Abgeordnete kassieren für Solidarität Verwarnung
Linksfraktion hält Schilder bei Regierungserklärung hoch / Bericht über Pläne für Schuldenentlastung / IWF bei Renten-Forderung gesprächsbereit
Kommt Bewegung in das Lager der Gläubiger? Am Donnerstag sah es vor dem Treffen der Eurogruppe so aus, als dass Athen mit Zugeständnissen rechnen könnte.
Historische Vergleiche sind meist schief, das gilt auch für eine Äußerung, die am Donnerstag in der Diskussion über das Kreditprogramm für Griechenland für Schlagzeilen sorgte: Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok nannte Teile der SYRIZA-geführten Regierung »alte Kommunisten« und warf ihnen vor, jetzt zu »versuchen, den Bürgerkrieg von 1949 zu gewinnen«.
Den Vorsitzenden des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im EU-Parlament trieb zu dieser Äußerung offenbar die Vermutung, der linke Flügel von SYRIZA wolle aus dem Euro aussteigen – und solange die Athener Regierungspartei diese Debatte nicht beendet habe, könnten auch die von den Gläubigern ver- langten Maßnahmen nicht durchgesetzt und der Schuldenstreit im Ganzen nicht beigelegt werden.
Dass es an der Kompromisslosigkeit der griechischen Regierung liege, dass eine Einigung über die Freigabe der von den Gläubigern blockierten Kreditmittel noch nicht erreicht ist, wird zwar immer wieder behauptet. Doch Athen hat bereits Zugeständnisse gemacht – und im Lager der Gläubiger sah es nun am Donnerstag vor dem Treffen der Eurogruppe so aus, als ob es auch dort Bewegung geben könnte.
Der französische Finanzminister Michel Sapin sagte vor der Runde der Euro-Finanzminister, es gebe keine großen Unterschiede, die noch offenen Punkte könnten in den nächsten Tagen im Dialog gelöst werden. Zuvor hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) erklärt, man sei bei der bisher erhobenen Forderung nach Einschnitten bei der Altersversorgung »zu einer Diskussion bereit«. Die kleinen Renten »sollten erhalten bleiben«, so IWF-Chefin Christine Lagarde. Darauf besteht auch Athen. Zudem berichtete am Donnerstag die griechische Zeitung »Kathimerini«, dass die EU und die Europäische Zentralbank an einem Plan arbeiten würden, der der Regierung in Griechenland in einer Frage entgegenkommt: Es solle dem-
CDU-Europapolitiker Brok nach eine Entlastung bei den Schulden geben – wenn Athen bestimmten Maßnahmen zustimmt. Welche Entlastung dies sein könnte, wurde zunächst nicht bekannt. SYRIZA pocht seit langem darauf, die Rückzahlung der Schulden an das Wachstum zu koppeln oder sie in die Zukunft zu verschieben.
Auch im Bundestag stand Griechenland am Donnerstag auf der Tagesordnung. Für Aufsehen sorgte dabei nicht die Regierungserklärung von Angela Merkel. Die Kanzlerin bezeichnete eine Lösung in dem Streit als weiter möglich, sah dafür aber allein die SYRIZA-geführte Regierung am Zug – und wiederholte: »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.« Stattdessen erreichten Abgeordnete der Linkspartei mit dem Hochhalten von Schildern, auf denen »Solidarität mit Griechenland« bekundet wurde, ein wenig Aufmerksamkeit – und sorgten für Unmut bei Parlamentspräsident Norbert Lammert.
Der CDU-Politiker sprach eine Verwarnung unter Verweis auf die Parlamentsregeln aus und kündigte eine unverzügliche Befassung des Ältestenrats an. Unionsfraktionschef Volker Kauder fühlte sich von der Aktion der Linksfraktion offenbar direkt angesprochen und erklärte: »Solidarität mit Griechenland kann ich nur unterstützen. Wer noch klar im Kopf ist, kann doch nicht behaupten, dass wir keine Solidarität geübt hätten.« Das sah Gregor Gysi anders, der die Koalition aufforderte, »endlich den Mut« zu zeigen, ihre »bisherige kompromisslose Haltung aufzugeben und nach einer Lösung mit der Regierung Griechenlands zu suchen«.
Ob auch der CDU-Europamann Brok an einer Lösung interessiert ist? Offenbar nicht an einer, die auch die Interessen der griechischen Bevölkerung respektiert. Und die Geschichte schon gar nicht. Der griechische Bürgerkrieg, auf den sich Brok bezog, dauerte von 1946 bis 1949. In dem Konflikt zwischen der linken Volksfront auf der einen und der konservativen Regierung sowie monarchistischen und rechten Kräften auf der anderen Seite starben Zehntausende Menschen, viele Unterstützer des linken Lagers wurden interniert, ganze Regionen wurden von der Regierungsarmee entvölkert. Mit federführend auf Seiten der Linken war damals die Kommunistische Partei KKE. Die ist an der aktuellen Regierung in Athen übrigens gar nicht beteiligt.
»Das sind alte Kommunisten, die jetzt versuchen, den Bürgerkrieg von 1949 zu gewinnen.«