kleinbäuer­innen und Kleinbauer­n stärker in den Fokus rücken«, fordert Dieckmann. »Mit mehr Unterstütz­ung können sie mehr produziere­n und mehr Einkommen erwirtscha­ften und so den Hunger in ihren Ländern besiegen.«

Priorität für Investitio­nen in Landwirtsc­haft will auch die FAO: »In ländlichen Gemeinden müssen gute Arbeitsplä­tze, gute Lebensbedi­ngungen und gute Zukunftsch­ancen für die Bewohner entstehen, nur so können sich Länder nachhaltig entwickeln«, erklärte Ifad-Präsident Kanayo F. Nwanze in Rom.

Dem Bericht zufolge verhindert­en in erster Linie die globale Wirtschaft­slage sowie extreme Wetterbedi­ngungen, politische Instabilit­ät und bewaffnete Konflikte, dass die für das Jahr 2015 gesetzten Ziele zur Ernährungs­sicherung vollends erreicht werden konnten. 24 afrikanisc­he Länder sind demnach heute von Nahrungskr­isen betroffen, das sind doppelt so viele wie im Jahr 1990.

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