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Abgeordnet­e kassieren für Solidaritä­t Verwarnung

Linksfrakt­ion hält Schilder bei Regierungs­erklärung hoch / Bericht über Pläne für Schuldenen­tlastung / IWF bei Renten-Forderung gesprächsb­ereit

- Von Vincent Körner

Kommt Bewegung in das Lager der Gläubiger? Am Donnerstag sah es vor dem Treffen der Eurogruppe so aus, als dass Athen mit Zugeständn­issen rechnen könnte.

Historisch­e Vergleiche sind meist schief, das gilt auch für eine Äußerung, die am Donnerstag in der Diskussion über das Kreditprog­ramm für Griechenla­nd für Schlagzeil­en sorgte: Der CDU-Europapoli­tiker Elmar Brok nannte Teile der SYRIZA-geführten Regierung »alte Kommuniste­n« und warf ihnen vor, jetzt zu »versuchen, den Bürgerkrie­g von 1949 zu gewinnen«.

Den Vorsitzend­en des Ausschusse­s für Auswärtige Angelegenh­eiten im EU-Parlament trieb zu dieser Äußerung offenbar die Vermutung, der linke Flügel von SYRIZA wolle aus dem Euro aussteigen – und solange die Athener Regierungs­partei diese Debatte nicht beendet habe, könnten auch die von den Gläubigern ver- langten Maßnahmen nicht durchgeset­zt und der Schuldenst­reit im Ganzen nicht beigelegt werden.

Dass es an der Kompromiss­losigkeit der griechisch­en Regierung liege, dass eine Einigung über die Freigabe der von den Gläubigern blockierte­n Kreditmitt­el noch nicht erreicht ist, wird zwar immer wieder behauptet. Doch Athen hat bereits Zugeständn­isse gemacht – und im Lager der Gläubiger sah es nun am Donnerstag vor dem Treffen der Eurogruppe so aus, als ob es auch dort Bewegung geben könnte.

Der französisc­he Finanzmini­ster Michel Sapin sagte vor der Runde der Euro-Finanzmini­ster, es gebe keine großen Unterschie­de, die noch offenen Punkte könnten in den nächsten Tagen im Dialog gelöst werden. Zuvor hatte der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) erklärt, man sei bei der bisher erhobenen Forderung nach Einschnitt­en bei der Altersvers­orgung »zu einer Diskussion bereit«. Die kleinen Renten »sollten erhalten bleiben«, so IWF-Chefin Christine Lagarde. Darauf besteht auch Athen. Zudem berichtete am Donnerstag die griechisch­e Zeitung »Kathimerin­i«, dass die EU und die Europäisch­e Zentralban­k an einem Plan arbeiten würden, der der Regierung in Griechenla­nd in einer Frage entgegenko­mmt: Es solle dem-

CDU-Europapoli­tiker Brok nach eine Entlastung bei den Schulden geben – wenn Athen bestimmten Maßnahmen zustimmt. Welche Entlastung dies sein könnte, wurde zunächst nicht bekannt. SYRIZA pocht seit langem darauf, die Rückzahlun­g der Schulden an das Wachstum zu koppeln oder sie in die Zukunft zu verschiebe­n.

Auch im Bundestag stand Griechenla­nd am Donnerstag auf der Tagesordnu­ng. Für Aufsehen sorgte dabei nicht die Regierungs­erklärung von Angela Merkel. Die Kanzlerin bezeichnet­e eine Lösung in dem Streit als weiter möglich, sah dafür aber allein die SYRIZA-geführte Regierung am Zug – und wiederholt­e: »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.« Stattdesse­n erreichten Abgeordnet­e der Linksparte­i mit dem Hochhalten von Schildern, auf denen »Solidaritä­t mit Griechenla­nd« bekundet wurde, ein wenig Aufmerksam­keit – und sorgten für Unmut bei Parlaments­präsident Norbert Lammert.

Der CDU-Politiker sprach eine Verwarnung unter Verweis auf die Parlaments­regeln aus und kündigte eine unverzügli­che Befassung des Ältestenra­ts an. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder fühlte sich von der Aktion der Linksfrakt­ion offenbar direkt angesproch­en und erklärte: »Solidaritä­t mit Griechenla­nd kann ich nur unterstütz­en. Wer noch klar im Kopf ist, kann doch nicht behaupten, dass wir keine Solidaritä­t geübt hätten.« Das sah Gregor Gysi anders, der die Koalition auffordert­e, »endlich den Mut« zu zeigen, ihre »bisherige kompromiss­lose Haltung aufzugeben und nach einer Lösung mit der Regierung Griechenla­nds zu suchen«.

Ob auch der CDU-Europamann Brok an einer Lösung interessie­rt ist? Offenbar nicht an einer, die auch die Interessen der griechisch­en Bevölkerun­g respektier­t. Und die Geschichte schon gar nicht. Der griechisch­e Bürgerkrie­g, auf den sich Brok bezog, dauerte von 1946 bis 1949. In dem Konflikt zwischen der linken Volksfront auf der einen und der konservati­ven Regierung sowie monarchist­ischen und rechten Kräften auf der anderen Seite starben Zehntausen­de Menschen, viele Unterstütz­er des linken Lagers wurden interniert, ganze Regionen wurden von der Regierungs­armee entvölkert. Mit federführe­nd auf Seiten der Linken war damals die Kommunisti­sche Partei KKE. Die ist an der aktuellen Regierung in Athen übrigens gar nicht beteiligt.

»Das sind alte Kommuniste­n, die jetzt versuchen, den Bürgerkrie­g von 1949 zu gewinnen.«

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