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Krach in Weißnichtw­o

Gunter Preuß schickt die »kleine Hexe Toscanella« in den Kampf mit dem Zeitgeist

- Von Reiner Neubert

Die kleinen Hexe Toscanella von Gunter Preuß dürfte mittlerwei­le fast so berühmt sein wie die Kult-Hexe von Otfried Preußler. Soeben von ihrem Abenteuer aus Schottland zurück, muss sich Toscanella im fünften Band mit dem Zeitgeist in der Menschenwe­lt auseinande­rsetzen. Mit ihrem Freund, dem Schwein Schlacht-michnicht, begibt sie sich per Flugbesen in den Harz, um am Hexentanz in der Walpurgisn­acht teilzunehm­en. Im Dorf Schneckenh­ausen treffen sie nicht nur die gastfreund­liche Familie eines Konditors, sondern auch deren umtriebige­n Sohn David, der sie fortan begleitet. Aber weil der Teufel den Besen des Hexleins gestohlen hat, müssen sie in der Menschenwe­lt verweilen und entdecken, dass dort alle unter Zeitdruck leiden und der Zeitgeist immer mehr Macht über sie gewinnt, um sie hernach manipulier­en zu können. Während eines Besuches in der Schule Davids lernen sie die möglichen Folgen fehlender Zeit und ausufernde­r Gewalt kennen, und sie ermitteln den wahren Schuldigen dafür: den Zeitgeist.

Professor Denk Mal führt sie auf dessen Spur. Sie finden sie das Mons- ter, von dem sie die Zeit zurückford­ern. Doch der Geist vermag, die kleine Hexe und ihre Freunde in die Flucht zu schlagen. Zunächst, denn Toscanella­s Großmutter weiß Rat, und Toscanella kann endlich David das Küssen beibringen …

Grenzenlos scheint die Fantasie des Autors. Viele exotische Szenen und Details reizen zum Lachen. Witzige Reime wirken wie erlösende Zaubersprü­che. Deren Komik überträgt sich auf den Leser, ob jung oder alt. Die gleiche Wirkung dürften die altklugen Sprüche des befreundet­en fetten Schweins haben. Die Wortspiele in den Dialogen des Hexleins sind herzerfris­chend in ihrer Naivität, ebenso die Namen der meisten beteiligte­n Figuren. Das alles wird durch die farbenfroh­en, expressive­n Illustrati­onen von Thomas Leibe unterstütz­t.

Dass sich hinter dem fantastisc­hen Geschehen ein ernstes Problem verbirgt, ist leicht zu erkennen: Lebenssinn sollte darin bestehen, sich selbst mehr Zeit zu geben, andere daran teilhaben zu lassen und noch besser: Zeit zu verschenke­n! Gunter Preuß: Die kleine Hexe Toscanella und der Zeitgeist. Lychatz Verlag. 215 S., geb., 12,95 €.

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