nd.DerTag

Bundestags­verwaltung unterliegt vor Gericht

Parlaments­bürokratie will Liste der Verbände, die exklusive Hausweise erhielten, weiter geheim halten

- Von Fabian Lambeck

Das Berliner Verwaltung­sgericht gab Abgeordnet­enwatch Recht: Der Bundestag muss die Namen von Verbänden mit Hausauswei­sen offenlegen. Doch das Parlament spielt auf Zeit.

In der Klage um die Veröffentl­ichung der Liste jener Verbände, die Hausweise für den Bundestag erhalten haben, konnte der Verein Abgeordnet­enwatch am Donnerstag einen ersten Sieg erringen. Das Berliner Verwaltung­sgericht habe der Klage »in allen Punkten stattgegeb­en, eine Berufung jedoch zugelassen«, betonte Abgeordnet­enwatch-Geschäftsf­ührer Gregor Hackmack gegenüber »neues deutschlan­d«. Demnach müsse der Bundestag nicht nur die Namen der Verbände, sondern auch die Zahl der an Lobbyisten ausgegeben­en Ausweise nennen.

Doch die Parlaments­verwaltung spielt auf Zeit. Während der Verhandlun­g habe das Gericht die Möglichkei­t einer »Sprungrevi­sion« angedeutet, so Hackmack. Damit hätte man direkt zum Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig, also zur höchsten Instanz gehen können. Die Bundestags­verwaltung und die von ihr beauftragt­en Prozesspro­fis von der Edel-Kanzlei Redeker Sellner Dahs hätten diese Möglichkei­t abgelehnt, unterstric­h Hackmack. Somit muss sich nun das Oberwaltun­gsgericht Berlin-Brandenbur­g mit der Frage befassen. »Das wird mindestens ein Jahr dauern«, schätzt der Transparen­z-Aktivist. Der Weg durch die Instanzen kostet Zeit. So ist es unwahrsche­inlich, dass ein endgültige­s Urteil noch in dieser Legislatur­periode fällt.

Doch warum sperrt sich die Bundestags­verwaltung gegen eine Veröffentl­ichung der Listen? Offiziell dreht sich der Streit um die zentrale Frage, wer die grünen Hausauswei­se eigentlich herausgibt. Ausgestell­t werden sie von der Verwaltung. Allerdings gilt das nur für Verbände, die in einem öffentlich­en Register eingetrage­n sind. Somit schafft man ein Mindestmaß an Transparen­z. Wer nicht registrier­t ist, erhält keine dauerhafte Zugangsber­echtigung.

Der Ältestenra­t des Bundestage­s hat aber entschiede­n, dass auch Vertreter von nicht öffentlich registrier­ten Verbänden solche Ausweise kriegen können. Allerdings unter der Bedingung, dass ein Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer schriftlic­h bestätigen muss, dass die Verbandsve­rtreter im Interesse des Bundestage­s diesen häufig aufsuchen müssen. Denn die Ausweise ermögliche­n es Lobbyisten, den Reichstag und damit auch die Büros der Parlamenta­rier jederzeit zu betreten. Offenbar machen die Lobbyisten von dieser Möglichkei­t intensiv gebrauch. So hat eine Nachfrage der »Süddeutsch­en Zeitung« ergeben, dass im Jahre 2014 rund 1000 dieser diskreten Ausweise vergeben wurden. Union und SPD hätten demnach etwa 900 Verbandsve­rtretern zu Hausauswei­sen verholfen. Zum Vergleich: Der Bundestag zählt derzeit 631 Mitglieder. Es wäre interessan­t zu erfahren, wem Union und SPD hier den Zugang ermöglicht­en. Doch beide Fraktionen blockieren eine Herausgabe der Liste unter Verweis auf den Datenschut­z. Die Bundestags­verwaltung unterstütz­t sie dabei.

LINKE und Grüne hatten da weniger Bedenken: Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Linksfrakt­ion, Petra Sitte, etwa hatte Ausweise für die IG Bau oder das Aktionsbün­dnis gegen AIDS bewilligt. Bei den Grünen wurde überwiegen­d die eigene Klientel berücksich­tigt, beispielsw­eise die Deutsche Umwelthilf­e oder der WWF Deutschlan­d. Mit dem Bundesverb­and Solarwirts­chaft allerdings auch einen Lobbyverba­nd der Industrie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany