Medico kritisiert kurzatmige Nothilfe-Politik der Staaten
Berlin. Wenige Tage vor dem G7-Gipfel kritisiert die Hilfsorganisation medico international die Entwicklungspolitik der Industrienationen. Internationale Politik verkümmere zum Krisenmanagement, sagte Geschäftsführer Thomas Gebauer am Mittwoch bei der Vorstellung des medico-Jahresberichts in Berlin. In den meisten Fällen werde erst nach der Katastrophe reagiert, statt die Ursa- chen bereits im Voraus zu erkennen und zu bekämpfen.
Gebauer nannte als Beispiel die Ebola-Epidemie in Westafrika. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Pläne der Vereinten Nationen, eine medizinische Einsatztruppe für Gesundheitskrisen zu schaffen. Die sogenannte Weißhelmtruppe reagiere lediglich mit Nothilfe, statt Krisenprävention zu betreiben. Der medi- co-Chef schlug stattdessen die Einrichtung eines internationalen Gesundheitsfonds nach Vorbild des Länderfinanzausgleichs vor. Durch Umverteilung finanzieller Mittel könnten die Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern aufgebaut werden.
Von den G7-Nationen, die am 7. und 8. Juni auf Schloss Elmau in Bayern beraten, forderte Gebauer vorausschauende Maßnahmen wie eine Regulierung des Landgrabbings. Mit Landgrabbing verschaffen sich Privatinvestoren große Agrarflächen in Entwicklungsländern. Um den Hunger in Afrika zu stoppen, seien vor allem kleinbäuerliche Strukturen wichtig, sagte Gebauer.
Angesichts der zahlreichen Krisen verzeichnete die Organisation 2014 einen 14-prozentigen Anstieg der Spenden auf rund 4,4 Millionen Eu- ro. Die Zuschüsse von öffentlichen Geldgebern seien von rund 5,4 Millionen auf 3,8 Millionen Euro gesunken. medico international fördert vor allem Hilfsprojekte im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika. Etwa zwei Millionen Euro seien in Projekte in Israel und Palästina geflossen. Mit circa 1,1 Millionen Euro wurde die syrische Bevölkerung im Bürgerkriegsgebiet unterstützt.