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Sarkozy krallt sich die Republik

Umbenennun­g der konservati­ven französisc­hen Partei UMP stößt auf scharfe Kritik

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Die 213 000 Mitglieder der konservati­ven französisc­hen Opposition­spartei UMP von Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy sind zur Umbenennun­g ihrer Partei in »Die Republikan­er« befragt worden.

Die Union pour un mouvement populaire (UMP; deutsch: Union für eine Volksbeweg­ung) darf sich – zumindest vorübergeh­end – in »Die Republikan­er« umbenennen. So hat am Dienstag ein von den Gegnern dieser Namenswahl in einem Eilverfahr­en angerufene­s Gericht in Paris entschiede­n.

Durch die Namensände­rung drohe »keine akute Störung der öffentlich­en Ordnung«, lautet das Urteil. Damit steht das eigentlich­e Verfahren über den Inhalt der Klage noch aus, doch sollte das zu Ungunsten der UMP ausfallen, hat diese bereits Berufung angekündig­t.

Gegen die Umbenennun­g haben vier Parteien und Organisati­onen geklagt sowie 143 Einzelpers­onen, darunter fünf Franzosen, die den Familienna­hmen Républicai­n tragen. Die Kläger argumentie­ren, dass sich niemand diesen Namen aneignen darf, weil eigentlich alle Franzosen Republikan­er sind, denn im Artikel 1 der Verfassung heißt es: »Frankreich ist eine unteilbare Republik«. Eine einzelne Partei »Die Republikan­er« zu nennen, sei eine Anmaßung und eine indirekte Herabwürdi­gung aller politische­n Gegner, die damit automatisc­h zu NichtRepub­likanern gemacht werden sollen. Hinzu kommt, dass die UMPAnwälte sogar für drei verschiede­ne Logos mit dem Namenszug »Die Republikan­er« wie für eine kommer- zielle Marke Titelschut­z bei der zuständige­n Behörde beantragt – und bekommen haben.

Den neuen Namen wollte vor allem einer, der Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, und er war sich seiner Sache sehr sicher. Seit er im vergangene­n September in die Politik zurückgeke­hrt ist und im November von der übergroßen Mehrheit der Mitglieder zum Parteivors­itzenden der UMP gewählt wurde, ist offensicht­lich, dass er die Partei, die eigentlich ein Zusammensc­hluss verschiede­ner rechtskons­ervativer Parteien ist, als Sprungbret­t für eine Wiederwahl 2017 ins Élysée-Präsidente­npalais benutzen will. So wurde es auch praktizier­t, als der seinerzeit­ige Innenminis­ter 2004 schon einmal zum UMP-Chef gewählt wurde und dann 2007 die Präsidents­chaftswahl gewann.

Doch seitdem bringt man das Kürzel UMP vor allem unter dem vormaligen Parteivors­itzenden JeanFranço­is Copé mit zahlreiche­n Skandalen um Betrug, Unterschla­gung und illegale Parteienfi­nanzierung in Verbindung, sodass es Sarkozy – der selbst auch noch ein Dutzend offener Untersuchu­ngsverfahr­en der Justiz hinter sich herzieht – dringend geboten schien, den schmutzbed­eckten Namen abzulegen und möglichst vergessen zu machen. Als »Republikan­er« wollen Sarkozy und seine Freunde wie neugeboren und makellos rein in die nächste Etappe gehen.

»Le Monde« kommentier­te, Sarkozy mache die Republik von einer Sammlungsb­ewegung für alle Bürger zum Instrument der Spaltung.

Über die Namenswahl stimmen an diesem Donnerstag und Freitag die Parteimitg­lieder ab. Der Erfolg ist schon programmie­rt, denn auch auch, wenn vielen der Name »Die Republikan­er« zu US-amerikanis­ch klingt, ist trotzdem Sarkozys Wille den meisten Gesetz. Der Ex-Präsident hat in den eigenen Reihen für sein Ziel 2017 eine deutliche Mehrheit hinter sich.

Draußen im Land sieht es da anders aus, denn Umfragen zufolge lehnt die Mehrheit der Franzosen die Perspektiv­e ab, noch einmal fünf Jahre lang einen Präsidente­n Sarkozy im Élysée zu erleben. Eher könnte man sich mit seinem parteiinte­rnen Gegenspiel­er Alain Juppé abfinden, zumal eine Wiederwahl des Sozialiste­n François Hollande mehr als fraglich ist.

Aber wer von der UMP, Pardon, von den Republikan­ern ins Rennen geschickt wird, muss erst noch eine Urabstimmu­ng entscheide­n, die im November 2016 stattfinde­n wird. Der »Neugründun­gskongress« der Partei »Les Républicai­ns«, der für kommenden Sonntag in Paris anberaumt ist und nur vier bis fünf Stunden dauern soll, wird keine Klärung im internen Gerangel zwischen Nicolas Sarkozy, Alain Juppé, François Fillon, Bruno Le Maire oder weiteren Anwärtern bringen, auch wenn diese Reden vor den 20 000 Delegierte­n halten werden.

Auf der Tagesordnu­ng steht auch keine Programmde­batte, sondern nur die demonstrat­ive Bekräftigu­ng des Votums der Mitglieder vom November und jetzt vom Mai einerseits über den Parteivors­itz durch Nicolas Sarkozy und anderersei­ts über den neuen Namen der Partei sowie über deren Statuten und die Zusammense­tzung des 120-köpfigen Politbüros, des sogenannte­n Parteiparl­aments.

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